Linke: Antje Behler in den Landtag

Am Mittwochabend hat die Konstanzer Linke im Konzil ihre Kandidatin für die Land­tags­wahl am 14. März 2021 benannt. Antje Behler wird sich ab sofort im Wahlkampf (und vielleicht später auch im derzeit sehr männerlastigen Landtag) für ein soziales und klimabewusstes Baden-Württemberg als echtes Musterländle einsetzen. Sie kritisierte in ihrer Bewerbungsrede besonders die Bildungs- und Wohnungsbaupolitik der derzeit in Stuttgart mitregierenden Grünen als sozial unausgewogen.

Die Schwerpunkte einer linken Landespolitik, die vor der Landtagswahl 2021 im Mittelpunkt des Wahlkampfes stehen werden, umriss Jürgen Geiger als eines der Mitglieder des Kreisvorstands: Baden-Württemberg habe als reiches Bundesland zwar alle Chancen, sich etwa in Sachen Klima und ÖPNV als Vorbild zu profilieren, es hinke unter dem Grünen-Ministerpräsidenten Kretschmann bei der Entwicklung klima- und menschenfreundlicher Systeme aber deutlich hinterher. Kein Wunder, wo sich doch die grün-schwarze Landesregierung vor allem als Sachwalterin der Interessen hiesiger Autokonzerne begreife.

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Ökologisch-soziale Grundsätze

Die Linke, die seit ihrer Gründung im traditionell konservativen Baden-Württemberg noch nie im Landtag vertreten war, müsse dort aus mehreren Gründen einziehen: Erstens trete sie konsequent für den sozialen und ökologischen Wandel ein, indem sie etwa seit Langem einen kostenlosen ÖPNV oder zumindest ein 365-Euro-Ticket fordere. Zweitens zeige der aktuelle Mietspiegel, dass gerade der Konstanzer Wohnungsmarkt mit mehr als 10 Prozent Mietsteigerung in drei Jahren eine Katastrophe sei. Als dritten Grund nannte er die Migrationspolitik und erinnerte an den Plan des Innenministeriums in Stuttgart, den seit vielen Jahren in Konstanz lebenden Harrison Ejike Chukwu abzuschieben – und das alles unter einem grünen Ministerpräsidenten. Sein Fazit: Die Linke muss im nächsten Jahr in den Landtag einziehen, damit dort endlich eine Opposition sitzt, die diesen Namen auch verdient.

Seine Partei baut laut Jürgen Geiger in ganz Baden-Württemberg sehr bewusst auf möglichst viele Frauen in sämtlichen politischen Organen, da hierzulande bisher trotz aller Lippenbekenntnisse immer noch rund 75 Prozent der Landtagsabgeordneten männlich sind, womit BaWü bei der letzten Landtagswahl den geringsten Frauenanteil in ganz Deutschland aufwies. (Die Landeszentrale für politische Bildung konstatiert dazu übrigens: „Der baden-württembergische Landtag ist das einzige deutsche Landesparlament, in dem noch nie ein Anteil von wenigstens 30% weiblichen Abgeordneten erreicht wurde.“)

In Konstanz stellten sich am Mittwoch mit Antje Behler und ihrer Ersatzkandidatin Sibylle Röth gleich zwei junge Frauen zur Wahl, die bereits seit ihrer Jugend politisch kontinuierlich engagiert sind und sich beide als gewählte VertreterInnen der Linken im Konstanzer Kreistag ihre politischen Sporen verdienen.

Bildungsgerechtigkeit als Zukunftssicherung

Antje Behler gab sich in ihrer Vorstellungsrede selbstbewusst. Die 24-Jährige studiert an der Uni Deutsch und Französisch auf Lehramt und hob die Bildungspolitik als einen ihrer Arbeitsschwerpunkte hervor. Gerade Corona habe einmal mehr gezeigt, wie weit das Land von Bildungsgerechtigkeit entfernt sei. Es gebe bis heute keine digitalen Lernmittel wie Tablets auf Staatskosten für alle, wie dies etwa bei Schulbüchern selbstverständlich sei, dabei müsse eine für Arm wie Reich gleichwertige Ausstattung eine Selbstverständlichkeit sein. So aber müssten Kinder aus ärmeren Schichten oft denselben Rechner benutzen wie ihre Eltern, die an den Geräten teils im Homeoffice tätig seien, und Kindern, deren Eltern keinen Rechner besitzen oder die kein eigenes Zimmer haben, sei ein zielgerichtetes Lernen ohnehin kaum möglich. Sie forderte eine Verstärkung der Schulsozialarbeit und eine bessere Inklusion sowie kostenlose Kitas wie in Thüringen und Berlin, wo die Linke mitregiere. „Bildung ist das Zukunftskapital Nummer eins, deshalb muss sie lebenslang kostenlos sein,“ lautet eine von Behlers Kernforderungen.

Wohnen ist anerkanntes Menschenrecht

Auch die Profitmacherei mit Wohnraum lehnte sie nachdrücklich ab. Sie nannte das Vorgehen etwa von Vonovia in der Schwaketenstraße eine bodenlosen Frechheit, denn das Immobilienunternehmen schikaniere seine Mieter und setze dabei auch noch auf ständige Mieterhöhungen, um auf Kosten der Menschen fette Dividenden zu erzielen. Konstanz sei zur Stadt für Gutverdiener geworden, in der sich beispielsweise Pflegerinnen keine Wohnung mehr leisten können. Da sei es letztlich kein Wunder, dass diese Menschen angesichts der schweizerischen Miethöhe dann auch zur Arbeit in die Schweiz abwanderten, um ein Schweizer Gehalt zu verdienen. Dass es auch anders geht, zeige etwa der von der Linken in Berlin mitinitiierte Mietendeckel, der die Mietpreisexplosion erfolgreich gestoppt habe – und dies auch in Stuttgart, Heidelberg oder Konstanz tun könne. Für Antje Behler ist Wohnen ein Menschenrecht, das vor allem durch die Verstärkung des kommunalen Wohnungsbau verwirklicht werden muss. In dieselbe Richtung ging Sibylle Röth, die als Bewerberin für die Ersatzkandidatur eine neue linke Vision von sozialer Gerechtigkeit ins Spiel brachte und an die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich erinnerte.

Beide Kandidatinnen wurden am Ende einstimmig gewählt. Die Linke schickt mit diesen beiden Frauen ein junges, engagiertes Tandem in einen Landtagswahlkampf, von dem sich nur hoffen lässt, dass er nicht pandemiebedingt vor leerem Haus oder gar ausschließlich virtuell stattfindet. Es geht in diesen Zeiten für die wirtschaftlich schlechter gestellte Mehrheit der Menschen um sehr viel – oft sogar um ein bloßes Dach über dem Kopf, ein annähernd menschenwürdiges Minimaleinkommen und die Bildung ihrer Kinder.

O. Pugliese (Foto: Daniel Schröder)