Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dass es dieses Jahr in Konstanz keine 1.-Mai-Veranstaltung gab, ist ein Skandal. Und ein fatales Signal an alle, die ausgegrenzt werden, von ihrer Erwerbsarbeit nicht mehr leben können, für längst notwendige Lohnerhöhungen einstehen wollen oder sich auf vielfältige Weise der gesellschaftlichen Entsolidarisierung und der fortlaufenden Umverteilung des erarbeiteten Reichtums von unten nach oben widersetzen
Fatal ist auch das Signal, das dadurch die Konstanzer Unternehmen beziehungsweise die hiesigen ManagerInnen größerer Firmen erreichte: Die Gewerkschaften schaffen es nicht einmal mehr, eine 1.-Mai-Feier auf die Beine zu stellen. Was sollten die dann sonst hinkriegen?
Dabei hätte es viele Themen gegeben, die wir hätten ansprechen können und müssen. Den laufenden Arbeitsplatzabbau vor Ort zum Beispiel. Die aktuellen Auseinandersetzungen. Die zunehmende Fremdenfeindlichkeit. Der Kampf um einen vernünftigen Mindestlohn (über die 8.50 Euro hinaus). Die fortdauernde Diskriminierung der Frauen. Den bevorstehenden Kampf im Einzelhandel. Die Prekarisierung der Lebensverhältnisse. Die bevorstehende Kommunalwahl. Auch wenn die bisherigen DGB-Veranstaltungen am 1. Mai meist arg betulich ausfielen und die RednerInnen allzu oft die – vom Kapital längst aufgekündigte – Sozialpartnerschaft lobten: Eine Gelegenheit zur Vernetzung bot der Konstanzer 1. Mai dann doch. Und er war zumindest ein Signal: Uns gibt es immer noch. Gibt es uns jetzt nicht mehr?
Eine solche Niederlage – und das war es nach unserem Empfinden – darf sich nicht wiederholen. Wenn die Organisationen (DGB, ver.di etc.) aus welchen Gründen auch immer nicht mehr in der Lage sind, in Konstanz ein 1.-Mai-Treffen zu organisieren, dann müssen eben wir Mitglieder das tun. Denn wir sind die Gewerkschaft. Und nicht Michael Sommer oder wie die Figuren da oben heißen.
Wir schlagen vor, dass sich alle, die sich für einen Neuen 1.Mai in Konstanz engagieren wollen, noch in diesem Monat (oder spätestens im Juni) treffen, um den 1. Mai 2014 vorzubereiten. Ohne standardisierte DGB-Reden. Ohne Hüpfburg. Ohne Bierbänke. Und vielleicht auch nicht mehr abseits der Öffentlichkeit im Stadtgarten. Sondern eventuell zu einer (kleinen) Demo durch die Stadt mit einem Treffen auf der Marktstätte (oder auf dem Obermarkt). Und mit Reden von Leuten, die was zu sagen haben. Mit Prominenten (jetzt könnten wir sie noch dafür gewinnen, die sind noch nicht ausgebucht), mit AktivistInnen in den Betrieben vor Ort, mit VertreterInnen zivilgesellschaftlicher Organisationen, mit MigrantInnen, etc.
Könnten wir Dich für ein solches Vorhaben gewinnen? Dann wären wir für eine kurze Rückmeldung dankbar.
Mit solidarischen Grüßen
die seemoz-Redaktion
Eigeninitiative tut not, denn der DGB ist politisch nur noch eine Hülle, die ab und an von den Einzelgewerkschaften, wenn diese es für notwendig erachten, aufgeblasen wird. Einheitsgwerkschaft, und wenn Dein starker Arm es will, stehen alle Räder still? Seit 1949 eine Illusion, denn die seinerzeit 16 Einzelgewerkschaften haben ihr individuelles Süppchen gekocht und den DGB als 5. Rad am Vehikel „Sozialpartnerschaft“ geduldet. Statt politische, betriebswirtschaftliche Verschlankung – der DGB hat sich aus der Fläche zurückgezogen und die Einzelgewerkschaften folgen. Das Konstanzer Gewerkschaftshaus stand zum Verkauf, konnte Marx sei Dank abgwendet werden. Aber nur unter marktwirtschaftlichen Regie – vermietet wurde an Nutzer, die sich mit dem gewerkschaftlichen Solidargedanken den Arsch abwischen. Also Eigeninitiative aller Kräfte, die sich gegen Sozialabbau, Ausplünderung der Umwelt stemmen? Wäre toll, wenn der Kampftag der Arbeit wieder erweckt würde!!!
Hendrik Riemer
Liebe Kollegen, wenn ich auch nicht gewerkschaftlich orientiert bin, bin ich doch bereit zu helfen. Mit solidarischen Grüßen
Dennis Riehle
Wie wäre es stattdessen mit einem Tag des Einkommens? Die Gewerkschaften verlieren deswegen ihre Kraft, weil es in unserer hochindustrialisierten Gesellschaft (zum Glück?) nicht mehr genügend (sozialversicherungspflichtige, weisungsgebundene, vollzeitige Erwerbs-)Arbeit für alle gibt.
Gemeinnützige Arbeit, aus der man kein verkaufbares Produkt machen kann, liegt natürlich massenhaft unerledigt vor den Füßen.
Dafür bin ich auf jeden Fall zu haben!