Lindau: Feige Tarifflucht und vehemente Gegenwehr
Etwa 70 Kolleginnen und Kollegen aus Verwaltung und Produktion der rund 180-köpfigen Belegschaft des Lindauer Werkes von Engie-Refrigeration traten gestern, 6. Juni, zu Beginn der Normalschicht in einen dreistündigen Warnstreik.Sie trafen sich vor dem Werkstor, um zusammen zum Hotel Kaiserstrand im fünf Kilometer entfernten Lochau bei Bregenz zu fahren und dort zu demonstrieren.
Im Hotel wartete ab 9 Uhr das Konzernmanagement, um mit einer sechsköpfigen Belegschaftsvertretung aus Betriebsrat, Gewerkschaftsspitze der IG-Metall Allgäu und einfachen Gewerkschaftsmitgliedern über die von Betriebsrat und Gewerkschaft geforderte Rückkehr des Engie-Konzerns in die gültigen Lohn- und Rahmentarifverträge zu verhandeln – betroffen sind immerhin rund 3000 Beschäftigte bundesweit. Der Kältemaschinenhersteller Engie mit Sitz im bayerischen Bodenseestädtchen Lindau ist Bestandteil des weltweit operierenden, französischen Suez-Konzerns und dessen Tochter Cofely.
Anfang März 2018 hatte die Geschäftsleitung erklärt, sie sei nun aus der Bindung der gültigen bayerischen Metallindustrie-Tarifverträge ausgetreten, da das Ergebnis der gerade abgeschlossenen Metall-Lohntarifrunde für die Firma zu teuer sei. Wenig später erfuhr der Betriebsrat, dass das Management bereits im November 2017 aus jenem Teil des bayerischen Metallarbeitgeber-Verbandes ausgetreten war, der zur Einhaltung der Tarifverträge verpflichtet ist.
Die Belegschaft protestiert seit dem 1. Mai 2018 öffentlich gegen die Pläne der Firmenleitung, beispielsweise die wöchentliche Arbeitszeit ohne Lohnausgleich auf 40 Stunden heraufzusetzen, den Samstag zum Regelarbeitstag ohne Lohnzuschläge zu erklären, den Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer, wie er im Rahmentarifvertrag geregelt ist, ersatzlos zu streichen und die Entgelttabellen für Neueinsteiger um bis zu 20 Prozent herabzusetzen sowie für die Kolleginnen und Kollegen in den „neuen“ Bundesländern nochmals zusätzlich zu reduzieren.
Für den heutigen Donnerstag, 7. Juni, ist in Lindau eine Konzern-Betriebsversammlung angesetzt, auf welcher über die Verhandlungsergebnisse informiert werden soll. Anschließend werden Kolleginnen und Kollegen den Betrieb verlassen und die benachbarte „Bahlsenbrücke“ über der Autobahnauffahrt besuchen.
Karl Schweizer