Konstanzer Imagefilm: Viel Geld für ganz wenig Inhalt
Nachdem der neue Konstanzer Werbefilm „Willkommen in Konstanz“ abgenudelt war, klatschten sich die geladenen Gäste schier die Hände wund. Man mochte fast meinen, hier, im Hotel „Riva“ an der Seestraße, habe eben eine Oscar-Verleihung stattgefunden. Dabei wurde nur ein dünner Streifen präsentiert, bei dem sekündlich Kitsch und muffige Idylle wie dicker Haferbrei von der Leinwand tropfte. Einziger Trost: Das Grauen war nach rund acht Minuten vorbei.
Da hat sich Norbert Henneberger, Chef der hiesigen Touristikabteilung, mal wieder einen Coup erlaubt. Rund 15 000 Euro habe man noch „ im Marketing-Kässchen“ gehabt, verriet der Mann bei seiner kurzen Ansprache und die seien in die Produktion des Konstanzer Imagefilms geflossen. Für ihn, Henneberger, sei der Film ein „Sahnehäubchen“. Sponsoren wie Nycomed, Riva und Siemens hätten auch begeistert in ihre Portokasse gegriffen, so dass die Produktionskosten von rund 60 000 Euro aufgebracht werden konnten. Kurze Hochrechnung: Pro Filmminute wurden 7000 Euro verbraten. Alle Achtung. Spätestens jetzt stellt sich die Frage, wer in Zukunft dafür sorgt, dass man Norbert Henneberger umgehend die Prokura entzieht.
Oberbürgermeister Horst Frank ist davon überzeugt, dass der Film „ein positives Image“ in die weite Welt transportiere und zeige, „was unsere Stadt ausmacht“. Produzent Jan Mittelstädt von der Agentur Lorth, Gessler, Mittelstaedt schlug in die gleiche Kerbe und erklärte äußerlich stark bewegt: „Dieser Film ist ein alter Traum und eine Art persönlicher Meilenstein“. Es ginge dabei, so Mittelstaedt, „nicht um Informationen, sondern zuallererst um Emotion“. Muss man aber auch bei einem PR-Filmchen auf die Werbestrategien des letzten Jahrtausends zurück greifen? Und: In Konstanz gibt es innovative Köpfe, die sicher eine gute Mischung zwischen PR und Inhalt gefunden hätten – zu einem nachvollziehbaren Preis.
So kam es, wie es kommen musste. Aufnahmen vom Bodensee, Blick über die Berge, Schiffchen auf dem Wasser, Konstanz von vorne, von hinten, von oben. Dazu ein bräsiger Text mit schwalligem Eso-Touch, unterlegt mit Musik aus der Konserve, die die Bilder emotional hoch peitschen sollte. Eine konventionelle Kameraführung, weit weg von künstlerischem Ausdruck. Mehrere Personen treten auf, die jeweils reichlich unbeholfen einen Satz sagen dürfen: „Willkommen in Konstanz“. Ja, guten Tag auch.
Dem Cutter muss beim Schnitt schwindlig geworden sein, denn kaum ein Bild steht so lange, als dass man es erfassen, geschweige denn verarbeiten könnte. Fasnachtsumzug und Schnitt, Niederburg und Schnitt, dampfende Therme mit glücklichen Menschen, Schnitt, Pärchen am Ufer vor untergehender Sonne und Schnitt. Dann wieder Bodensee, Schiffchen, Berge – eine platte und unangenehme Bilderflut, bei der man am Schluss eher den Eindruck hat, von einem Tsunami weg gespült zu werden.
Pikantes am Rande: Mehrmals wurde Peter Lenks Imperia ins Bild gesetzt, auf deren Hand das Päpstlein sitzt. Jener drollige Gnom, den Norbert Henneberger mit Unterstützung einiger Bedenkenträger in einer Nacht- und Nebelaktion letztes Jahr aus dem Konstanzer Bahnhof hat schaffen lassen. Ganz vergessen hat man auch, dass es in dieser Stadt eine Universität gibt. Aber wer macht schon Urlaub in Konstanz, um auf dem Gießberg eine Vorlesung zu besuchen.? Na also.
Nachklapp: Lästerzungen behaupten, begeisterte Filmbesucher hätten kurz nach der Premiere im Proseccorausch 13 Sitzbänke an der Seestraße aus ihrer Verankerung gerissen und flächendeckend Müll verteilt. Nein, das ist eine bösartige Unterstellung. Bei soviel verkitschtem Klischeebrei kommt man nicht auf dumme Gedanken. Dann doch lieber See, Berge, Sonne, Schiffe….“Willkommen in Konstanz“ eben.
Autor: H.Reile
(Arbeitsaufwand für diesen Beitrag: 4 Stunden)
Hier gehts übrigens zum Film: www.konstanz-tourismus.de
„Aufnahmen vom Bodensee, Blick über die Berge, Schiffchen auf dem Wasser, Konstanz von vorne, von hinten, von oben. Dazu ein bräsiger Text.“ So isches halt! Aus einem Kaktus macht man keine Orchidee! Es gibt keine andere Stadt, als die in der man lebt! Wer nicht bleiben will, muß halt gehen!
@Hinterwäldler: „Ich gestehe, das ich mir diesen Streifen nur bis Minute 11 angetan habe.“ – er hat doch nur 8 Minuten?!
Och Leute – schöne Bilder sind’s doch wirklich. Kitschig: natürlich, aber ein Mal kann ich mir das locker antun. Öfter werde ich es eh nicht anschauen.
Dieses „Willkommen in Konstanz“- spätestens beim dritten Mal nervt es, die Sprecherin ist für mich ab der ersten Minute eine Qual. HIER hätte man etwas mehr ausgeben können.
Der Anfang à la „Herr der Ringe“-Einleitung ist zwar ein lascher Abklatsch davon, aber irgendwie ganz lustig.
Naja – laßt sie machen. Es wurde schon viel mehr Geldfür viel größeren Quatsch ausgegeben…
Eigentlich fehlt nur eine der Aufnahme der Gräfin, wie sie den Fischer und die Restauratorin des Münsters und das hart arbeitende Pärchen aus dem Schwimmbad vom Balkon des Konzerthauses segnet… 😉
Und Leute, das ist ein sehr wohlwollender Kommentar.
Schade, welche Chancen und Gelder da vertan wurden! Entstanden ist eine kitschige Postkartenidylle, die wesentliche Aspekte von Konstanz völlig ignoriert.
Ausgespart worden ist ein Blick in die spannende Geschichte der Stadt, nur zwei Mini-Sequenzen für Theater und Musik, eine viel zu lange Einstellung im Münster, es scheint keine Museen und Galerien zu geben, keine Terrassenlokale, keine Kneipenkultur. Anstatt des ermüdenden Dauer-Schönwetterblicks wäre der Kontrast „Konstanz im Nebel“ oder an einem grau verhangenen Regentag sinnvoll gewesen.
Ganz schrecklich ist die sanft säuselnde weibliche Stimme, ja – man hat wirklich das Gefühl, es ginge um das Anpreisen eines Esoterik-Seminars!
Die Musik ist wie klebriger Zuckerguss, warum nirgends Originaltöne?? Keine Wechsel im Bildaufbau, es überwiegen Motive in der Totale – so gut wie keine Detail- oder Nahaufnahmen – und…. wo bleiben die Kinder??
Vier Minuten und 30.000 Euro wären genug gewesen!
Ich hab dieses Kleinod komplett betrachtet und selten so direkt erfahren, was mit diesem unverständlichen Wort „fremdschämen“ denn gemeint sein könnte. Heidenei, ist das Ding schlecht. Die Bilder mögen notfalls ja noch angehen, aber die Texte hat sichtlich ein mit dem KKH-Boldt-Virus infizierter Entsprungener verfasst, der es dann noch geschafft hat, die SprecherInnen mit dem Marketing-Neusprech-Pathos der 60er Jahre zu infizieren. Das Ding könnte von Loriot sein, wenn’s etwa nur halb so lang wäre …
Ein schöner Film der zeigt, an welchem tollen Fleck Erde wir leben.
Ich gestehe, das ich mir diesen Streifen nur bis Minute 11 angetan habe. Filme mit solchem Inhalt hat man vor 50 Jahren gedreht. Schade, damals nur in s/w. Heute erleben wir eine Neuauflage in Farbe. Eigentlich fehlte nur noch das Lied von der Fischerin am Bodensee (oder kam das später noch?).
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, das ein solcher schlecht patinierter Schinken 60.000 Eus gekostet hat und dazu noch Scharen von Touristen in die Fänge der konschtanzer Hoteliers treibt. Die Zielgruppe Flugzeug-&Porsche besitzenden Gäste werden sich krank lachen über so viel Naivität. Ich hätte es für 250 gemacht. Sie haben die zusätzlichen Einnahmen aus der FDP-Steuererleichterung schlecht angelegt.
Dieser Film ist kein Kunstwerk sondern PR-Ware der billigsten Sorte. Schade, das Päpstlein im Bahnhof hatte mehr Gäste nach Konstanz gebracht, auch wenn es nur die Kopie eines Kunstwerks war.