Konstanzer Amtsblatt steht auf der Kippe

Geheimnisvolle Anrufe, vergessene Protokolle und publizistische Querschläger: Im Vorfeld der nächsten Sitzung des Gemeinderates am kommenden Dienstag wird hinter den Kulissen noch heftig um ein Konstanzer Amtsblatt gerungen. Die Abstimmung dürfte ebenso knapp ausfallen wie am 6. Dezember, als der Haupt- und Finanzausschuss das Thema zum letzten Mal öffentlich beriet.

Man erinnert sich: Seit Jahren schon geistert die Idee eines offiziellen Amtsblattes durch Konstanzer Amtsstuben: Zweiwöchentlich soll eine Informations-Zeitung der Stadt in allen Briefkästen landen, die uns BürgerInnen über Bekanntmachungen, Ausschreibungen und Satzungen, aber auch über die Position der Fraktionen im Gemeinderat informiert. Ein Redaktionsstatut ist formuliert, die Finanzierung ist abgesprochen, eine zusätzliche Stelle im Presseamt wird vorbereitet.

Durchsichtiges Manöver

Der „Südkurier“, dem dadurch empfindliche Einbußen drohen – immerhin machen solche städtischen Verlautbarungen bisher ein Anzeigenvolumen von bis zu 75 000 Euro pro Jahr aus – verschwieg das Thema lange Zeit. Bis dann Jörg-Peter Rau, redaktionelle Allzweckwaffe aus der Konstanzer Lokalredaktion, vor wenigen Tagen einen fetten Dreispalter ins Blatt hob, in dem auf juristische Fallstricke und schlechte Erfahrungen mit Amtsblättern anderswo verwiesen wurde. Dieses durchsichtige Manöver verfehlte aber dennoch seine Wirkung nicht: Plötzlich hadert die FGL mit ihrer Zustimmung, auch die SPD-Fraktion signalisiert Ablehnung.

Nicht der einzige Fall von Einflussnahme: Offenkundig war Rainer Wiesner, Südkurier-Geschäftsführer, in jüngster Vergangenheit telefonisch recht aktiv – er soll, wie man hört – ausgesuchte GemeinderätInnen vor den Gefahren eines Amtsblattes gewarnt haben. Weiteres Indiz: Urplötzlich informiert die Stadtverwaltung über eine Steuerrückzahlung in Millionenhöhe an ein Unternehmen. Auch das riecht stark nach Beeinflussung, getreu der Methode: Wieso jetzt in ein Amtsblatt investieren, wo doch das Geld an allen Ecken fehlt?

Knappe Abstimmung

Dass es dann im Haupt- und Finanzausschuss ein knappes Abstimmungsergebnis für ein Amtsblatt gab, muss manche zusätzlich alarmiert haben. Zumal auch der Antrag, allen Fraktionen unabhängig von ihrer Sitzzahl gleichviel Platz im Blatt zur Verfügung zu stellen, mit 7 zu 6 Stimmen äußerst knapp angenommen wurde. Wie man hört, wollen einige Stadträte in der nächsten Sitzung des Gemeinderates am Dienstag nur dann der Vorlage für ein Amtsblatt zustimmen, wenn dieser Passus erneut verändert wird – man kann sich vorstellen, dass das im Interesse vornehmlich der großen Fraktionen liegt, denen dann mehr Platz eingeräumt werden würde.

Erstaunlicherweise fand sich bis gestern 17 Uhr kein Hinweis auf diese Abstimmungsergebnisse im städtischen Bürgerportal Allris. Auf Nachfrage erklärte Pressesprecher Rügert dies mit einem „Versehen“ und „technischen Problemen, die schnellstens behoben werden“ sollen.

hpk