Konstanzer Kulturrevoluzzer
In dieser Woche werden in verschiedenen Ausschüssen des Gemeinderates zukunftsweisende Entscheidungen auf den Weg gebracht. Im Kulturausschuss geht es am Mittwoch darum, dem Zebra den Einbau einer neuen Klimaanlage zu erleichtern. Außerdem gibt es vernehmliches Gemurre darüber, dass die Zufriedenheit mit dem kulturellen Angebot in Konstanz sehr unterdurchschnittlich ausfällt, im Kulturausschuss will man/frau diesem Phänomen jetzt auf den Grund gehen, um das Angebot ggf. verbessern zu können.
Das Zebra Kino braucht eine neue Klimaanlage, denn die alte schafft im Sommer nicht genug atemwürdige Luft heran. Darum hat die FGL jetzt beantragt, eine neue Klimaanlage für das renommierte Programmkino mit 25.000 Euro aus dem Stadtsäckel zu bezuschussen, weil das Zebra aus eigener Kraft die nötigen 80.000 Euro nicht aufbringen könne.
25.000 Euro Zuschuss?
Die FGL begründet ihren Antrag – durchaus einsichtig – so: „Das Zebra Kino bietet als Programmkino ein ausgezeichnetes Programm an aktuellen und wertvollen Filmen und hat seit der Schließung des Scala Kinos sein Angebot deutlich erweitert. Es ist sehr zu begrüßen, dass dadurch ein Teil des wegfallenden Angebots aus dem Scala Kino heute an anderem Ort gezeigt werden kann. Das Programm wird gut nachgefragt. Allerdings ist gerade im Sommer und bei gutem Besuch die Luftqualität im Kinosaal so schlecht, dass dringend eine moderne Lüftung eingebaut werden muss. Eine entsprechende Anlage kostet ca. 80.000€, und diesen Posten kann das Kino nicht gänzlich aus eigenen Kräften aufbringen. Mit einem städtischen Zuschuss wäre 2020 der Einbau einer leistungsfähigen Lüftungsanlage möglich. Ein Verschieben bis auf den nächsten Doppelhaushalt halten wir aufgrund der Dringlichkeit für nicht angebracht.“ Die Verwaltung ihrerseits hat sich noch keine Meinung zu diesem Thema gebildet. Sie erwartet vom Zebra erst noch weitere Zahlen zu aktuellem Vereinsvermögen, Entwicklung der Zuschauerzahlen usw. und will ihre Meinung dann am 05.12. kundtun. Über den Antrag wird am 13.11. im Kulturausschuss vorberaten und am 05.12. im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) entschieden. Beide Sitzungen sind öffentlich.
Wie attraktiv ist Kultur in Konstanz?
Das Kulturangebot in Konstanz wird von Einheimischen als eher schlecht wahrgenommen, und das ruft die FGL auf den Plan. Sie beantragt, dieses Phänomen zu untersuchen. Hier ihre Begründung: „Zum wiederholten Male ist das Konstanzer Kulturangebot im Städtevergleich Urban Audit schlecht bewertet worden. Zwar gab es eine leichte Verbesserung gegenüber dem letzten Ergebnis (20% unzufrieden mit dem Angebot statt 28% im Jahr 2009), aber Konstanz liegt weiterhin unter den 24 untersuchten Städten auf den letzten Platz. Das ist unbefriedigend für ein kulturelles Oberzentrum und kann wohl auch nicht damit erklärt werden, dass in der Fragestellung unter anderem ein Konzerthaus erwähnt wurde.
Daher beantragt die Freie Grüne Liste, eine detaillierte Untersuchung zur Zufriedenheit der Konstanzer Bürger*innen mit dem kulturellen Angebot der Stadt durchzuführen. Dabei soll nach Altersgruppen differenzierbar das Angebotsspektrum bewertet werden (Theater und Philharmonie, Kino, musikalisches Angebot, Freie Kultur, Bildende Kunst etc.) und auch erfasst werden, welche Angebote den Bürger*innen fehlen. Zu prüfen wäre, ob eine solche Befragung in Zusammenarbeit mit der Universität oder der HTWG durchgeführt werden kann.“
Befragung demnächst
Damit rennen die Grünen bei der Verwaltung offene Türen ein, denn die ist nach eigenen Angaben in dieser Angelegenheit bereits aktiv geworden: „Das Kulturamt greift den Antrag der FGL gerne auf. Bereits seit August 2019 ist das Kulturamt mit dem Soziologen der Uni Konstanz Prof. Dr. Werner Georg im Gespräch, eine Umfrage zum Nutzungsverhalten und der Zufriedenheit mit den Konstanzer Kultureinrichtungen durchzuführen.“ Dabei sollen im nächsten halben Jahr mehrere Tausend teils zufällig ausgewählte, teils als Kulturnutzer*innen auffällig gewordene Konstanzer*innen befragt werden. Der Fragebogen entsteht in Zusammenarbeit von Studenten und Kultureinrichtungen, die Ergebnisse sollen dann öffentlich im Kulturausschuss präsentiert werden. „Die Studie wird vom Kulturamt mit 1.500 € und von der Universität Konstanz ‚Transfer Lehre‘ mit bis zu 5.000 € finanziell getragen.
Wir alle dürften sehr gespannt auf das Ergebnis sein. Sind die Konstanzer*innen einfach nur besonders griesgrämige Kulturnörgler und -revoluzzer*innen, oder brauchen sie mehr oder eine gänzlich andere Kultur?
Luciana Samos (Text und Foto)
Der Kulturausschuss tagt am Mittwoch, 13.11.2019, ab 16:00 Uhr im Ratssaal, Kanzleistraße 15, 78462 Konstanz.
Bekommt das K9 eigentlich Zuschüsse? Dort wird tolle Arbeit gemacht, aber die sanitäre Infrastruktur gibt langsam den Geist auf.
Ach ja, mit oder ohne Soziologie: Was in Konstanz fehlt:
Ein Programmkino in der Stadt
Ein Musiktheater mit oder ohne Philharmonie
Ein modernes Kunsthaus
und ein internationales Tanzensemble.
das alles z.B gibt es in Göttingen, Hildesheim, Giessen
Manchen Leuten ist es ja peinlich, wenn man sie von Kindheit an kennt, denn wir verändern uns im Laufe des Lebens wenig. Als ich nach Konstanz kam, war ich ganz erstaunt, dass Werner Georg jetzt hier Professor geworden ist. Ich kenne ihn von der Schule, er war auch am Rande bei den “ Jungen Hunden “ dabei, dann bei irgendeiner K-Gruppe, jedenfalls hat er immer bei mir Zigaretten geschnorrt. Wenn ich ihn einlud ins Theater und das tut man gerne bei alten Freunden, die jetzt alte Männer sind, sagte er immer, ach Kultur interessiere ihn nicht so sehr und Theater schon. gar nicht. Das hat mich enttäuscht und jetzt reden wir wenig, wenn wir uns Mal treffen. Das Kulturamt hat mal wieder den richtigen Berater ausgesucht: das wird was werden. Es ist schön und traurig von diesen Dingen zu lesen, hier in Burundi, wo das Essen fehlt, wo die Kinder sich die Schule nicht leisten können, aber gerne Theater spielen, wie im Kinderheim, wo ich gerade war.
@ Christel Thorbecke
Vom Kunstraum im Assisi Turm zum Kunstrasen im Büdingen Park ist es nicht mehr weit.
Dass man auf Umfrage-Ergebnissen über die Zufriedenheit der Stadtbevölkerung politisch reagiert, ist lobenswert. Dass man aber darauf seinerseits mit einer Umfrage reagiert, leuchtet mir überhaupt nicht ein. Schon gar nicht auf eine solche Breitband – Frage, was man denn am liebsten hätte. Das geht ins Uferlose.
Das hat nichts mit Demokratie zu tun. Als gewählte Vertreter hat man schon bei den Wahlen ein Kultur-Programm präsentiert und setzt Schwerpunkte. Die sollte man durchsetzen und sich nicht durch eine Sammlung von verschiedensten Bedürfnissen und Meinungen dazu verleiten lassen, wieder ganz von vorne anzufangen.
Und wenn man die Konstanzer Verhältnisse seit langem kennt, kann man auch selbst urteilen und dann gleich handeln. In Konstanz fehlt es nicht an kulturellen Angeboten und vielen einzelnen kulturellen Ereignissen wie Lesungen, Kleinkunstbühnen, Treffpunkte wie Café Mondial, große und kleine Bühnen wie sie das Stadttheater bietet, das auch noch Zirkuszelte aufbaut und den Münsterplatz bespielt, kleine Tanz-und Musikabende…
Was uns schon immer fehlte sind große Häuser für große und kleine Anlässe, also ein Konzerthaus und ein eigenes Museumsgebäude für Gegenwartskunst und Kunstsammlungen mit Einzelausstellungen, die bis jetzt eher unauffällig im Wessenberggebäude integriert sind.
Das ist, oft gesagt und festgestellt – der Unterschied zu ähnlich großen und gut besuchten Städten wie Konstanz.
Das kriegen wir aus vielen Gründen, auf die ich hier nicht eingehen will, nicht gebacken.
Die Initiative zum Kunstraum im Assisi Turm ist ein Beispiel, wie man es machen sollte. Ein konkreter Einsatz, der jetzt noch eine gute Gestalt annehmen kann und dort Lücken füllt, wo sie offensichtlich sind. Aber ein Ersatz für ein eigenes Museumsgebäude wird daraus schon wegen der bescheidenen räumliche Situation nicht werden können. Aber es ist konkrete Politik, um Mängel zu beseitigen.