Landrat Hämmerle droht mit der juristischen Keule
Die seemoz-Redaktion hat Post vom Landrat Frank Hämmerle bekommen, zweimal sogar. In beiden Briefen geht es um unseren Artikel vom 23. Januar, in dem wir über die erste von zwei Abschiebungen aus der Konstanzer Steinstraße berichten. Ultimativ fordert Hämmerle eine Korrektur dieses Artikel – „sofern dies nicht unverzüglich, spätestens bis 15. Februar 2014 erfolgt, werden wir rechtliche Schritte einleiten“
Von Anfang an: Exklusiv berichtete seemoz am 23.1. von der Nacht- und Nebelaktion der Konstanzer Polizei, die einen jungen algerischen Asylbewerber zur Abschiebung aus dem Bett holte (s. link unten). Wie Augenzeugen berichteten, wurde den Beamten die Tür aufgeschlossen. Gegen diese Passage protestiert der Landrat: „Die im Artikel namentlich genannte und bei der Abschiebung angeblich beteiligte Mitarbeiterin war nicht anwesend und kann demgemäß auch nicht – wie geschildert – an der Abschiebung mitgewirkt haben“.
Auf dieses Schreiben vom 7.2., in dem Hämmerle zudem jegliche Beteiligung des Landratsamtes an jedweden Abschiebungen bestreitet und sich vor seine MitarbeiterInnen stellt, haben wir ebenso freundlich geantwortet und eine Korrektur in Aussicht gestellt: „ Allerdings stellt sich nicht nur uns, sondern sicherlich auch unseren Lesern die Frage, wie denn dann die Polizeibeamten in das Haus in der Steinstraße gelangt sind. Womöglich mit einem eigenen Schlüssel? Sobald Sie diesen Sachverhalt aufgeklärt haben, werden wir die Klarstellung auf seemoz vornehmen.“
Diesen Sachverhalt hat der Landrat auch in seinem zweiten Brief nicht aufgeklärt. Vielmehr betont er, dass „das Landratsamt sich hierzu aus behördeninternen Gründen nicht äußern“ kann. Und dann kommt die juristische Keule mit der Androhung „rechtlicher Schritte“.
Die Redaktion hat daraufhin gestern die zwei fraglichen Passagen gestrichen. Wir wissen aus Auseinandersetzungen dieser Art aus früheren, anderen Fällen, dass schon die Anwaltskosten vor einer gerichtlichen Klärung unser Budget bei weitem überschreiten. Aber wir wissen auch, dass die Streichung der beiden Textstellen am politischen Wahrheitsgehalt der Meldung nichts ändert: Der Skandal um die nächtliche Aktion, aber auch um die unsägliche Abschiebepraxis an sich, gehört angeprangert. Und das wird seemoz auch weiterhin leisten.
Autor: hpk
Sich hinter „behördeninternen Gründen“ zu verstecken, ist eine beliebte Methode, moralisch grenzwertige oder sogar unrechtmäßige Vorgehensweisen zu verschleiern, über die der Bürger nichts wissen soll.
Aus anderen Fällen z.B. in Bayern ist ja inzwischen bekannt, dass Asylanten von den Behörden als Spitzel angeworben werden, um mit diesen bei der Suche nach „Illegalen“ zusammen zu arbeiten. Als Belohnung gibt’s für die „kooperativen“ Asylbewerber, die oft selbst in einer prekären Lage, und somit leicht erpressbar sind, dann eine saubere Aufenthaltsgenehmigung.
Das muss in diesem Fall natürlich nicht so gewesen sein, aber mit dieser Geheimniskrämerei bringt man sich in Verdacht.
Anstatt den Sachverhalt zu klären, schüchtert man die kritische Presse mit der Androhung „rechtlicher Schritte“ ein. Und das funktioniert in diesem Fall natürlich hervorragend, weil man in jeder Hinsicht am längeren Hebel sitzt.