Konziljubiläum: Vage Aussichten und viel Ernüchterung

Feiern bis der Papst kommt? So ähnlich hat sich das der frühere Oberbürgermeister Horst Frank vorgestellt und Josef Ratzinger zum Konziljubiläum eingeladen. Eine Zusage steht noch aus, denn wer weiß schon, ob der greise Kirchenführer bis 2014 überhaupt noch Puls hat. Auch Bundespräsident Joachim Gauck reagierte sehr zurückhaltend auf seine Einladung und bat um erneuten Kontakt, „sobald sich die Pläne für das Jubiläum konkretisiert haben“. Und genau da liegt der Hund begraben

Seit rund zwei Jahren wird der Öffentlichkeit gebetsmühlenartig erklärt, dass das europaweite Interesse an den geplanten Feiern zum Konziljubiläum (2014 bis 2018) gewaltig sei. So Ruth Bader, umtriebige Geschäftsführerin der Konzilstadt Konstanz (KSK), einem kommunalen Eigenbetrieb der Stadt, und verantwortlich für das Programm des Jubiläums. Ähnliches war vor wenigen Tagen zu hören, als der zuständige Ausschuss des Gemeinderats über den aktuellen Projektstand informiert werden sollte. Es gab erstaunlicherweise keine schriftliche Vorlage und der mündliche Vortrag, herunter gerasselt in wenigen Minuten, deckte sich mit den blumigen Aussagen, die man längst kennt.

Wer finanziert was genau?

Detaillierte Projektbeschreibungen wurden in den nichtöffentlichen Teil verschoben. Von der versprochenen Transparenz, einem angeblichen Steckenpferd des neuen Oberbürgermeisters Uli Burchardt, war nichts zu merken. So bleiben weiterhin die alten Fragen: Was lässt sich konkret umsetzen? Woher kommen die Gelder und wer finanziert was genau? Und: Kann es sich die Stadt leisten, für das Jubiläum, dessen Gesamtkosten auf rund 13 Millionen beziffert werden, mindestens fünf Millionen Euro bei zusteuern? Fragen, die auf rasche Antworten warten, denn der Termin rückt unweigerlich näher. Fest steht bisher nur, dass es für die Landesausstellung „Das Konstanzer Konzil. Weltereignis des Mittelalters 1414-1418“ einen Zuschuss von 500 000 Euro gibt. Das war es dann aber auch schon.

Ein umfassendes Finanzierungskonzept wurde für das erste Halbjahr 2012 angekündigt, es fehlt bis heute. Beim Konziljubiläum stehen auch kirchliche Belange im Vordergrund, doch bislang gibt es für themenbezogene Veranstaltungen keinerlei finanzielle Zusagen von den Amtskirchen. Deren Prinzip war schon immer, andere zur Kasse zu bitten. Ebenso auf wackligen Beinen steht die Möglichkeit, EU-Gelder abzuschöpfen. Viele Projektanträge können in Brüssel erst ab 2013 eingereicht werden und ob sie dann auch in dem verbleibenden Zeitfenster bewilligt werden, ist völlig unklar. Hier gilt einzig und allein das Prinzip Hoffnung und das in einem Europa, das auch in absehbarer Zeit mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben wird.

Ruth Bader wird von den Ratsmitgliedern ständig gelobt für ihr in der Tat anerkennenswertes Engagement. Doch sie kann sich auch sicher sein, dass diese Schulterklopfer die ersten sein werden, die ihr den Stiefel geben, wenn sich die hoch gesteckten Erwartungen Stück für Stück in Schall und Rauch auflösen. Bader wirkt eher wie eine Getriebene, der insgeheim langsam dämmern dürfte, dass sie sich da auf ein Vabanquespiel mit ungewissem Ausgang eingelassen hat. Die Möglichkeit, gerade noch rechtzeitig die Notbremse zu ziehen und das Programm auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren, sollte genutzt werden.

OB Burchardt ist gefordert

Gefordert ist ab sofort auch der neue Oberbürgermeister Uli Burchardt. Während seiner Kandidatenkür hat er mehrmals erklärt, das Konziljubiläum sei „eine große Chance für Konstanz“. Nun muss er dafür sorgen, dass dem künstlich aufgebauschten Hype allmählich Realität für das Sinnvolle und Machbare verordnet wird. Nichtöffentliche Wunschkonzerte in Mauschelrunden verbieten sich da. Desweiteren wäre Burchardt gut beraten, außer Rand und Band geratene Untergebene umgehend einzubremsen, wie nachfolgendes Beispiel zeigt.

Vor rund einem Monat hatte Touristikchef Norbert Henneberger mehrere Handwerksbetriebe zu einem Treffen eingeladen. Über seinen „großen Verteiler“, wie er kurz vor der Veranstaltung stolz erklärte. Er wollte heraus finden, wie viele Handwerker sich vorstellen könnten, den von ihm organisierten mittelalterlichen Handwerkermarkt mit zu gestalten. Hennebergers Idee: Betriebe aus der Region zeigen während des Konziljubiläums – „täglich für Touristen“ (!) – ihre Künste. Der Handwerkermarkt soll auf dem Stefansplatz stattfinden, laut Henneberger „als Ergänzung zum Wochenmarkt“. Dafür stünden mehrere Holzbuden mit einer Fläche von etwa 10 Quadratmetern zur Verfügung, die man für die gesamte Konzilzeit für rund 5000 Euro anmieten könne.

Bitte nicht darüber berichten“

Der Zulauf hielt sich in engen Grenzen, gerade mal vier Personen zeigten sich interessiert. Ein Geschäftsmann aus der Lederbranche, der aber nicht vor Ort produzieren möchte („ich schaff doch nicht meine Maschinen dahin“); ein Handwerker, der sich vorstellen könnte, „etwas zu drechseln“, aber das auch nur gelegentlich; ein Vertreter aus der Glasabteilung und eine ältere Dame, die sich seit geraumer Zeit darüber Gedanken macht, wie man damals wohl Weidenkörbe geflochten hat und diesbezüglich mit einer Ausbildung liebäugelt, die aber noch nicht weiß, wo sie diese absolvieren kann. Kurz und schlecht: Eine gespenstische Veranstaltung. Grund genug für Henneberger, inbrünstig darum zu bitten, darüber „nicht zu berichten“.

Weiter hält Henneberger auch fest an einem detailgetreuen Nachbau einer mittelalterlichen Lädine, die im Konstanzer Hafen in einer dafür eigens eingerichteten Werft während des Konziljubiläums entstehen soll. Mit etwa 200 000 Euro, glaubt Henneberger, sei das locker zu schaffen. Eine Einschätzung, über die Kenner ziemlich fassungslos den Kopf schütteln.

Langsam ahnen auch einige StadträtInnen, dass die Vorbereitungen auf das Jubiläum allmählich zur Farce geraten. Manche bezweifeln mittlerweile, ob es Sinn macht, von einer Dauerveranstaltung über fast fünf Jahre zu träumen. Andere befürchten hinter vorgehaltener Hand zu Recht ein finanzielles Desaster. Das Grummeln darüber wird täglich lauter.

Autor: H.Reile

Weitere Links:

Wie sich die Stadt mit dem Konziljubiläum unter Druck setzt

Konziljubiläum: Wie man Gelder versenkt