Konstanzer Kulturbetrieb wird zur Kampfzone

Der Konstanzer Kulturbetrieb und die Heimatzeitung – eine Kampfzone. Das liegt vor allem an Lokalredakteur Michael Lünstroth, der häufig auf die städtischen Kulturverantwortlichen eindrischt: Mal auf  Theater-Intendant Nix, der ein unleidlicher Arbeitgeber sein soll, dann auf Florian Riem, Intendant der Südwestdeutschen Philharmonie, der schlecht wirtschaften soll, und nun auf  Tobias Engelsing, der fette Honorare einstreichen soll. Der Chef der Museen aber wehrt sich gegen solche unhaltbaren Vorwürfe. Es gab Gegendarstellungen zuhauf gegen diese lokale Kulturberichterstattung schon in der Vergangenheit, sogar Rechtsanwälte sollen eingeschaltet und Zwangsgelder verhängt worden seien. Letzter Höhepunkt der Kontroverse war eine von Bürgermeister Boldt veranstaltete, öffentliche Diskussionsrunde, auf der eine Reduzierung der Kulturberichte im Heimatblatt angeprangert wurde: Wirtschaftlichkeit des Verlages versus öffentlicher Kulturauftrag – das war der Knackpunkt (seemoz berichtete).

Doch das Gestichel geht, womöglich gerade deshalb, munter weiter: Aktuell wird Florian Riem, Intendant der Konstanzer Südwestdeutschen Philharmonie, für die Unterfinanzierung des Orchesters angemacht, weil er zu viele Gastsolisten und -dirigenten beschäftigt und damit das Defizit verursacht haben soll. Nur im Nebensatz wird angemerkt, dass die Ausweitung der Aufführungen des unterbesetzten Orchesters ohne Neuverpflichtungen gar nicht möglich gewesen wäre.

Und bei einer dieser Neuverpflichtungen kommt Dr. Tobias Engelsing ins Spiel – will zumindest Lünstroth glauben machen: Seit drei Jahren hat der Chef der Konstanzer Museen und anerkannte Fasnachter ein zur Fasnachtszeit passendes, immer wieder neues, gleichwohl exklusives Musiktheaterstück geschrieben, inszeniert und darin auch selbst mitgespielt. Und dafür Honorar bekommen. Lünstroth wittert Zusatzzahlungen – auch wenn er das zurückhaltender formuliert.

Engelsing wehrt sich. In einer Erklärung, die vom Südkurier nur bruchstückhaft zitiert wird, verweist er darauf, dass die Mitarbeit bei der Philharmonie „im Rahmen meiner seit vielen Jahren ausgeübten, von BM Boldt bereits zu Beginn meiner Dienstzeit genehmigten publizistisch-künstlerischen Nebentätigkeit als freiberuflicher Autor übernommen und außerhalb meiner Arbeitszeit erfüllt“ worden sei. Und mit Verlaub: 10 000 Euro Honorar für ein Dreivierteljahr geopferter, wahrlich kreativer Freizeit ist ein Lohn, zu dem gerade mal ein Berufsanfänger seine Arbeitskraft zu Verfügung stellt.

Und zurecht weist Engelsing, gerade angesichts der schauerlichen Darbietungen der Konstanzer Fasnacht auch im Fernsehen, darauf hin, dass es gelungen sei, „mit dieser Eigenproduktion gemeinsam mit dem Intendanten Florian Riem, den übrigen Mitwirkenden und dem überaus engagierten Orchester für die Philharmonie ein neues musikalisch-kabarettistisches Format zu schaffen, das dazu beiträgt, neue Hörer- und Abonnentenkreise zu erschließen und das Image des Orchesters als integrierte Größe des heimatlichen Kulturangebots zu stärken. Es liegen bereits Anfragen vor, diese Produktion inhaltlich ‚exportfähig‘ zu machen und sie auch in anderen Städten des Bodenseeraums aufzuführen“.

Dennoch soll gespart werden. Engelsing in seiner Erklärung weiter: „Nachdem ich im Vorfeld der jüngsten Kulturausschusssitzung Kenntnis über das negative Rechnungsergebnis der Philharmonie für das Jahr 2010 erhalten hatte, führten Herr Riem und ich bereits Gespräche, mit dem Ziel, nach Einsparmöglichkeiten bei den Fasnachtskonzerten zu suchen. In der Überlegung sind etwa Straffungen, eine Verkürzung des Programms und Neuverteilungen der Aufgaben“.

Schließlich aber: „Eine ungerechtfertigte Skandalisierung meiner Tätigkeit als Autor, Regisseur und Akteur dieser auch wirtschaftlich erfolgreichsten Eigenproduktion der Philharmonie würde zweifellos zum Ende der Fasnachtskonzerte führen“.

Na, bravo, Herr Lünstroth. Oder wer auch immer diese Kampagne gegen den Kulturbetrieb zu verantworten hat.

Autor: hpk

Weiterer Link: Herr Wiesner schmollt