Lesermeinung: Mit aller Macht ein KKH?
Die KKH-Befürworter sind der Überzeugung, dass Konstanz dieses Haus braucht. Angeblich schaffe es Arbeitsplätze und sei eine nötige Investition für die Zukunft. Gegner des Projekts auf Klein-Venedig haben da ihre Zweifel und warnen vor einer „Goldkiste auf der Stadtmiste“
„Nachdem Singen, Radolfzell, Kreuzlingen u.a. Städte „Kunsthallen“ errichtet haben, will nun endlich auch Konstanz eine haben. Auf Teufel komm raus! Seit 100 Jahren aber wird schon diskutiert und vor einigen Jahren verschwanden sogar weit bessere Alternativen in den Tiefen von Amts-Schubladen. Heute peitscht man für teures Geld blind- und bauwütig den Platz auf Klein-Venedig durch und redet uns ein „Jetzt oder nie!“ Als Künstler müsste ich eigentlich dafür sein, obwohl ich in keiner Zeile gelesen habe, dass in dieser „Goldkiste auf der Stadtmiste“ auch Platz für bildende Künstler vorgesehen ist. Meine Meinung: Entschieden zu spät! Viel zu teuer! Viel zu viel Ungeklärtes. Und das Ganze am schlechtesten Platz überhaupt.
Aber wir wollen zur Ankurbelung von Wirtschaft und Zukunft ja auch noch Kongresse und ein entsprechendes Hotel dazu. Dabei praktizieren heute immer mehr internationale Konzerne
Konferenzschaltungen und der kostenintensive Kongressmarkt stagniert.
Apropos: Hotel. Wie fühlt sich ein kultivierter, verwöhnter, anspruchsvoller, betuchter Gast, wenn er von der rechten Seite des Hotels auf das riesige, blaue Dach der Bodensee-Arena und auf belebte Gleise schaut? Oder in seinem Rücken ein riesiges Parkhaus die Sicht versperrt? Oder an der linken Seite das architektonische Prunkstück „Lago“, div Gleisanlagen des Bahnhofgeländes und ein goldenes, aber riesiges Konzerthaus den Blick begrenzen? Abgesehen davon, dass in diesem Konzerthaus an jedem 2. und 3. Abend Trubel herrschen soll. Und der rege Verkehr des Auf- und Abbaus der Veranstaltungen. Von wegen Wirtschaftsfaktor. Und dann der herrliche Blick auf den See. Falls nicht gerade durchZirkus- oder andere Zelte versperrt. Wenn der Duft aus div. Tiergehegen sensible Kongress-Nasen verwöhnt oder elektronisch verstärkte Volksmusik und bierseliges Grölen den Schlaf versüßen. Ganz zu schweigen vom kostenlosen TV-Programm beim Public-Viewing. Kann der Gast eigentlich vor ìs Hotel fahren? Muss er seine Koffer abgeben und dann ins Parkhaus kurven? Findet er (von Konzertbesuchern besetzt) auch einen Platz? Trabt er dann durch Wind und Wetter zurück zur Herberge? Was machen er und besonders sie (und umgekehrt) in Sachen niveauvoller Unterhaltung oder gewohnt- verwöhnter Freizeitgestaltung? Gehen sie im Lago shoppen oder in den vielen Billigläden der Altstadt.
Präferieren sie unsere extrem hochstehende Gastronomie? Ergötzen sie sich an den Architektursünden der letzten Jahre? Oder an unseren kulturellen, großstädtischen Highlights?
Wir sind nicht Zürichs Bahnhofstraße, haben nicht das Niveau von Davos und St. Moritz, die Lebendigkeit von Berlin oder den Charme und das Flair von…Zermatt, mit seinen internationalen Kreativ-Tagen.
Aber wir wollen unbedingt mit den großen Hunden Pinkeln gehen und mit aller Macht ein Konzert- und Kongresshaus. Koste es was es wolle! Jetzt oder…? Basta! Können wir eigentlich das Beinchen heben?
Oddr?“
AutorIn: P. Zahrt