Klimaneutralität ist machbar, Herr Nachbar

Die Erderwärmung muss gestoppt werden, sonst droht der Menschheit lebensbedrohendes Ungemach. Viel Zeit bleibt nicht, um die Schreckensszenarien abzuwenden, die uns die Wissenschaft vorhersagt: Überschwemmungen, Dürren, Hungersnöte – um nur einige zu nennen. Trotzdem haben der Konstanzer Gemeinderat und die Verwaltung entschieden, es wieder mal langsam angehen zu lassen. Vielleicht hätten die StadträtInnen und der OB vorher den Klimastadtplan studieren sollen, den eine lokale ExpertInnengruppe im Juli veröffentlicht hat.

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Auf 42 Seiten legen darin WissenschaftlerInnen, UmweltaktivistInnen und auch ein paar PolitikerInnen dar, welche Maßnahmen jetzt nötig sind, um die Stadt bis zum Jahr 2030 klimapositiv zu machen, und – vor allem – wie das auch gehen kann. Wir veröffentlichen einen Auszug aus dem Intro dieser Handlungsanleitung für ein kommunalpolitisches Umsteuern.

Der Klimastadtplan

Um bis 2030 klimaneutral zu werden, halten wir mit dem hier vorliegenden Klimastadtplan für Konstanz einen strategischen Fahrplan in den Händen. Klimaneutralität bedeutet, dass in Konstanz im Jahr 2030 nur so viele Treibhausgase emittiert werden wie aktiv wieder gebunden werden können. Klimawissenschaftler, Expertinnen für kommunale Klimaschutzkonzepte und Praktiker haben übersichtlich durchgerechnet, wie viele Treibhausgas-Emissionen mit welchen Maßnahmen eingespart werden, wie viel das kostet und auch einspart, wie viele Arbeitsplätze damit geschaffen werden und wie viel Personal dafür benötigt wird. Der Klimastadtplan hilft, konkret zu werden – mit Planungen im städtischen Haushalts- und Stellenplan und konkret umgesetzten Maßnahmen draußen auf der Straße.

Die wichtigsten Stellschrauben, um die Erderhitzung bei 1,5 Grad abzubremsen, heißen: Kräftige Energieeinsparung, eine deutlich höhere Energieeffizienz und die rasche Umstellung aller Verbrauchsbereiche auf saubere und 100 % erneuerbare Energie. In folgenden Handlungsfeldern gilt es jetzt, Maßnahmen voranzutreiben und umzusetzen:

Strom: Ausbau lokaler Energieerzeugung durch Sonne und Wind inklusive intelligenter Anpassung des Verbrauchs vor Ort; Flexible Speicherung (Power-to-X) z.B. in Form von Grünem Wasserstoff für die Zeiten, in denen wenig Wind weht oder die Sonne nicht lacht.

Gebäude: Dämmung und energetische Sanierung fast aller Gebäude; Effizient heizen mit Sonne und Umweltwärme; Übergreifende Förder- und Beratungsprogramme (Sanierung, Energieeffizienz, Energiegewinnung).

Verkehr: Sichere und gut ausgebaute Radwege; Attraktive und hochfrequente öffentliche Verkehrsnetze; Umstieg auf saubere, elektrische Fortbewegung; Autoarme Innenstädte mit neuen Flanier-, Grün-, und Spielflächen als sicheren und gesunden Aufenthaltsräumen im Freien.

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Wirtschaft: Förder- und Beratungsprogramme; Effizienz- und Einsparmaßnahmen genauso für die Industrie wie auf der Gewerbe-Ebene; Unterstützung bei ressourcen-effizienten Kreislaufkonzepten durch ein ausgefeiltes Entsorgungs- und Recycling-System.

Aktiver CO2-Entzug: Neubauten aus Holz; aus Grünschnitt und Klärschlamm in Pyrolyseanlagen Wärme und Strom gewinnen; dabei Kohlenstoff dauerhaft in Pflanzenkohle binden, die als wertvoller Rohstoff vielfältig eingesetzt werden kann.

Der Klimastadtplan lädt ein, nicht nur zu reden, sondern auch zu machen. Und er liefert die Basis für einen detailliert durchkalkulierten und überprüfbaren Aktionsplan.

Wenn wir jetzt vorangehen, sind wir Leuchtturm für viele andere Städte. Den Weg zur Klimaneutralität verfolgen wir gemeinsam mit Darmstadt, Essen und vielen anderen Kommunen, die per Klimaentscheid auf das 1,5-Grad-Ziel einzahlen. Und damit Klimaschutz für alle zum einfachsten und günstigsten Weg wird, brauchen wir bessere bundespolitische Weichenstellungen. Unsere Stadtmütter und -väter ermutigen wir daher, gemeinsam mit vielen anderen Städten eine Dynamik für faire gesetzliche Spielregeln zu entfachen.

MM/jüg (Bild: GermanZero)


Der komplette Klimastadtplan kann hier heruntergeladen werden.