KZ-Friedhof Birnau, 13. Mai, 16 Uhr
Bei dieser Gedenkfeier geht es nicht nur um Gedenken. Wie alljährlich rund um den Jahrestag der Befreiung vom Faschismus wird auch 2017 die Feier auf dem KZ-Friedhof Birnau zu einer Abrechnung mit rechten Umtrieben heutzutage führen. Dafür spricht schon der Hauptredner am kommenden Samstag: Richard Detje (Foto) ist Lektor im VSA-Verlag sowie Redakteur der Zeitschrift „Sozialismus“ und schreibt regelmäßig gegen Populismus und Rechtsextremismus an.
Zur Geschichte des KZ-Friedhofs: Die Rüstungsbetriebe Luftschiffbau Zeppelin, Dornier, Maybach und Zahnradfabrik in Friedrichshafen waren 1944 mehrfach Angriffsziel alliierter Bomber. Ein besonders schwerer Luftangriff am 28. April 1944 zerstörte über 70 % der Stadt. Um die Rüstungsproduktion der Friedrichshafener Firmen bombengesichert unterzubringen, sollte diese nach Überlingen-Goldbach in eine unterirdische Stollenanlage verlagert werden.
Die Bauarbeiten unter der Bauleitung von Siemens Bau GmbH begannen im Juni 1944 unter dem Decknamen „Magnesit“ und sollten nach 100 Tagen abgeschlossen sein. Bis zu 800 Häftlinge aus dem KZ Dachau, überwiegend Italiener, waren im Vernichtungslager Überlingen-Aufkirch unter unmenschlichen Bedingungen zusammengepfercht und mussten täglich in jeweils 12-Stunden- Schichten Zwangsarbeit leisten. Der Stollenaushub wurde in den nahen Bodensee geschüttet. Auf dieser Aufschüttung siedelt heute der Campingplatz Überlingen.
Die Schikanen der SS-Bewachung, die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Stollenanlage, die mangelhafte Verpflegung und die katastrophalen hygienischen Lebensbedingungen führten zu zahlreichen Todesfällen. Anfangs wurden noch ca. 70 Tote zur Einäscherung in das Krematorium Konstanz gebracht. Als es aber an der Kohleversorgung mangelte, verscharrte die SS etwa 97 Tote unbekleidet in einem Massengrab im „Degenhardter Wäldchen“.
Die französische Militärbehörde erfuhr durch Antifaschisten davon, ordnete Ende 1945/Anfang 1946 die Öffnung des Massengrabs an und verlangte die Umbettung der Leichen auf einen Gedenkfriedhof. Die Stadtverwaltung Überlingen versuchte sich erst, dieser Anordnung zu widersetzen und machte als Grund gesundheitliche Gefahren für die Ausführenden geltend. . Schließlich mussten belastete Nationalsozialisten die Ausgrabung vornehmen.
Am 9. April 1946 fand die Umbettung der Leichen aus dem Massengrab auf den Gedenkfriedhof Birnau statt. Vorher wurden die sterblichen Überreste in Särge gelegt und in der mit Trauerflor geschmückten Stadt Überlingen öffentlich aufgebahrt. Die Bevölkerung war aufgefordert, an dieser Trauerfeier teilzunehmen und an den Särgen entlangzugehen. Der Stadt Überlingen wurde nach weiteren Auseinandersetzungen die Instandhaltung und Pflege des KZ-Friedhofs übertragen.
Seitdem findet alljährlich eine Gedenkfeier (dieses Jahr verantwortet von: VVN-BdA; Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz; DGB; IG Metall; ver.di; Keine Waffen vom Bodensee e.V.; Friedensregion Bodensee; Club Vaudeville e.V.; Kulturkiste Überlingen e.V.; pax christi, Ravensburg/Lindau; Initiative gegen Rassismus, Westallgäu; Reactor Kempten) statt.
hpk