Der Klimablog (117): Konstanzer Klimamaßnahmen – vom Fahrradsattel aus betrachtet (2)

Im ersten Teil dieses Beitrags radelten wir die kleinen Verbesserungen ab, die seit der Ausrufung des Klimanotstands 2019 für den Radverkehr entstanden sind. Aber reicht das?

Zunächst ein kleines Resümee: Einige gefährliche Ecken wurden etwas entschärft, zwei Fahrradstraßen eingeweiht, etliche Gehwege abgesenkt, ein paar Werkzeugkästen aufgestellt und Fahrradanlehnbügel errichtet – aber weit weniger als eigentlich benötigt. Das müsste die Stadtverwaltung eigentlich selber so sehen. Vor vier Jahren schrieb sie (in einer Pressemitteilung) zum Beispiel, dass rund 900 Fahrradstellplätze in der Altstadt fehlen. Und verkündete gleichzeitig, dass sie deshalb in den nächsten Jahren 278 Stellplätze errichten werde …

Geh- und Radweg an der Fürstenbergstraße (Höhe Chérisy)

Zusammenfassend kann gesagt werden: Radfahren in Konstanz wurde besser und sicherer. Aber nach höchster Priorität und Klimanotstand sieht es nicht aus. Keine der großen nervigen Ecken wurde in den letzten Jahren angegangen. Und was noch schlimmer ist: Soviel ich weiß, wird sich auf wichtigen Strecken wie am Zähringerplatz oder zwischen Industriegebiet und Wollmatingen (entlang der Riedstraße) auch in den nächsten Jahren nichts ändern.

Chancen vertan

Besonders enttäuschend sind die marginalen Fortschritte auf der Rheinbrücke und am Sternenplatz, denn beide wurden in den letzten vier Jahren saniert. Hier hätte viel verbessert werden können. Ein paar der Probleme, die hätten angegangen werden können:

– Die Unterführungen auf beiden Seiten der Rheinbrücke sind zu eng und zu wenig einsichtbar.
– Der Radweg auf der Rheinbrücke ist zu eng.
– Der Bodenseeradweg auf Seiten des Sternenplatzes ist nur in eine Richtung erreichbar.
– Es gibt Ideen für eine Seehas-Haltestelle am Sternenplatz [https://www.suedkurier.de/region/kreis-konstanz/konstanz/kommt-nun-doch-der-bahnhaltepunkt-am-sternenplatz;art372448,11357089]. Die Sanierung wäre eine Gelegenheit gewesen, diese einzurichten.
– Der Platz ist eine einzige Betonwüste, die sich im Sommer aufheizt, erst Recht im Zuge der Klimakrise.

Keine dieser Chancen wurde genutzt. Die Bushaltestellen wurden marginal verbessert, dafür war die Rheinbrücke für den Fahrradverkehr während der gesamten Sanierungsarbeiten gesperrt – unnötigerweise, denn die Umwidmung einer Autospur für den Fahrradverkehr hätte genug Platz für Autos und Fahrräder gelassen. Zugegeben, diese Möglichkeit hätte vermutlich deutlich vor dem Klimanotstand ergriffen werden müssen, um die mit dem Klimanotstand beginnenden Sanierungsarbeiten zu beeinflussen.

Radfahren ist populär

Wir wissen übrigens nicht, inwiefern sich das Fahrrad als Hauptverkehrsmittel etabliert, aber wir haben einen Langzeittrend. Alle zehn Jahre lässt die Stadt erheben, welche Wege innerhalb der Stadt mit welchem Verkehrsmittel zurückgelegt werden. Diese Erhebungen sind mit etwas Vorsicht zu genießen, denn es werden vor allem die Mobilitätsformen innerhalb der Stadt erfasst – und weniger die Fahrten von außerhalb in die Stadt beziehungsweise aus der Stadt hinaus; die machen aber im Falle einer Schwarmstadt wie Konstanz einen hohen Anteil aus.

Die letzte Erhebung dieser Art stammt aus dem Jahr 2018 und zeigt eine Steigerung des Radverkehrs von etwa 22 Prozent Anteil an allen Fahrten im Jahre 2007 auf 30 Prozent 2018. Es gibt viele Gründe, warum der Anteil so stark gestiegen ist – ein möglicher wäre die Errichtung der Fahrradstraße, das zeigen ja auch die Tausenden, die sie jeden Tag nutzen.

Die stadteigene Klimaschutzstrategie sieht vor, die Pkw-Fahrten wie die Anzahl an Pkws zu halbieren. Mit den bisher umgesetzten Veränderungen beim Fahrradverkehr ist dieses Ziel jedoch nicht zu erreichen. Ja, man kann in Konstanz (anders als in vielen anderen Städten) fast überall mit dem Fahrrad fahren.

Aber es gibt noch viele Orte, an denen Handlungsbedarf besteht, um Fahrradfahren sicherer, schneller und angenehmer zu machen. Und um die selbstgesteckten Klimaschutzziele einzuhalten. Warum zögert die Stadt dann so sehr, das bestehende Fahrradwegenetz zügig auszubauen und zu verbessern?

Text: Manuel Oestringer von der Klimablog-Redaktion / Fotos: Pit Wuhrer

Der Klima-Blog (hier die 117. Ausgabe) wird von Aktivist*innen von Fridays for Future Konstanz verfasst. Sie entscheiden autonom über die Beiträge. Frühere Artikel und Blogs finden Sie HIER.