Kuno Schelmles spätsommerliche Nestbeschmutzung
Langsam kehrt wieder Leben ein in das politische Konstanz. Der neue Oberbürgermeister wird alsbald vereidigt und in diversen Amtsstuben rauchen die Köpfe der Mitarbeiter angesichts dieser angeblich neuen Ära aus den Tiefen der Nachhaltigkeit. Erfreulicherweise ist auch unser geschätzter Mitarbeiter Kuno Schelmle aus dem Urlaub zurück und hat sich die vergangenen Tage überall im Städtchen herum getrieben und umgehört. Hier das Resultat seiner peniblen Beobachtungen
Nun ist´s also soweit: Am 8. September wird Noch-OB Horst Frank offiziell verabschiedet und zwei Tage später darf dann der neue Oberförster ran. Seine Vereidigung wird im Rahmen einer Gemeinderatssitzung vollzogen, dazu gibt es etwas Musik, einige Grußworte und „Grußworte“, anschließend Häppchen im Rathausinnenhof. Noch unklar ist, ob Uli Burchardt dem Publikum eine politische Grundsatzerklärung entgegen schleudert, oder doch lieber aus seinem Buch „Geiz macht dick, blind und doof“ vorliest. Der Eintritt ist frei. Immerhin.
Burchardt ist zu empfehlen, ein allzeit wachsames Auge auf seine Bürgermeister Claus „Maultasch“ Boldt und Kurt Werner zu werfen. Aus aktuellem Anlass vor allem auf letzteren. Vor unserem letzten Kegelabend begutachtete unsere fidele Seniorentruppe Herrn Werners aktuelles Vorzeigeprojekt am Bahnhof. Er nennt es gerne provisorische Begegnungszone oder auch Stadtboulevard. Dieser Großkotzsprech steht im krassen Gegensatz zu dem, was sich unseren verwunderten Augen bot. Verunsicherte Passanten, die nicht wissen, wie sie über die Straße kommen sollen, gefährliche und unübersichtliche Situationen zuhauf – rundum in jeder Beziehung eine einzige Katastrophe. Zu Recht bekam Werner dafür von seemoz den „Prix de Murks“ am Hosenband verliehen.
Der Mann ist obendrein ein wahrer Zyniker. Ließ er doch verlauten, die Verunsicherung zwischen den Verkehrsteilnehmern sei durchaus geplant, alle sollten Blickkontakt miteinander aufnehmen, dann klappe das schon irgendwie. Die grünen Linien, die die „Verwesungszone“ schmücken, seien, so Werner, eine Orientierung (!) für Fußgänger. Wir machten die Probe aufs Exempel und gingen zu fünft akkurat die Kringel nach. Das wiederum erregte die Aufmerksamkeit vieler Passanten, die der irrigen Meinung waren, wir stünden unter Alkoholeinfluss, und einer vorbeikommenden Polizeistreife, die aber nach einem kurzen Aufklärungsgespräch schmunzelnd von dannen zog. Mit der Geschwindigkeitsbegrenzung nimmt man es übrigens auch nicht mehr ernst: Die Tempotafel ist längst abgebaut. „Hat sich eh kaum einer dran gehalten“, erklärte uns ein Taxifahrer lapidar. Vorläufiges Fazit: Mit Verlaub, Herr Baubürgermeister: Mehr grober Unfug geht kaum. Und diesen, man glaubt es nicht, segnete eine Mehrheit des Gemeinderats auch noch willfährig ab.
Kurt Werner, das sei hier noch nachgetragen, steht seit Jahren für stadtplanerisches Chaos und seltsames Finanzgebaren. Die „Seufzerbrücke“ am Bahnhof kostete mehr als doppelt soviel wie veranschlagt und erinnert architektonisch an ein stalinistisches Überbleibsel aus dem letzten Jahrtausend. Hartnäckig weigert sich Werner auch, endlich begehbare Querungen über den münsterlichen „Knochenbrecherplatz“ in die Wege zu leiten. Neues Ungemach droht an der Mole hinter dem Konzil. Für rund eine Million Euro soll das ganze Areal umgestaltet werden, um pünktlich zum Konziljubiläum der anströmenden Welt ein nettes Plätzchen zu bieten. Vorab wurde ein Ideenwettbewerb eingeläutet, der mit 90 000 Euro zu Buche schlug. Die jeweiligen Vorschläge lassen nichts Gutes vermuten. Favorisiert werden seelenlose Steinwüsten mit unnötigem Schnickschnack. Und auch das, man reibt sich erneut verwundert die entzündeten Augen, findet eine Mehrheit bei den gemeinderätlichen Entscheidungsträgern.
Ein anderer Keks ist längst verspeist, stößt aber immer wieder nachhaltig und säuerlich auf. Die Rede ist vom Katamaran, der gar wunderbaren Städteverbindung zwischen Konstanz und Friedrichshafen. In dröger Regelmäßigkeit versucht der Südkurier, das marode Unternehmen als Erfolgsmodell anzupreisen, und eine Konstanzer Blogbetreiberin schließt sich dieser irrigen Meinung gerne an. Dafür kann man Verständnis haben, denn auf ihrer Seite werben die Stadtwerke, da drückt man schon mal ein Auge zu. Südkurier-Redakteur Josef Siebler druckt die Pressemitteilungen ebenfalls unkommentiert ab, die den Eindruck erwecken sollen, dass es mit der Schiffsverbindung ständig aufwärts gehe. Richtig, Siebler wird bald Pressesprecher bei den Konstanzer Stadtwerken und da bietet es sich in vorauseilender Loyalität schon mal an, den Katamaran in den buntesten Farben schön zu schreiben.
Es bleibt die nüchterne Erkenntnis: Die Route steckt weiterhin tief in den Miesen und kostet die Konstanzer Steuerzahler rund 250 000 Euro jährlich. Etwa ein Jahr ist es her, da forderte sogar FWG-Rat Jürgen Faden: „Schreibt der Katamaran nächstes Jahr weiterhin rote Zahlen in großem Umfang, dann motten wir die Sache ein“. Aber davon will Faden wohl nichts mehr wissen. Auch der langjährige Stadtwerkechef Konrad Frommer gab unlängst kleinlaut zu, dass der Katamaran langfristig ein Zuschussgeschäft bleiben wird. Also weiterhin Leinen frei für das Eurograb? Sieht so aus.
Ein wenig trauere ich schon der vergangenen OB-Wahl nach. Es war doch immer wieder ein Vergnügen, über den Südkurier-Wahlomat täglich rund vierzig Mal abzustimmen und somit die Ernsthaftigkeit dieser Juxerei zu untermauern. Nun aber, kurz nach der medialen Sommerpause, dräut ein neuer Klassiker am Horizont. Die Tageszeitung wird ab Ende September täglich über Südkurier-TV das Konstanzer Oktoberfest beleuchten. Anlass genug also, für diese investigative Maßnahme 2,99 Euro extra zu verlangen. Südkurier-Geschäftsführer Rainer Wiesner hirnt schon, wie das den LeserInnen verkauft werden soll. Wie ich aus sicherer Quelle erfahren durfte, werden die LokalredakteurInnen bereits gecastet. Phillip „Wurzensepp“ Zieger, Michael „Roiderjackl“ Lünstroth, Kirsten „Geierwally“ Schlüter und Aurelia „Almdudler“ Scherrer waren bereits bei der Kleiderprobe, denn während der Festzeit sind Dirndl und Lederhosen für Südkuriermitarbeiter Pflicht. Lokalchef Jörg-Peter „Mühlhiasl“ Rau wird wahrscheinlich wieder die Moderation übernehmen. Bei der letzten Redaktionskonferenz soll Chefredakteur Stefan Lutz angeregt haben, für besonders eifrige Redakteure zusätzlich Schuhplattler- und Jodelkurse anzubieten, die Kollege Roland „Freischütz“ Wallisch organisiert. Sie sehen also, für Gaudi ist bestens gesorgt.
Darauf freut sich jetzt schon ganz narrisch
Ihr Kuno Schelmle
Anmerkung der Redaktion: Lieber Kuno Schelmle – Da Sie momentan nicht zu erreichen sind, folgende Erklärung. Ihr Kochrezept für eine angeblich schmackhafte Schildkrötensuppe müssen wir empört und betroffen ablehnen. Anlässlich der vermutlich tragischen Ereignisse um die Konstanzer Schildkröte „Rheini“ wäre ein Abdruck Ihres Textes völlig verantwortungslos. Was passieren kann, wenn sich ein roher Geselle wie Sie an einer wehrlosen Schildkröte vergreift, erfahren Sie hier:
Es ist alles ein trauriger Witz und äusserst uverständlich in KN. Was alles in den letzten Jahren passiert ist, könnte eine satirische Humoreske als Theaterstück in Konstanz aufgeführt werden. Wir haben ja bereits so natürliche realistische Theaterstücke. Da passen Konsorten wie die Herren Boldt und Werner usw. gut hin. Wenn in Zukunft keine Vernunft eintritt, sehe ich schwarz für die Bürger von KN, die sich selbst nicht nachdrücklich gegen Verschwendung wehren. Was nützt alle Mühe, wenn doch nichts passiert, wie nur Unsinn.
Wie und was? Die schön gemalten grünen Streifen auf der Begegnungszone – eine prima Idee, nebenbei gesagt – dienen nicht etwa uns, wenn wir nach ein paar Schoppen Wein den Weg nach Hause finden wollen? Und stehen da tatsächlich Polizisten herum, die uns zum Stramm-Geradeaus-Gehen ermahnen? Schade! Dabei sind die Schleifen doch das Beste an der Begegnungszone, nicht nur spät nachts.
Denn sie passen, direkt vor dem Bahnhof platziert, auch ziemlich gut zur aktuellen Politik der Deutschen Bahn AG mit ihren Kehrtwendungen, ihren Täuschungen (siehe Stuttgart 21) und ihrem verkehrspolitischen Irrgarten. So gesehen haben Sie, lieber Herr Kuno, die Sache noch nicht so recht verstanden: Sie denken zu lokal! Bürgermeister Werner denkt weiter: Er hat damit auch der DB ein Denkmal setzen wollen. Eins, das ihr gewidmet ist.