„Liebe ist Lernsache“
Anlass ist die homophobe Online-Petition des Calwer Lehrers Gabriel Stängle „Zukunft – Verantwortung – Lernen: Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“. Ein Konstanzer Bündnis widerspricht der Attacke gegen eine Ergänzung des offiziellen baden- württembergischen Lehrplans und ruft zur Veranstaltung auf der Konstanzer Marktstätte auf: Der Aufruf im Wortlaut:
Am Samstag, 25.1., rufen wir, ein Konstanzer Aktionsbündnis gegen Homo-, Bi-, Transphobie und Sexismus, zu einer Kundgebung zwischen 12 und 15 Uhr auf der Marktstätte auf. Gegenstand unserer Aktion ist unser Widerspruch zur Online-Petition „Zukunft – Verantwortung – Lernen: Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“. Der neue Lehrplan des Kultusministeriums Baden-Württemberg sieht ab 2015 die Vermittlung von sexueller Vielfalt im Unterricht vor. Die Online-Petition des Calwer Lehrers Gabriel Stängle bedient sich absurdester Argumentationsmuster. Sie erhebt den Vorwurf, dass der Lehrplan „negative Begleiterscheinungen eines LSBTTIQ-Lebensstils“(lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queer) ausblende.
Aufgezählt werden etwa „höhere Suizidgefährdung unter homosexuellen Jugendlichen, die erhöhte Anfälligkeit für Alkohol und Drogen, die auffällig hohe HIV-Infektionsrate bei homosexuellen Männern“. Was der Petent Stängle dabei allerdings verschweigt: „Schwul“ gehört nach wie vor zu den am häufigsten verwendeten Schimpfwörtern auf deutschen Schulhöfen, homophobe Verhaltensmuster sind Alltag. Ein Coming-Out ist immer noch mit dem Druck verbunden, Mobbing-Opfer zu werden, „nicht normal“, eben „ein Weichei“ zu sein. Stängle verschweigt auch, dass der offene Umgang mit dem Thema Sexualität Menschen dazu ermutigt, sich mit ihren Problemen vertrauensvoll und ohne Ängste an Mitmenschen zu wenden.
Als besonders dreist stufen wir jedoch die Behauptung ein, es gehe um die „Umerziehung von Kindern“ hin zu einem LSBTTIQ-Lebensstil. Diese Behauptung weisen wir entschieden zurück. Menschen werden als das geboren, was sie sind. Sie sollen lediglich in Ruhe lernen dürfen, selbst zu verstehen, was sie sind. Wie Unterzeichner_innenkommentare von Stängles Petition zeigen, ist dies wohl immer noch nicht in allen Elternhäusern möglich. Um nicht mehr und nicht weniger geht es in diesem Teilaspekt des neuen Lehrplan. Die Petition Stängles wird vor allem von rechten Gruppierungen (etwa PI-News) bis hin zu religiösen Fundamentalist_innen unterstützt. Sie erhebt den Vorwurf des Missbrauchs der Schule als Bühne für die „Ideologie des Regenbogens“. Dem halten wir entgegen: Seit jeher nutz(t)en religiöse und andere Interessensgruppierungen Schule zur Verbreitung ihrer eigenen Weltanschauung. Uns geht es allerdings nicht um eine „Ideologie“ oder „Weltanschauung“. Uns geht es um das Vermitteln von Toleranz und Vielfalt und uns ist bewusst, dass es jenseits der offiziellen Positionierung der Kirchen auch viele Gläubige gibt, die dies genauso sehen.
Es geht mitnichten, wie behauptet wird, um die „Überbetonung“ eines Themas, vielmehr geht es wohl eher darum, dass der Lehrplan am Weltbild von Interessensgruppen kratzt, welche sich nichts anderes als die „klassische“, nahezu Disney-klischeebeladene Männlein-Weiblein-zwei-Personen-Paarbeziehung-bis-ans-Ende-aller-Tage vorstellen können. Wir sagen: Es gibt mehr als nur diese Form zu Lieben, und frei nach Wowereit: „Das ist auch gut so!“
Die Vermittlung queerer Lebens- und Liebesmodelle im Unterricht ist längst überfällig. Ein selbstbestimmtes Leben heißt auch, selbstbestimmt zu lieben. Niemand wird „umerzogen“, weil er/sie informiert ist. Jedoch wollen wir, dass Menschen die Möglichkeit haben, sich neue Perspektiven selbst erschließen – gerade im Umgang mit ihren Mitmenschen. Daher soll unser Samstag unter dem Motto „Liebe ist Lernsache“ begangen werden. Wir rufen dazu auf, sich im Sinne einer aufgeklärteren Gesellschaft offen mit dem Thema LSBTTIQ auseinanderzusetzen, sich entschieden gegen Homo-, Transphobie und Sexismus zu stellen und die Gegenpetition zu „Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“ (URL: https://www.openpetition.de/petition/online/gegenpetition-zu-kein-bildungsplan-2015-unter-der-ideologie-des-regenbogens ) zu unterstützen.
Die Aktion wird getragen von:
Linksjugend[’solid] Ortsgruppe Konstanz
Terre des Femmes Hochschulgruppe Uni Konstanz
Jusos Konstanz
Kreisverband DIE.LINKE Konstanz
CSD am See Konstanz + Kreuzlingen
Referat Lehramt des AStA der Universität Konstanz
Grüne Hochschulgruppe Konstanz
Juso Hochschulgruppe
Autor: PM/hpk