Klimaschutz contra Denkmalschutz?
Die Stadt Konstanz und die Evangelische Landeskirche in Baden fordern eine Anpassung des Denkmalschutzes Karlsruhe/Konstanz. Der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Baden, Jochen Cornelius-Bundschuh und Oberbürgermeister Uli Burchardt wenden sich mit ihrer aktuellen Forderung nach einer Anpassung des Denkmalschutzes in einem Offenen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Angesichts der drängenden Klimakrise sollte das Potenzial zur Nutzung erneuerbarer Energien so weit wie möglich ausgeschöpft und Gebäude mit PV-Anlagen ausgestattet werden können. Dafür bedürfe es aber, so eine Pressemitteilung, dringend einer Neuorientierung bei der Abwägung von Klimaschutz und Denkmalschutz und damit einhergehend eines Kriterienkatalogs für den PV-Ausbau.
Anbei der Offene Brief im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
die Klimakrise ist eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit – da sind wir uns einig. Die Stimmen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft wie zuletzt auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow mahnen, wie wenig Zeit uns bleibt. Wir alle müssen uns bewegen, schneller werden, agiler werden, ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen in die Realität umsetzen. Nur so werden wir den Zielpfad des Klimaschutzgesetzes des Landes erreichen und die Schöpfung für kommende Generationen bewahren.
Leider sind die regulatorischen Voraussetzungen dafür nicht immer vorhanden. Das Erreichen der Klimaneutralität in Baden-Württemberg bis 2040 bzw. in Konstanz bis 2035 wird dadurch erschwert und verlangsamt unsere Bemühungen unnötig. Ein wichtiges Handlungsfeld aus Sicht der Evangelischen Landeskirche in Baden und der Stadt Konstanz ist die Anpassung des Denkmalschutzes. In Städten wie Konstanz, aber auch Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim oder Pforzheim ist die Stromerzeugung aus Windkraft nur sehr begrenzt möglich; die Potenziale für PV-Freiflächenanlagen sind ebenfalls überschaubar.
Gerade hier bieten Dachflächen das größte Potenzial zur Nutzung erneuerbarer Energie. Allein in Konstanz entfallen 15 Prozent des noch verbleibenden gesamtstädtischen Dachflächenpotenzials für die Nutzung von PV auf denkmalgeschützte Gebäude. Von den etwa 160 stadteigenen Gebäuden stehen knapp die Hälfte unter Denkmalschutz. Bei kirchlichen Liegenschaften liegt der Anteil der denkmalgeschützten Gebäude noch deutlich höher. Diese können aktuell zu einem Großteil aufgrund des Denkmalschutzes nicht für PV-Anlagen in Betracht gezogen werden.
Aufgabe des Denkmalschutzes muss es auch zukünftig sein, die uns anvertraute denkmalgeschützte Bausubstanz zu erhalten. Nach unserer Auffassung ist es jedoch in vielen Fällen möglich, PV-Anlagen zu errichten, ohne die Substanz zu beeinträchtigen. Um das Potenzial zur Nutzung erneuerbarer Energien so weit wie möglich ausschöpfen und Gebäude mit PV-Anlagen ausstatten zu können, bedarf es also dringend einer Neuorientierung bei der Abwägung von Klimaschutz und Denkmalschutz und damit einhergehend eines Kriterienkatalogs für den PV-Ausbau, der insbesondere bei reversiblen Maßnahmen vorrangig den Klimaschutzbelangen vor dem Denkmalschutz Rechnung trägt. Dieser Katalog sollte mit einem verbindlichen Prozesspfad verknüpft werden, um rasch ins Handeln zu kommen. Lieber Ministerpräsident Kretschmann, wir regen an, zeitnah Gespräche auf Fachebene zu initiieren, um hier weiterzukommen.
Medienmitteilung der Stadt Konstanz
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