Konziljubiläum: Der karge Rest ist teuer genug

Man könnte auch sagen: Als Tiger abgehoben, aber als Teppichvorleger gelandet. Vom einstigen Programm für das Konziljubiläum (2014 bis 2018) ist nicht mehr viel übrig. Nachdem man sich im letzten Moment von abenteuerlichen Projekten verabschiedet hat, wäre Zeit gewesen, innovative Ideen in Gang zu bringen. Doch geblieben ist, mit wenigen Ausnahmen, ein bräsiger Bodensatz, über den sich lediglich das Bildungsbürgertum freuen wird. Ob sich daran in den verbleibenden Monaten noch etwas ändert?

Vergangenes Jahr noch waren für das Konziljubiläum Veranstaltungen geplant, über die nicht nur der Laie ungläubig den Kopf schüttelte. Zur Erinnerung: Auf dem Konzilvorplatz sollte eine mittelalterliche Lädine nachgebaut werden. Kostenpunkt: bis zu 400 000 Euro. Es dauerte lange Monate, bis das aberwitzige Vorhaben auf Drängen von Linker Liste und SPD dann endgültig im Konstanzer Hafenbecken versenkt wurde. Nun wird an eben dieser Stelle ein mittelalterlicher Kräutergarten entstehen. Der ist zwar ungleich billiger, dennoch ist der Platz für Lavendel, Salbei oder Pfefferminze denkbar ungeeignet. Vor allem in den warmen Monaten tummeln sich hier Touristenscharen, die auch gerne die Möglichkeit nutzen, sich auf der Rasenfläche zu räkeln.

Bislang unbekannte Gruppen protestieren

Doch damit ist nun Schluss, denn die Kräutlein möchten mit dem Segen des Konstanzer Gemeinderats natürlich unbehelligt sprießen. Zumindest der Gruppe „Verteidigt den Öffentlichen Raum“ (VÖR) stinkt das gewaltig und sie fordern in einer aktuellen Pressemitteilung dazu auf, das geplante Kräutergärtlein mittels Samenbomben etwas vielfältiger zu gestalten. Wer sich daran beteiligen möchte, frage einen Floristen seines Vertrauens. Eine andere Gruppierung, die sich „Konstanzer Gartenpiraten“ nennt, empfiehlt ab Frühjahr 2014 ähnliche Aktionen in Dekan Trennert-Hellwigs Garten. Da dieser die Grünfläche neben dem Münster nicht dem Mob öffnen möchte – „der Garten gehört mir ganz alleine“ – wäre, so die Auffassung der grünen Piraten, auch hier „eine fantasievolle Besamung“ angebracht.

Ebenfalls längst gestorben ist das ehrgeizige Projekt, auf dem Stephansplatz während der Jubiläumsfeierlichkeiten, also von 2014 bis 2018, einen mittelalterlichen Handwerkermarkt einzurichten. Ganz stolz zog Touristikchef Norbert Henneberger ein Jahr lang um die Häuser und warb für diese Idee, die mehrere hunderttausend Euro kosten sollte. Bei einem Treffen zum Thema erschienen dann lediglich drei Nasen und der Mittelalterquark wurde schnell beerdigt. Nun soll es vom 5. bis 11. Mai 2014 ein einwöchiger Handwerkermarkt richten, für den die Stadt 42 000 Euro zu zahlen gewillt ist. Der geplante „Handwerkerball“ mit „hochwertigem Abendprogramm“ im Inselhotel dürfte dann für die normale Bevölkerung mit schmalem Geldbeutel ein echtes Highlight werden.

Zündende Ideen fehlen immer noch

Das seit Monaten umstrittene Vorhaben „Your eyes on me“ röchelt weiter vor sich hin. Über eine Videoinstallation möchte sich Konstanz im Mai 2014 mit seinen fünf Partnerstädten verbinden. Kosten soll das rund dreiwöchige Event 250 000 Euro. Der Stuttgarter Datenschutzbeauftragte monierte postwendend, und sogar der Gemeinderat, der bislang nahezu widerspruchslos alle noch so abwegigen Ideen absegnete, wurde langsam skeptisch. Nun, so eine dürre Verlautbarung der Jubiläumsorganisatoren, habe man Möglichkeiten gefunden, die den finanziellen Aufwand reduzieren würden. Da darf man gespannt sein.

Neu im Programm ist ein Projekt, das sich „Son et Lumiere“ nennt. Auf Initiative von Museumschef Tobias Engelsing soll es an einem Platz in der Stadt eine Illuminationsshow geben, die Einblicke in die Geschichte des Konzils gewährt. Man rechnet mit Kosten von etwa 60 000 Euro.

Eröffnet wird die Vierjahresfeier am 27.4.2014 mit der Landesausstellung im Konzil (s. Foto: Das offizielle Logo). War noch vergangenes Jahr von 600 hochwertigen Exponaten die Rede, so schrumpfte diese Zahl auf 300, darunter allerdings kulturhistorisch wertvolle Leihgaben aus ganz Europa. Kosten für die Stadt: 75 000 Euro.

Wohl aus der Not wurde die neueste Idee geboren, nun die Fischhandlung „Sealife“ mit ins Boot zu holen. In Kooperation mit dem profitablen Unternehmen soll es während des Jubiläums „Führungen zur Kulturgeschichte des Fisches“ geben. Das wird die Betreiber der billigen Pappbude freuen, in deren Inneren die armen Kreaturen auf engstem Raum ihre Kreise drehen. Das Management des Fischeknasts wird sich jetzt schon die Hände reiben über die zu erwartende Umsatzsteigerung.

Programm für eine Minderheit

Wer sich die jeweiligen Projektideen für das Konziljubiläum zu Gemüte führt, wird schnell feststellen, dass vor allem eine kleine Schicht behäbiger MottenkistenbürgerInnen bedient werden soll, dazu diverse Nutznießer aus der Touristikbranche. Das merkt man auch daran, dass die jeweiligen Berichte über die langjährige Dauerfete – egal, wo sie nachzulesen sind – meist unkommentiert bleiben. Auch auf seemoz, das können wir unserem System entnehmen, interessiert sich nur eine Minderheit für die geplanten Feierlichkeiten, deren Kosten alleine für die Stadt bei rund sechs Millionen Euro liegen. Grund genug also, das Programm auf den Prüfstand zu stellen.

Denn diesem fehlt es an Esprit, an zündenden Ideen, an der Lust und den Mut auf kontroverse Debatten und Diskussionen. Und genauso fehlt es an Angeboten, die auch Jugendliche für diesen durchaus spannenden Teil der Konstanzer Historie interessieren könnten und eine Brücke schlagen in unsere Zeit. Denn die Themen liegen sozusagen auf der Straße und haben aktuelle Bezüge, die eng verzahnt sind mit der katholischen Kirche, dem Hauptpartner des Jubiläumsmarathons.

Warum bittet man beispielsweise nicht den Kirchenkritiker Michael Schmidt-Salomon nach Konstanz, der erst kürzlich bei den Salzburger Festspielen einen vielbeachteten Vortrag über Irrungen und Wirrungen in Glaubensfragen gehalten hat? Was hält die Jubiläumsverantwortlichen davon ab, den Buchautoren Carsten Frerk nach Konstanz zu holen, der über die finanziellen Machenschaften des Vatikans berichten könnte und auch über die dunklen Finanzierungskanäle der großen Kirchen Interessantes zu erzählen weiß?

Oder: Wie weit ist es her mit der Behauptung, die Trennung von Staat und Kirche hierzulande sei längst vollzogen? Wie steht es um die aktuellen Arbeitnehmerrechte in kirchlichen Institutionen, die nachweislich mit Füßen getreten werden? Doch um diese und vergleichbare Themen scheinen die PlanerInnen einen großen Bogen zu machen. Mit dem Partner Kirche will man es sich offensichtlich nicht verscherzen. Deren Programmanteil ist übersichtlich angeordnet und beschränkt sich fast ausnahmslos auf das Angebot unzähliger Gottesdienste. Übrigens: Bis heute, also fast 600 Jahre nach der Verbrennung von Jan Hus, hat es die Katholische Kirche unterlassen, den böhmischen Reformator offiziell zu rehabilitieren. Alleine das ist ein handfester Skandal, der aber die Konstanzer Konzilpiefkes bestenfalls am Rande beschäftigen wird.

Wer wissen möchte, worüber der „Betriebsauschuss Konzilstadt“, der das Jubiläumsprogramm mitgestaltet, im Detail diskutiert, möge sich heute ab 16 Uhr im Ratssaal einfinden.

Autor: H.Reile