Konstanz übernimmt Patenschaft für Alan Kurdi

Konstanz gehört zu den 151 Kommunen, die sich zum sicheren Hafen für Geflüchtete erklärt haben. Diese im Oktober 2018 auf Initiative der Linken Liste vom Gemeinderat beschlossene Selbstverpflichtung hat das Gremium bei seiner letzten Sitzung jetzt mit etwas Leben gefüllt. Künftig übernimmt die Stadt eine Patenschaft für das Seenotrettungsschiff Alan Kurdi und unterstützt dessen Mission auch finanziell. Eine parallel dazu beschlossene Erklärung gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung fordert zudem unter anderem Bundes- und Landesregierung auf, mehr schutzsuchende Menschen aufzunehmen. Auch das hatte die Linke Liste beantragt.

Die Lage von Geflüchteten, die in den Lagern an Außengrenzen der Europäischen Union ausharren müssen, hat sich durch die Corona-Krise noch verschärft. Zu den elenden Lebensbedingungen kommt nun die Bedrohung durch das Virus, das sich in den beengten Lagern praktisch ungebremst ausbreiten kann. Die EU-Staaten halten trotzdem an der Abschottungspolitik fest und riskieren damit tausendfach Leben. Zu den Hauptbremsern in der Asylpolitik gehört die Bundesrepublik, die in der Krise ebenfalls die Schotten weitgehend dicht gemacht hat.

Der dem Rat vorgelegte Resolutionsentwurf der Verwaltung verlor indes kein Wort über diese Bremserrolle des deutschen Staates. Das bewog die LLK zu einem Ergänzungsantrag, der jetzt Teil der Erklärung ist, die der Rat ohne Gegenstimme bei einer Enthaltung (SPD-Mann Reichle, der darf hier schon namentlich genannt werden) am 7. 5. verabschiedet hat. Erwähnenswert zudem ein Vorstoß aus der CDU, den Namen der Seebrücke aus dem Text zu tilgen. Den hiesigen AktivistInnen der Seenotrettungs-Initiative, die die Bewegung für sichere Häfen erst ins Rollen gebracht hatte, nahm man in Unionskreisen wohl übel, dass sie die jüngst von der Stadt verfügte Einzäunung von Geflüchteten harsch kritisiert hatten. Eine Mehrheit im Rat fanden sie für dieses Ansinnen indes nicht.

Die Erklärung zur öffentlichen Positionierung der Stadt Konstanz gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung im Wortlaut:

In seiner Sitzung vom 26.09.2019 beschloss der Konstanzer Gemeinderat die Unterzeichnung der Potsdamer Erklärung durch die Stadt Konstanz sowie ihren Beitritt zum Bündnis „Städte Sicherer Häfen“.

Mit der Unterzeichnung hat die Stadt Konstanz gemeinsam mit über 110 Städten, Gemeinden und Landkreisen ihren Willen erklärt, einen Beitrag zu leisten, um die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer zu beenden.

Darüber hinaus solidarisiert sich die Stadt Konstanz durch die Unterzeichnung mit der Initiative „Seebrücke“ und der zivilen Seenotrettung. Die Stadt Konstanz wendet sich entschieden gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung. Die Seenotrettung ist kein Verbrechen, sondern ein zutiefst humanitärer Akt, um Frauen, Männer und Kindern in lebensbedrohlichen Situationen zu helfen und sie vor dem oftmals sicheren Tod zu schützen. Die Zahl der Personen, welche auf ihrer Flucht über das Mittelmeer zu Tode gekommen sind oder vermisst werden, wird vom UN-Flüchtlingswerk UNHCR auf mehrere tausend geschätzt. Nicht die Seenotrettung ist zu verurteilen, sondern die Versuche, sie durch Kriminalisierung zu unterbinden.

Die Stadt Konstanz fordert die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung einzusetzen. Weiterhin fordert die Stadt Konstanz gemeinsam mit den Bündnisstädten die Bundesregierung dazu auf, sich für eine langfristige Lösung zur Sicherung der Aufnahme aus Seenot geretteter Menschen auf europäischer Ebene einzusetzen.

Außerdem fordert die Stadt Konstanz die Bundesregierung und das Land Baden-Württemberg auf, sich für die Einrichtung neuer bzw. für die deutliche Ausweitung bestehender Programme zur legalen Aufnahme von Menschen auf der Flucht einzusetzen.“

MM/jüg