Konstanz muss sicherer Hafen werden

Die Linke Liste Konstanz will ein Zeichen setzen: In einem Antrag an den Gemeinderat fordert sie, Konstanz zum sicheren Hafen für Bootsflüchtlinge zu erklären. Lesen Sie die Medienmitteilung und den Antrag der LLK vom gestrigen Dienstag.

Das Sterben im Mittelmeer geht weiter: Jeden Tag ertrinken flüchtende Menschen, weil die Staaten der Europäischen Union ihnen die eigentlich selbstverständliche Hilfe verweigert. Mehr als 1400 Menschen sind auf der Flucht vor Krieg und Elend allein im ersten Halbjahr elend zu Tode gekommen. Angestachelt durch die Hetze von AfD, CSU und vieler Medien werden Flüchtende zu Sündenböcken für hausgemachte soziale Probleme gestempelt.

Um die Abschottung Europas voranzutreiben, nehmen PolitikerInnen, darunter in führender Rolle die deutsche Bundesregierung, den Tod tausender Menschen in Kauf. Die Verantwortlichen unterbinden dabei nicht nur staatliche Hilfseinsätze, sondern verweigern Schiffen mit Geretteten das Einlaufen in europäische Häfen und kriminalisieren zivilgesellschaftliche SeenotretterInnen, die zu Hilfe kommen wollen.

Gegen diese unmenschliche Politik sind in den den vergangenen Monaten im ganzen Land weit mehr als 100 000 Menschen auf die Straßen gegangen. Auch in Konstanz forderten im Juli 400 Demonstrierende ein Ende der Kriminalisierung von Seenotrettung, einen menschlichen Umgang mit den Geflüchteten und eine solidarische Asylpolitik.

Doch nicht nur auf der Straße formiert sich Widerstand gegen das zynische Agieren der EU. Dem Beispiel von Städten wie Neapel oder Barcelona folgend, erklären immer mehr deutsche Kommunen ihre Bereitschaft, die vor dem Ertrinken geretteten Menschen aufzunehmen, darunter etwa Berlin, Köln, Düsseldorf, Bonn oder Rostock.

Dazu muss auch unsere Stadt gehören. Die Linke Liste Konstanz (LLK) wird deshalb den Antrag in den Gemeinderat einbringen, die Stadt Konstanz zum „sicheren Hafen“ zu deklarieren: „Sie erklärt gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die unbedingte Bereitschaft, auch über die bundesrechtlichen Pflichten hinaus, Bootsflüchtlinge aufzunehmen.“ Zudem fordert der Antrag, sich einem Appell der Stadtoberhäupter von Düsseldorf, Köln und Bonn an Bundeskanzlerin Merkel anzuschließen, der sich dafür einsetzt, die Seenotrettung im Mittelmeer aus humanitären Gründen wieder zu ermöglichen.

„Die Linke Liste Konstanz möchte mit dem vorliegenden Antrag ein Zeichen setzen, dass die Politik Menschen in Not nicht alleine lässt und die Bühne nicht den Fremdenfeinden überlässt“, schreiben die LLK-RätInnen Anke Schwede und Holger Reile in der Antragsbegründung. „Dazu gehört für uns auch, dass wir in Not geratene Flüchtlinge aufnehmen und ihnen eine neue Perspektive bieten. Setzen wir uns gemeinsam für eine gerechtere Welt ein!“ Über ihren Antrag, der am 11.9. bei der Verwaltung eingereicht wurde, hat die LLK alle Gemeinderatsfraktionen informiert und zu seiner Unterstützung eingeladen. Die Verabschiedung wäre eine – gerade angesichts der fremdenfeindlichen Vorfälle in Chemnitz – dringend nötige solidarische Antwort auf die rechte Hetze und ein Bekenntnis zur Humanität.

Linke Liste Konstanz


Antrag: Sichere Häfen schaffen

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Herren Bürgermeister,

die Linke Liste Konstanz stellt folgenden Antrag zur Diskussion und Entscheidung des Gemeinderates:

Antrag

1. Die Stadt Konstanz erklärt sich zum „sicheren Hafen“. Sie erklärt gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die unbedingte Bereitschaft, auch über die bundesrechtlichen Pflichten hinaus, Bootsflüchtlinge aufzunehmen.

2. Die Stadt Konstanz schließt sich dem Appell der Stadtoberhäupter der Städte Düsseldorf, Köln und Bonn vom 26. 7. 2018 an.

Begründung

Während in Teilen der Bundesrepublik rechte Kräfte, fremdenfeindliche Einstellungen und rechtsradikale Parteien zunehmend an Zulauf gewinnen, formiert sich in der Bevölkerung zugleich eine Gegenbewegung, die für Toleranz und Aufgeschlossenheit steht. Mit der Initiative „Seebrücke – schafft sichere Häfen!“ (https://seebruecke.org) solidarisieren sich Menschen ganz unterschiedlicher sozialer, kultureller und ethnischer Herkunft mit den vielen Tausenden, die aufgrund der herzlosen Abschottungspolitik der Europäischen Union im Mittelmeer ertrinken. Sie setzen damit ein Zeichen für eine gerechte, werteorientierte und weltoffene Migrationspolitik.

Auch in der Stadt Konstanz findet sich eine Vielzahl von engagierten, begeisterten Menschen, die sich für Belange von Geflüchteten einsetzen und nicht zulassen wollen, dass diese aufgrund rechter Hetze marginalisiert werden. Welche Auswüchse dies zeitigen kann, zeigt aktuell der Fall Chemnitz. Die Linke Liste Konstanz möchte mit dem vorliegenden Antrag ein Zeichen setzen, dass die Politik Menschen in Not nicht alleine lässt und die Bühne nicht den Fremdenfeinden überlässt.

Inspiriert durch das Vorbild der Bürgermeister der Städte Düsseldorf, Köln und Bonn, dem sich demnächst wohl auch die Stadt Duisburg anschließen wird, wollen wir zum einen den Bootsflüchtlingen, die auf dem Mittelmeer zu ertrinken drohen, weil Länder wie Italien unter rechtsradikaler Führung deren Aufnahme ablehnen, ein sicherer Hafen sein. Zum anderen wollen wir ein klares Signal an die bundesrepublikanische Politik senden: Wir haben eine humanitäre Verantwortung!“ Dementsprechend beantragen wir, sich der vorliegenden Erklärung anzuschließen (veröffentlicht unter https://www.duesseldorf.de/medienportal/pressedienst- einzelansicht/pld/duesseldorf-koeln-und-bonn-angebot-und-appell-zur-fluechtlingshilfe-an-kanzlerin-merkel.html)

In einem gemeinsamen Schreiben an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bieten die Städte Düsseldorf, Köln und Bonn der Bundesregierung an, in Not geratene Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Dabei setzen sich die Oberbürgermeisterin und die beiden Oberbürgermeister der Städte auch dafür ein, die Seenotrettung im Mittelmeer aus humanitären Gründen wieder zu ermöglichen. „Wir wollen ein Signal für Humanität, für das Recht auf Asyl und für die Integration Geflüchteter setzen“, so die drei Stadtoberhäupter Henriette Reker (Köln), Thomas Geisel (Düsseldorf) und Ashok-Alexander Sridharan (Bonn). „Wir stimmen mit Ihnen überein, dass es eine europäische Lösung für die Aufnahme, die Asylverfahren sowie die Integration oder die Rückführung von Geflüchteten geben muss. Bis eine europäische Lösung mit allen Beteiligten vereinbart ist, ist es dringend geboten, die Seenotrettung im Mittelmeer wieder zu ermöglichen und die Aufnahme der geretteten Menschen zu sichern. Unsere Städte können und wollen in Not geratene Flüchtlinge aufnehmen – genauso wie andere Städte und Kommunen in Deutschland es bereits angeboten haben“, heißt es in dem Brief an die Kanzlerin weiter. Damit wollen sich die drei Städte gegen die vermeintlich herrschende Stimmung stellen, dass „Zäune und Mauern statt eines gerechten europäischen Verteilsystems die Not der Geflüchteten lösen können“. Seit Anfang des Jahres erreicht die menschliche Katastrophe im Mittelmeer neue erschreckende Ausmaße. Mehr als 1400 Menschen sind seitdem an den Grenzen der Europäischen Union gestorben. Allein im Juni ertranken 629 Menschen auf dem Weg über das Mittelmeer – unter anderem als unmittelbare Folge der Behinderung und Kriminalisierung von privaten Initiativen zur Seenotrettung.

Konstanz versteht sich als weltoffene, liberale Stadt, die sich für Chancengleichheit aller Menschen, die in ihr leben, einsetzt. Dazu gehört für uns auch, dass wir in Not geratene Flüchtlinge aufnehmen und ihnen eine neue Perspektive bieten. Setzen wir uns gemeinsam für eine gerechtere Welt ein!

Gezeichnet

Anke Schwede, Holger Reile


MM/hpk (Foto: Andreas Sauer)