Klimacamp verlässt den Pfalzgarten

Wie die Konstanzer Klima-Aktivist:innen in einer aktuellen Pressemitteilung mitteilen, verlässt das Klimacamp nach über 400 Tagen noch in diesem Monat den Pfalzgarten. Leiser wollen die Aktivist:innen jedoch nicht werden. Schließlich sind Bundes- und Kommunalpolitik noch weit davon entfernt, ihre eigenen Klimaziele zu erreichen. Die Konstanzer Klimagerechtigkeitsbewegung will künftig noch präsenter, lauter und unbequemer werden.

Hier die PM im Wortlaut:

Als Reaktion auf die gescheiterte Klimapolitik, sowohl in der Bundespolitik, als auch vor Ort, riefen Konstanzer Klima-Aktivist:innen vor über einem Jahr das Klimacamp ins Leben. Ziel war es, jeden Tag auf die Klimakatastrophe aufmerksam zu machen und der Forderung nach effektivem Klimaschutz neuen Nachdruck zu verleihen. Nach 15 Monaten ziehen die Aktivist:innen geteilte Bilanz. „Das Klimacamp war ein toller Ort für Begegnungen mit Bürger:innen, für die Organisation von Demonstrationen sowie spannende Infoveranstaltungen. Die mediale Aufmerksamkeit war vor allem anfangs sehr groß und wir haben viel Zuspruch erhalten“, erklärt Marcel Maier, einer der Aktivist:innen. „Wir möchten uns an dieser Stelle natürlich für die immense Unterstützung bedanken, die wir erhalten haben. Ohne die zahlreichen (Sach-)spenden, bestärkenden Gespräche und das ehrenamtliche Engagement aus der Bevölkerung hätten wir nicht so lange durchhalten können. Gleichzeitig haben wir das Gefühl, dass man sich an uns gewöhnt hat. Wir gehören inzwischen zum Stadtbild und sind nicht länger der Stachel im Fleisch. Deshalb ist es für uns nun Zeit, wieder neue Wege zu gehen.“

Eileen Blum ergänzt: „Es geht darum, das Leben auf diesem Planeten zu schützen. Inklusive uns Menschen, unsere Gesellschaft und die Demokratie. Wir wollen nicht, dass das alles vor die Hunde geht. Im Angesicht der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse und den leider immer noch bei weitem unzureichenden Maßnahmen der Politik, sehen wir uns gezwungen, unseren Aktivismus auf ein neues Level zu heben. So wie wir es zuvor mit dem Klimacamp getan haben. Nur dass dies eben aktuell nicht mehr ausreicht. Wir müssen noch effektiver werden. Wir können es uns im Angesicht dieser alles in den Schatten stellenden Katastrophe nicht leisten zu versagen.“

Keine Resignation

Für die Bewegung ist klar: Der Abbau des Camps soll nicht weniger, sondern mehr Aktivismus bedeuten. Das Klimacamp hat viel Zeit und Kraft in Anspruch genommen. Die frei gewordenen Ressourcen sollen nun für neue Aktionsformen eingesetzt werden. Dabei möchte die Bewegung nicht mehr nur versteckt hinter dem Münster, sondern wieder sichtbar in der ganzen Stadt und näher an den politischen Entscheidungsträger:innen demonstrieren. Angesichts der zunehmenden Klimakatastrophe gibt es für die Bewegung keine Alternative zum Weitermachen. Mit jeder ausgestoßenen Tonne CO2 wird das Erreichen von unumkehrbaren Kipppunkten im Ökosystem wahrscheinlicher. Klimaneutralität ist keine Frage der politischen Haltung, sondern eine Frage des Überlebens. Obwohl die Stadt vor drei Jahren den Klimanotstand ausgerufen hat, fehlt ein gemeinsames Problemverständnis. Die konkreten Maßnahmen bleiben weit hinter der eigenen Klimaschutzstrategie zurück. Die Empfehlungen des unabhängigen ifeu Instituts werden nur sehr langsam umgesetzt. Klimaschutz in Zeiten leerer Stadtkassen ist keine leichte Aufgabe, die Folgekosten des Klimawandels sind jedoch viel teurer, so die Bewegung. Sie bekräftigt daher nochmals ihre Forderungen. „Die erste Elektrobuslinie ist ein guter Anfang. Gleichzeitig stockt der Solarausbau, der Ausbau des Wärmenetzes sowie die Bauwende. Dem Auto wird weiterhin absurd viel Platz eingeräumt und mit einem geplanten Parkhaus am Döbele sogar anstelle wertvoller Wohnfläche.“

Doch auch auf die lokalen Bundestagsabgeordneten möchten die Aktivist:innen den Druck erhöhen. „Soziale und ökologische Maßnahmen wie das 9-Euro-Ticket werden aufgehoben. Stattdessen werden weiterhin teure Dienstwagen subventioniert. Die B33 wird ausgebaut anstatt der Bahnlinie. Vonovia & Co. werden kaum zur Sanierung ihrer Immobilien verpflichtet. Stattdessen wird die CO2-Steuer an Mieter:innen mit kleinem Einkommen weitergereicht. Da haben wir noch viel Gesprächsbedarf.“, so Eileen Blum aus dem Klimacamp.

Die Aktivist:innen ziehen Bilanz. „Das Camp hat uns stark gemacht. Wir haben Freundschaften geschlossen und haben Durchhaltewillen gezeigt. Wir waren bunt. Wir waren laut. Wir waren viele. Alles das nehmen wir mit und gehen gestärkt in die Zukunft.“

MM/ans; Foto: Pit Wuhrer