Konstanzer Ehrenbürger: Bald zwei weniger?

In der heutigen Sitzung des Kulturausschusses will die Verwaltung erklären, wie sie sich den weiteren Umgang mit Konstanzer Ehrenbürgern vorstellt. Damit schließt sie sich einer von der LLK (Linke Liste Konstanz) angestoßenen Initiative an, die auch von der FGL (Freie Grüne Liste) mitgetragen wird. Beide haben gemeinsam einen Antrag formuliert, in dem gefordert wird, dem früheren Erzbischof Conrad Gröber die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen und die nach ihm benannte Straße umzubenennen.

Die Verwaltung ließ die Antragsteller nun wissen, dass sie „im Rahmen einer Gesamtbetrachtung“ nach der Sommerpause ein Konzept vorlegen möchte, „wie mit zweifelhaften historischen Persönlichkeiten der Konstanzer Geschichte und Ehrenbürgern“ umgegangen werden soll. Eine dezernatsübergreifende Kommission sei bereits dabei „alle kritischen Figuren in einem Gutachten“ aufzuarbeiten. In dieser Kommission mit dabei sind die Historiker Tobias Engelsing, Lothar Burchardt und Jürgen Klöckler. Vor allem um folgende Personen wird es gehen:

Conrad Gröber (1872-1948). Der langjährige Konstanzer Stadtpfarrer und spätere Freiburger Erzbischof war ein überzeugter Anhänger des NS-Regimes und sogar förderndes SS-Mitglied, was ihm die Beinamen „Brauner Conrad“ und „Nazi-Bischof“ bescherte. Dazu war Gröber ein Kriegstreiber und bis zu seinem Tode auch ein glühender Antisemit. seemoz berichtete in den vergangenen Monaten mehrmals über ihn, siehe die Links dazu am Ende des Textes. Gröber ist immer noch Ehrenbürger der Städte Meßkirch, Freiburg und Konstanz. Dort sind auch Straßen nach ihm benannt.

Franz Knapp (1881-1973). Während der NS-Zeit amtete Knapp als Rechtsrat der Stadt Konstanz, von 1946 bis 1957 war er Oberbürgermeister. Jürgen Klöckler bezeichnete Knapp sinngemäß als NS-Erfüllungsgehilfen und graue Eminenz vor Ort. Auch Tobias Engelsings Einschätzung geht in eine ähnliche Richtung. Er hält Knapp für „eine opportunistische Persönlichkeit, die dem NS-Unrechtsstaat auf lokaler Ebene den Anschein der Rechtsstaatlichkeit gegeben hat.“ Auch Knapp wird in Konstanz noch als Ehrenbürger geführt und die Passage neben dem Rathaus ist nach ihm benannt. In einer Sitzung des Kulturausschusses vor rund einem Jahr plädierte Bürgermeister Andreas Osner bereits dafür, Knapp die Ehrenbürgerwürde abzuerkennen, was CDU-Stadtrat Wolfgang Müller-Fehrenbach lautstark auf die Barrikaden trieb.

Otto Raggenbass (1905-1965). Er ist zwar kein Ehrenbürger, aber nach ihm wurde 1958 an der Schwedenschanze eine Straße benannt. Schon 2010 schlug der Konstanzer Historiker Arnulf Moser vor, die Straße umzubenennen, denn Raggenbass habe diese Ehrung nicht verdient. Otto Raggenbass war Bezirksstatthalter im benachbarten Kreuzlingen und lange hat sich das Märchen gehalten, an dem Raggenbass selber kräftig mitgestrickt hat, er habe gegen Kriegsende mit dafür gesorgt, dass die Stadt Konstanz den heranrückenden Franzosen kampflos übergeben werden konnte. Doch Beweise dafür gibt es kaum. Fakt aber ist: Raggenbass war auch Chef des Kantonspolizeipostens und er hat die restriktive Haltung der thurgauischen Fremdenpolizei gegen Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland vollumfänglich mitgetragen. Mit fatalen Konsequenzen für die Betroffenen. Viele derer, die versuchten, sich in die vermeintlich sichere Schweiz zu retten, wurden unter Raggenbass` Mitverantwortung an der Grenze zurückgeschickt oder direkt den Konstanzer NS-Schergen ausgeliefert. Er setzte sich damals auch dafür ein, jüdische Kinder aus Konstanz von Kreuzlinger Schulen zu verweisen.

H. Reile

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