Kommt das Zeltfestival zurück?

Das beliebte Konstanzer Zeltfestival ist zwar schon vor Jahren eingestellt worden, aber nun gibt es Bestrebungen, es wieder aufleben zu lassen. Gedacht aber ist diesmal an eine grenzüberschreitende Veranstaltung der Städte Konstanz und Kreuzlingen. Die ersten Reaktionen auf diese Idee sind durchweg positiv. Man kann also hoffen.

2008 gingen auf dem Gelände Klein Venedig endgültig die Lichter aus und das Zeltfestival war Geschichte. 1994 hatte es begonnen und Jahr für Jahr Tausende angezogen. Legendäre Bands wie BAP, Jethro Tull, Wolfgang Ambros, Goran Bregovic oder Bob Dylan traten auf, ein Rahmenprogramm mit Musikanten aus der Region war geboten und das Festival mauserte sich über die Konstanzer Stadtgrenze hinaus schnell zu einer Institution. Dann aber war Schluß und es lag unter anderem an den Finanzen, die von Anfang an auf Kante genäht waren. Die Gagen stiegen, ebenso alle anderen Kosten, aber der Zuschuss der Stadt blieb eher bescheiden. Das bewog die Konzertveranstalter Dieter Bös und Armin Nissel schweren Herzens dazu, das Festival einschlafen zu lassen. Sehr zum Bedauern vieler Fans, für die das jährliche Kulturspektakel einen festen Platz hatte in ihrem Kalender.

Doch aus den Köpfen geriet es nie und seit einigen Wochen denken Kulturschaffende darüber nach, wie das Festival zu reaktivieren wäre. Aber unter anderen Vorzeichen, denn grenzüberschreitend soll es sein, getragen von den Nachbarstädten Konstanz und Kreuzlingen. Die Kreuzlinger Gemeinderätin Dorena Raggenbass, zuständig für Kultur, ist von der Idee „durchaus angetan“. Auch der neue Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt will sich dafür einsetzen und mit dem Kreuzlinger Stadtammann Andreas Netzle ausloten, „was möglich ist“. Dieter Bös von Koko Entertainment kann sich „gut vorstellen“, ein grenzüberschreitendes Festival mit Künstlern aus beiden Ländern mit zu organisieren. Zarte Bande werden also geknüpft, Gespräche stehen an.

Schon einmal, 2001, gab es etwas Ähnliches. Nach dem Ende des offiziellen Zeltfestivals fand mit „MuT“ (Menschlichkeit und Toleranz) ein Zusatzkonzert statt, das sich gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus wandte. Koko stellte kostenlos die Logistik zur Verfügung und half mit bei der Programmgestaltung. Extra für diesen Abend enterten u.a. die Konstanzer Kultbands „Rotglut“ und „Hochspannung“ die Bühne, der Kabarettist Matthias Deutschmann moderierte den Abend. Zahlreiche Sponsoren aus Konstanz und Kreuzlingen unterstützten die Veranstaltung, die ein voller Erfolg wurde. Rund 9000 DM blieben übrig, die anschließend an verschiedene soziale Initiativen aus Konstanz und Kreuzlingen verteilt wurden.

Man darf gespannt sein, ob das Zeltfestival eine (städteverbindende) Wiederauferstehung erfährt. Wünschenswert wäre es allemal, denn die bestehenden grenzüberschreitenden Kulturangebote sind mager gestreut und von fragwürdiger Qualität. Die „Kunstgrenze“, die die Öffnung nach Kreuzlingen dokumentieren soll, verwirrt Einheimische und Besucher. Kaum einer weiß, was die esoterischen Zahnstocher am Grenzverlauf zu bedeuten haben. Beim Seenachtfest, das ebenfalls sehr bemüht als grenzüberschreitend bezeichnet wird, überwiegt eher der Konkurrenzgedanke: Welches Feuerwerk war schöner? Wo wird mehr geboten? Wer hatte mehr Zuschauer zu verzeichnen? Bliebe noch das „Deutsch-Schweizer Oktoberfest“, wie das Massenbesäufnis großspurig bezeichnet wird. Es soll sogar Leute geben, die diese niveaulose Abzocke mit Kultur und Brauchtum verwechseln.

Im Gegensatz dazu könnte ein neues Zeltfestival mit einem bunten und guten Programm zu dem werden, wonach beiden Städten offenbar der Sinn steht: Ein kulturelles Alleinstellungsmerkmal, das diese Bezeichnung auch verdient. Gemeinsam und von Anfang an auf Augenhöhe organisiert, regional verankert und über die Grenze hinweg verbindend. Das hätte was.

Autor: H.Reile