Lenks Päpstlein kehrt nach Konstanz zurück
Knapp vier Jahre ist es her, als eine grün-schwarze Schar heuchlerischer Bedenkenträger dafür sorgte, dass Peter Lenks Päpstlein aus dem Bahnhof gezerrt wurde und auf dem Wertstoffhof landete. Ganz Deutschland lachte damals über diese Provinzposse vom Bodensee. Nun aber zieht die beliebte Skulptur wieder in die Konstanzer Innenstadt ein und kann ab Mittwoch in einem Schaufenster in der Rosgartenstraße ausgiebig und unbehelligt bewundert werden
Der Künstler Peter Lenk hatte 2010 dem Drängen der Tourist Information nachgegeben und einen Abguss des Päpstleins, dessen Original im Hafen friedlich auf dem Händchen der Imperia sitzt, in der Mobilitätszentrale des Konstanzer Bahnhofs aufgestellt (s. Foto mit Tourist-Informationschef Henneberger). Schnell wurde die ulkige Figur zur Touristenattraktion, und Besucher kamen sogar von weit her, um den päpstlichen Gnom zu fotografieren und sich an ihm zu erfreuen.
Doch schnell meldeten sich konservative Glaubenswächter aus Stuttgarter CDU-Kreisen per Bildzeitung zu Wort und behaupteten, die papstähnliche Figur würde „religiöse Gefühle“ verletzen. Daraufhin entschied der Aufsichtsrat der Tourist Information Konstanz, das Päpstlein wieder zu entsorgen. Dafür waren: Heinrich Fuchs (CDU), Anselm Venedey (FWK), Tatjana Wolf (FDP), Charlotte Dreßen (FGL) und auch der damalige grüne Oberbürgermeister Horst Frank. Nur Brigitte Leipold (SPD) sprach sich im Laufe der hochnotpeinlichen Debatte für den Verbleib der Skulptur aus. Der Vorgang ging durch die Presse und auch ausländische Medien berichteten ausführlich über die Kunstbanausen aus dem tiefen Süden der Republik.
Klammheimlich wurde das Päpstlein in den Konstanzer Wertstoffhof verschleppt und in einem Container zwischengelagert. Das brachte den österreichischen Aktionskünstler Johan Maden auf den Plan und er organisierte eine Ausstellung mit Lenks Werken im steirischen Städtchen Weiz. Das Päpstlein als Hauptfigur wurde auf einem offenen Tieflader von Konstanz nach Österreich gefahren und sorgte bei Zwischenstationen in vielen Städten für wahre Volksaufläufe. Die Ausstellung im Weizer Kunstmuseum war ein großer Erfolg und das Gelächter über die Kultur-Talibane vom Bodensee brandete erneut auf.
Kürzlich kamen die Betreiber eines Schmuckladens in der Rosgartenstraße auf die Idee, dem Päpstlein einen attraktiven Platz in ihrem Schaufenster anzubieten. Peter Lenk sagte zu und ab Mittwoch begrüßt eine 1:1-Abbildung des Originals für rund drei Monate die Passanten. Auch König Sigismund, der erst nach dem Konstanzer Konzil zum Kaiser gekrönt wurde, wird neben dem päpstlichen Gnom sitzen. Im Inneren des Ladens werden weitere Lenk-Figuren zu sehen sein, darunter auch der grüne „Wendebauch“ Joschka Fischer.
Man darf gespannt sein, ob sich die Skulpturenstürmer aus dem Jahre 2010 noch einmal zusammenrotten, wieder über verletzte religiöse Gefühle schwadronieren und sich erneut um einen Spitzenplatz in der bundesweiten Peinlichkeitstabelle bemühen. Der Schmuckhändler wird sich jedenfalls darauf einstellen müssen, dass zumindest sein Schaufenster rund um die Uhr für Aufsehen sorgt und sich zigtausende aus nah und fern an ihm die Nasen platt drücken. Aber das war wohl auch von Anfang an die Absicht des kulturellen Werbegags.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: Holger Reile
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