Konstanz in der Hauptrolle

Zwei außergewöhnliche Filme zeigt das Konstanzer Zebra-Kino in den nächsten Tagen. Beide Male geht es um eine Erinnerungskultur besonderer Art, beide Male auch um politische Biografien aus der jüngsten europäischen Geschichte, die das kommunale Kino in der Chérisy präsentiert. Und ein Mal spielt sogar die Stadt Konstanz eine (Haupt)Rolle

Alois Nebel

Der schweigsame und bescheidene Alois Nebel ist Bahnwärter in einem winzigen Ort nahe der polnischen Grenze. Bis zur Annexion Böhmens und Mährens durch Hitler lebten hier Deutsche und Tschechen friedlich miteinander. Nebel wurde sogar von einer jungen Deutschen aufgezogen. Mit ihr ist nach Kriegsende etwas Schreckliches passiert, an das sich der traumatisierte Bahnwärter nicht mehr erinnern kann. Als im Jahr 1989 ein Mann, der illegal über die Grenze gekommen ist, aufgegriffen und gewaltsam festgesetzt wird, bricht etwas in Nebel auf. Er hat ihn schon einmal gesehen und plötzlich sind die verdrängten Bilder wieder da.

Er erleidet einen Nervenzusammenbruch. Da der Illegale nicht spricht, wird er in die Psychiatrie eingewiesen und mit Elektroschocks behandelt. Dorthin wird auch der zusammengebrochen Bahnwärter verbracht. Als geheilt entlassen, schwelt und brodelt es in seinem Inneren erst recht. In Prag lernt Nebel Květa, eine Klofrau, kennen und zum ersten Mal in seinem Leben ist er beinahe glücklich, wäre da nicht noch die quälende Last einer bisher verdrängten Vergangenheit.

Alois Nebel ist eine Verfilmung des gleichnamigen tschechischen Comics, für die Regisseur Tomás Lunák mit dem Europäischen Filmkunstpreis in der Kategorie Animationsfilm ausgezeichnet wurde. (Tschechien 2011, 85 min, FSK 12, Regie: Tomas Lunak, Deutsche Synchronfassung)

Spieltermine: Fr, 21.2. 19:00 | Sa, 22.2. 21:15 | So, 23.2. 20:00 | Mo, 24.2. 19:00

Novemberkind

Inga Kaden ist 25 und lebt als Bibliothekarin in Malchow an der Mecklenburgischen Seenplatte. In dem kleinen, verschlafenen Dorf in der Provinz der ehemaligen DDR scheint sich seit der Wende nicht viel verändert zu haben. Die Straßen sind grau und leer, die Häuser alt und heruntergekommen. Mitten in die triste und zugleich behagliche Szenerie platzt eines nebligen Novembermorgens der Konstanzer Literaturprofessor Robert und krempelt Ingas Leben mit nur wenigen Sätzen um: Sie glaubte bisher, ihre Mutter Anne sei vor langer Zeit in der Ostsee ertrunken, doch Robert versichert ihr nun, dass sie in Konstanz am Bodensee lebe.

Ohne Zögern macht sich Inga auf den Weg dorthin, auf die Suche nach ihrer Mutter, nach Vergangenheit und Wahrheit. Robert weiß mehr, als er Inga anvertraut. Jedoch verschweigt er sein Wissen, da er in der tragischen Mutter-Tochter-Geschichte den Stoff für seinen nächsten Erfolgsroman vermutet. Um hautnah mitzuerleben, wie Inga ihre Biografie enthüllt, begleitet er seine „Romanfigur“ beobachtend, mitschreibend, literarisch kommentierend, aber unverhofft auch mitfühlend: Er verliebt sich in die wesentlich jüngere Inga.

Anna Maria Mühe (s. Foto) darf in Novemberkind in einer Doppelrolle glänzen; leichtfüßig springt sie von der bodenständigen, resoluten Inga zur labilen Mutter Anne – deren Stationen der Flucht aus der DDR bis nach Konstanz zeichnet der Film in warm eingefärbten Rückblenden nach. (DEU 2008; 94 min; FSK 12; Regie: Christian Schwochow)

Spieltermine: 20.02. 20:00 | 21.02. 21:15 | 22.02. 19:00 | 24.02. 21:15

Autor: PM/hpk