Konstanzer AStA watscht Ministerin ab
Keine neuen Studiengebühren durch die Hintertür. Das Gleichstellungsreferat der Verfassten Studierendenschaft an der Universität Konstanz kritisiert Wissenschaftsministerin Bauer für ihre Absicht, Studiengebühren für Nicht-EU-AusländerInnen zu erheben. In einer geharnischten Stellungnahme wird die Einhaltung internationaler Verträge angemahnt. Im Wortlaut:
„Mit großer Bestürzung haben wir von den Plänen der grünen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Foto) gehört: Ihrem Vorschlag nach sollen in Zukunft Studiengebühren für nicht EU-AusländerInnen in Höhe von 1500 Euro, für Zweitstudien in Höhe von 650 Euro pro Semester genommen werden. Durch die Mehreinnahmen solle an dem Ziel der „schwarzen Null“, also der Verhinderung von Neuverschuldung des Landes Baden-Württemberg, festgehalten werden.
Dieser Vorstoß ist in höchstem Maße unziemlich und zeugt von geringem langfristigem Denken sowie wenig ökonomischer Kompetenz. Bildung ist ein Grundrecht und muss frei zugänglich sein. Dazu hat sich die Bundesrepublik Deutschland 1973 durch die Ratifikation des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte völkerrechtlich bindend verpflichtet. Artikel 13 dieses Vertrages besagt, dass finanzielle Hürden zum Zugang zu Bildung nicht höher gelegt werden dürfen, sondern permanent abgebaut werden sollen und zwar unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe oder Herkunft.
Durch die nun überlegte Regelung, Studiengebühren von internationalen Studierenden zu verlangen, verstieße die Landesregierung in doppelter Hinsicht gegen diesen Vertrag, indem der Zugang zu Bildung erschwert und abhängig von Herkunft und finanziellen Möglichkeiten gemacht würde. Dies werden wir uns nicht gefallen lassen und weiterhin für ein gerechtes Bildungssystem und gegen Diskriminierung kämpfen.
Bildung muss kostenfrei und allen Menschen zugänglich sein. Der aktuelle Entwurf greift jegliche Bemühungen um Chancengleichheit im Bildungssystem an. Von einer grünen Landesregierung erwarten wir anderes, nicht zuletzt, da diese Partei stark von den Protesten gegen Studiengebühren profitierte. Daher sind wir schwer enttäuscht.
Bildung für Alle ist eine demokratisierende, emanzipierende, aber auch wirtschaftliche Maßnahme. Diese unter dem billigen Vorwand irgendwelcher Sachzwänge oder der „schwarzen Null“ zu verkaufen, ist in höchstem Maße diskriminierend, kurzsichtig und antihumanistisch. Dieser Vorschlag stellt unserer Meinung nach nichts anderes als den populistischen Versuch dar, die konservative Wählerklientel der grünen Partei zu befrieden und rechten Parteien das Wasser abzugraben.
Das Gleichstellungsreferat der Verfassten Studierendenschaft an der Universität Konstanz stellt sich entschieden gegen solche Unternehmungen, die in einer Reihe mit anderen Aussagen der grünen Landesspitze gegen Asylsuchende oder queere Menschen stehen. Sollte die Regierung an solchen Überlegungen festhalten, kündigen wir kämpferischen Widerstand an.“
Michael Schiefelbein
(Referent für Gleichstellung und Inklusion der Verfassten Studierendenschaft an der Universität Konstanz)
Es wird nicht immer alles so heiss gegessen, wie es gekocht wird. Mit Blick auf das Jahr 2020, ab dem dem Land BaWü verboten ist, neue Schulden zu machen, machen sich alle zuständigen Minister*innen Gedanken, wie sie in ihren Ressort Geld einsparen oder Einnahmen erhöhen können. Daraus wird dann eine Streichliste erstellt, aus denen mit grosser Sicherheit sehr viele Einzelvorschläge gestrichen werden, weil sie bei den GRÜNEN und/oder bei der CDU nicht durchsetzbar sind.
Ich persönlich halte von Studiengebühren, egal, für wen und egal, ob es sich um ein Erst- oder Zweitstudium handelt auch nichts. Das Argument, ausländische Studierende sind dies doch aus ihren Heimatländern gewöhnt, ist wenig überzeugend. Wir sollten ihnen mit Null Studiengebühren lieber signalisieren, dass es auch umgekehrt geht und Bildung ein so wichtiges gesamtgesellschaftliches Allgemeingut ist, dass es eben doch möglich ist, Bildung weitgehend kostenfrei anzubieten.
Bei den GRÜNEN ist diese Grundhaltung sehr verbreitet. Meine Generation hat in den 90ziger Jahren sehr stark gegen die Einführung von Studiengebühren gekämpft und diese Zeit hat uns geprägt. Insofern bringt Euch bitte ein in der GRÜNEN Jugend, in den grünen Ortsverbänden der Region, bei den zahlreichen grünen Stammtischen. Theresia hat einen Vorschlag gemacht, der noch lange nicht beschlossene Sache ist.
Wir müssen die Investitionen in Bildung auch in BaWü deutlich steigern, das weiss auch Theresia und sie hat sich in ihrem bisherigen Werdegang sehr für die Belange der Studierenden eingesetzt. Sie ist nicht umsonst die Wissenschaftsministerien des Jahres und dies nun schon mehrere Male hintereinander.
Auch in BAWÜ gibt es einen riesigen Investitonsstau.
Die „schwarze Null“ wird seit langem u.a. auch vom IWF kritisiert, der nicht dafür bekannt ist, dass ihn die Bedürfnisse der Bevölkerungen in verschuldeten Ländern besonders interessiert.
Deutschland, d.h. vor allem die Exportindustrie verdient mit dem Exportüberschuss sattes Geld.
Hier im Land zahlen diese Profiteure wenig Steuern, dazu schlechte Löhne und Gehälter, denn darauf begründet sich auch ihr Profit. Unser Finanzminister profitiert u.a. an all den Schulden rundum in Europa und hat riesige Einnahmen.
Die Infrastruktur in Deutschland ist zunehmend marode. Ob Brücken, Bahn, Schulen und auch Universitäten … überall wird nicht oder nur in teure und oft unsinnige Prestigeprojekte finanziert (s. S 21, Flughafen Berlin, Elbphilharmonie).
Die Universität Konstanz, eine Elite-Uni setzt in der Lehre zunehmend auf Zeitverträge (Lehrauftrag) bei ihrem Personal. Bei der Raumfrage platzt die Uni aus „allen Nähten“, ist sie doch für entscheidend weniger Studierende konzipiert. Die Studiengänge sind meist voll-voll und in vielen Fächern ist das „Lernklima“ mit dieser Fülle eine weitere „Verschulung“.
Ja, kämpferischer Widerstand ist dringend nötig. Die Universitäten sollten ein Ort dafür sein!