Kreistag: Nächste Runde im Streit um den Kiesabbau

Wahlkampfgetöse im Kreistag: Plötzlich sind alle gegen einen Kiesabbau im Dellenhau (seemoz berichtete: „Viel Kohle mit Kies“ ), plötzlich soll fraktionsübergreifend der Widerstand organisiert werden. Nur bei den Schuldzuweisungen ist man/frau sich uneins.

Erst am Morgen des gestrigen Sitzungstages landete der Brief von Veronika Netzhammer (CDU, Singen) auf den Tischen des Landrats und der KreisrätInnen: Sie fordert darin eine Kreistags-Diskussion über den Kiesabbau im Dellenhau-Wald und kritisiert das Regierungspräsidium (RP) für eine mangelhafte Vorlage.

CDU – einmal ja, einmal nein

Hintergrund: Wie seemoz berichtete, hatte der Planungsausschuss im Regionalverband letzte Woche mit den Stimmen von CDU, FDP und Freien Wählern (FW) dem Kiesabbau zugestimmt – Grüne und SPD votierten dagegen. Das war für die CDU peinlich, denn während manche ihrer Abgeordneten vor Ort werbewirksam gegen den Kiesabbau wettern, stimmten ihre Vertreter im Planungsausschuss zu. Netzhammer gibt in ihrem Brandbrief einem ungenannten RP-Sachbearbeiter die Schuld, der eine „schlampige Sitzungsvorlage“ erstellt habe – da könne eine solche Panne schon mal passieren. FDP und FW äußerten sich zu ihrem Abstimmungsverhalten während der Kreistagssitzung übrigens nicht – die Fraktion der Freien Wähler hatte zum Zeitpunkt der Diskussion am frühen Abend die Sitzung bereits gänzlich verlassen.

Auch die SPD meldete sich gestern zu Wort. Deren Kreisvorsitzender Tobias Volz fordert die Abgeordneten von CDU und Grünen in einer Medienerklärung auf, „nicht nur vor Ort große Worte zu machen, sondern auch in Stuttgart Farbe zu bekennen“. Dort sei das Ministerium für den Ländlichen Raum maßgeblich, das bis vor kurzem von den Grünen und jetzt von der CDU geführt werde. „Ich sehe nicht, dass dort ernsthaft für die Interessen unserer Region gekämpft wird.“ In der gestrigen Kreistagssitzung allerdings sagte Volz zu diesem Thema kein einziges Wort..

Befassungskompetenz?

Landrat Frank Hämmerle verschanzte sich einmal mehr hinter juristischen Glaubenssätzen. Er bezweifelte eine „Befassungskompetenz“ des Kreistages in dieser Frage und empfahl den Fraktionen, sich gemeinsam und politisch zur Wehr zu setzen. Das geschah denn auch gleich im Anschluss an die gestrige Sitzung – mit einer gemeinsamen Petition will man sich an die Landesregierung in Stuttgart und das Regierungspräsidium in Freiburg wenden.

Ob jedoch die Wunderwaffe einer Petition den ausreichenden politischen Druck erzeugt, darf bezweifelt werden. Massenhafte, auch juristische Einwände und Proteste der Anwohner – immerhin 80 000 Menschen sind direkt betroffen – und der Gemeinden könnten weitaus wirkungsvoller sein. In jedem Fall: Die Auseinandersetzung über den Kiesabbau im Dellenhau geht in eine neue Phase und dürfte längst nicht ausgestanden sein.

hpk