Konstanz: Verbindung postet rassistische Karikatur

Nicht nur die deutschnationalen Burschenschaften haben ein Rassismusproblem, auch anderen Milieus der konservativen Studentenverbindungen scheinen solche Anwandlungen alles andere als fremd zu sein – dazu zählt auch die Katholische Deutsche Studentenverbindung Bodensee zu Konstanz im CV, die ihre Prinzipien „Religio, Scientia, Amicitia und Patria“ (Glaube, Wissenschaft, Freundschaft und Vaterland) stolz lebt und sich „Verantwortung in Freiheit!“ aufs Panier geschrieben hat.

Studentenverbindungen sind Organisationsformen zumeist männlicher Akademiker, die ihren Mitgliedern u.a. mit eigenen Ritualen und tradierten Hierarchien einen konservativen Wertekanon vermitteln. Im deutschsprachigen Raum soll es derzeit 900 Einzelbünde geben, die sich durchaus noch einmal in ihrer spezifischen Ausprägung unterscheiden. Am bekanntesten und berüchtigtsten sind die Burschenschaften, es gibt aber auch Turnerschaften, Landsmannschaften, Sängerschaften, Jagdverbindungen sowie konfessionelle Studentenverbindungen. Fast alle sind Männerbünde und verwehren Frauen die Mitgliedschaft. Die wenigen gemischten Bünde und die Frauenverbindungen („Damenverbindungen“) dürften nur geschätzte fünf bis zehn Prozent aller Verbindungsmitglieder stellen.

Eine künstlerische Ader?

Wenn nun konservative Männer unter sich sind und Alkohol konsumieren, konservieren sie oft auch einen spezielle Art von Humor ohne Rücksicht auf Verluste. Anders als in der Öffentlichkeit werden in vertrauter Runde Sprüche und Ansichten gepflegt und toleriert, die vielerorts auf Kritik stießen.

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Ein anschauliches Beispiel dafür bietet die Katholische Deutsche Studentenverbindung (KDStV) Bodensee zu Konstanz mit der Veröffentlichung einer rassistischen Karikatur auf Instagram im Mai 2020. [1] KDStV-Bünde sind im katholischen Dachverband „Cartellverband“ organisiert, der konservativ, aber insgesamt nicht erkennbar rechtskonservativ oder gar rechtsextrem geprägt ist. Das schließt aber nicht aus, dass hier auch rassistische oder extrem rechte Ansichten gepflegt und toleriert werden, solange sie sich nicht in den Vordergrund drängen. Am verbindungsstudentischen Männerstammtisch geht es natürlich oft derber zu, als dies in den Dachverbands-Blättern oder auf den Homepages sichtbar ist. Gar nicht so selten sind alkoholinduzierte Vorfälle, die man unter der Decke zu halten versucht, bevor sie zum Skandal werden. Sei es das fehlerfreie Absingen des Horst-Wessel-Lieds, das Ausnutzen der hierarchischen Herrschaft über Neumitglieder („Füxe“) oder sexuell übergriffiges Verhalten auf Partys. In diesem Fall handelt es um eine eindeutig rassistische Karikatur. Der verbindungskritische Twitter-Account www.twitter.com/korpokritik veröffentlichte am 14. August 2020 den Screenshot dieser Karikatur, die zumindest gestern noch immer auf dem Instagram-Account des KDStV Bodensee zu Konstanz zu sehen war.

In der Karikatur wird dargestellt, wie ein Korporierter mit Mundschutz an einer Grenzschranke einem Corona-Virus, der stereotypen Figur eines Chinesen und einem Fledermauswesen den Grenzübertritt verwehrt. Die Darstellung eines Chinesen als hässlichem kleinen Mann mit rundem Strohhut, langen Fingernägeln und Holzschuhen ist rassistisch und steht in alter kolonialer Tradition. Bereits vor mehr als hundert Jahren dienten solche Darstellungen auch der Rechtfertigung des China-Feldzuges 1900, der als Niederschlagung des sogenannten „Boxer-Aufstands“ in die kollektive Erinnerung einging. Der deutsche Kaiser Wilhelm II entsandte damals fast 20.000 deutsche Soldaten nach China und hetzte sie vor ihrer Abfahrt am 27. Juli 1900 in Bremerhaven mit seiner berüchtigten „Hunnen-Rede“ auf, in der er dazu aufforderte, keine Gefangenen zu machen. Die Darstellung eines Fledermauswesens mit traditioneller chinesischer Kopfbedeckung ist sogar noch schlimmer, da sie in er langen Tradition der Entmenschlichung anderer Menschengruppen steht.

Tendenz: Rechtslastig

Die Zeichnung dürfte aus einem so genannten „Kneipbuch“ stammen. Als „Kneipe“ werden im verbindungsstudentischen Jargon ritualisierte Trinkveranstaltungen bezeichnet. In einem „Kneipbuch“ verewigen sich die Teilnehmer wie in einem Gästebuch. Oft werden auch Zeichnungen wie etwa Karikaturen darin eingetragen.

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Es ist nicht das erste Mal, dass der KDStV Bodensee auffällig geworden ist – so sollen mehrere Mitglieder früher in der AfD-Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ aktiv gewesen sein. Dass am 16. November 2015 die Rechtsauslegerin Vera Lengsfeld eingeladen wurde und am 3. Dezember 2016 eine „Nikolauskneipe“ mit Matthias Matussek als Festredner stattfand, zeigt, dass beim Konstanzer KDStV offenbar auch RednerInnen vom rechten Rand gern gesehene Gäste sind.

Lengsfeld ist seit 2014 immer wieder bei der AfD als Referentin aufgetreten, und die Tageszeitung „Die Welt“ trennte sich am 17. November 2015 aufgrund eines umstrittenen Postings zu den Terrortaten in Paris von Matussek. Matussek hatte konkret geschrieben: „Ich schätze mal, der Terror von Paris wird auch unsere Debatten über offene Grenzen und eine Viertelmillion unregistrierter junger islamischer Männer im Lande in eine ganz neue frische Richtung bewegen.“

Der KDStV ist ein lokales Beispiel dafür, dass es auch jenseits der Burschenschaften Probleme im korporierten Milieu gibt und gleichzeitig wenig Problembewusstsein besteht. Dass ohne Scheu rassistische Karikaturen online gestellt werden, demonstriert das noch einmal deutlich. [3]

Text: Lucius Teidelbaum/red, Bild: Siehe Anmerkung 1

Anmerkungen
[1] https://www.instagram.com/p/CApnBIyIvd-/ Zugriff und Screenshot am 20.08.2020 um 10:51 Uhr
[2] http://www.twitter.com/korpokritik
[3] Nicht zu übersehen ist auch die nicht unerhebliche Zahl an Likes (Anmerkung der Redaktion)