Linke Liste Konstanz mischt sich in den Wahlkampf ein
Die Linke Liste Konstanz (LLK) beteiligt sich nicht mit einem eigenen Kandidaten an den Oberbürgermeister-Wahlen. Trotzdem mischt sie sich in den Wahlkampf ein. Sie hat Wahlprüfsteine erstellt und die Kandidatinnen und Kandidaten aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Schwerpunkte der Prüfsteine sind die Sozial- und Wohnungsbaupolitik, aber auch Fragen der Integration und der Kampf gegen Naziumtriebe.
Die Linke Liste Konstanz (LLK) stellt Wahlprüfsteine für die Oberbürgermeister-Wahlen am 1. Juli vor. Sie richten sich an die Kandidatinnen und Kandidaten und sollen bei der Klärung der Frage helfen, welche Positionen die AnwärterInnen auf den Chef-Sessel im Rathaus in wichtigen Politikfeldern wie zum Beispiel der Sozial-, Wohnungsbau- und Verkehrspolitik einnehmen. seemoz veröffentlicht die aktuelle Pressemitteilung, die an alle Konstanzer Medien und an die OB-KandidatInnen ging, im Wortlaut:
Wahlprüfstein Sozialpolitik
Die LLK fordert eine deutlich andere Akzentuierung der städtischen Sozialpolitik. Zwar hat der scheidende OB, auf Druck nicht zuletzt der LLK, einige zögerliche Anläufe unternommen, das ist für uns aber angesichts der wachsenden Probleme von Menschen mit wenig Geld bei weitem nicht ausreichend. Deshalb messen wir alle Kandidatinnen und Kandidaten daran, ob sie überzeugende Konzepte für eine soziale und solidarische Stadt haben.
Sozialpass verbessern: Wir wollen weitere Verbesserungen beim Sozialpass, z.B. für die Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs, bei dem es bislang nur Ermäßigungen für Einzelfahrscheine gibt. Außerdem ist nicht einzusehen, dass die Teilübernahme von Vereinsbeiträgen nur für Minderjährige gilt. Wir lehnen auch die Einschränkung der Gültigkeit des Passes auf sechs Monate ab, das betrachten wir als Schikane, die bei den Betroffenen ein Gefühl der Demütigung hervorrufen muss. Angemessen wären mindestens ein, besser zwei Jahre.
Unsere Hauptkritik gilt aber den Kriterien für die Anspruchsberechtigung. Bisher sind nur BezieherInnen von ALG II, von Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter, von Wohngeld, von Kinderzuschlag und von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz antragsberechtigt. Diese Einschränkung wird in keiner Weise den sozialen Realitäten gerecht. Auch in Konstanz wächst der Niedriglohnsektor rasant, auch in unserer Stadt sind immer mehr Menschen arm, obwohl sie einem oder mehreren Billiglohnjobs nachgehen müssen. Die LLK fordert, dass sich die Anspruchsberechtigung an den sozialen Realitäten, mindestens aber an der offiziellen Armutsgrenze orientiert und nicht an bürokratischen Zuweisungen, die Elendsverhältnisse zementieren.
Gettobildung entgegenwirken: Die LLK setzt sich dafür ein, Gettobildung entgegenzuwirken. Das Beispiel „Soziale Stadt“ im Berchengebiet hat gezeigt, dass dies möglich ist. Das mit Bundes- und Landesmitteln geförderte Projekt läuft jetzt aus, die Aufgabe bleibt. Für uns ist es ein Kernpunkt kommunaler Daseinsvorsorge, soziale Brennpunkte zu befrieden. Wir erwarten, dass der neue OB dafür sorgt, dass die Stadt Geld in die Hand nimmt, um hier weitere Fortschritte zu ermöglichen. Wir fordern, dass Konzepte dafür erarbeitet und die Mittel deutlich aufgestockt werden.
Sozialen Wohnungsbau fördern: In der Wohnungsbaupolitik verlangt die LLK, dass nach Jahren der Förderung von Wohnraum für Gutbetuchte jetzt auch Konzepte für die Wiederbelebung des Sozialen Wohnungsbaus in öffentlicher Hand erarbeitet werden. Dazu muss die Wobak finanziell deutlich besser ausgestattet werden. Wir schlagen z.B. vor, dass auf dem Döbele-Areal statt dem x-ten Parkhaus (auch verkehrspolitisch ja hochgradiger Unsinn) Sozialwohnungen gebaut werden. Auch können wir uns gut vorstellen, dass im Bereich des Büdingen-Parks Wohnungen für Menschen mit wenig Geld entstehen.
Bezahlbarer Wohnraum: In Konstanz gibt es momentan einen gravierenden Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Darunter leiden Menschen mit niedrigen Einkommen ebenso wie Studierende. Eines der ersten Probleme, mit dem sich die/der neue/r OberbürgermeisterIn beschäftigen muss, wird der enorme Anstieg der Studierendenzahlen in Konstanz sein: Aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge und der Abschaffung von Wehr- und Zivildienst wird davon ausgegangen, dass sich bis Herbst die Zahl von jetzt 14000 auf ungefähr 17000 Studierende steigern wird. Hier bedarf es konkreter Maßnahmen, um die Wohnungsnot vor Ort zu verringern und (nicht nur) den StudentInnen bezahlbaren Wohnraum zu bieten.
Mehr städtische Angebote für Kinder und Jugendliche: Die zunehmende Armut trifft vor allem auch immer mehr Kinder und Jugendliche. Wir fordern für die davon Betroffenen deutlich mehr kommunale Angebote wie Jugend- und Begegnungszentren, Bildungs- und Kultureinrichtungen. Bei Freizeit- und Bildungsmöglichkeiten darf das Einkommen der Eltern keine Rolle spielen.
Dank Landes- und Bundesmitteln hat sich in den letzten Jahren endlich bei den Kitaplätzen und den Schulen endlich etwas getan. Wir setzen uns dafür ein, dass der Ausbau von Kitas und Schulen fortgesetzt wird, auch unabhängig von staatlichen Mitteln. Dabei muss sichergestellt werden, dass sozialverträgliche Regelungen für den Zugang geschaffen werden.
Konzepte gegen Folgen der Altersarmut entwickeln: Der Niedriglohnboom wird auch in Konstanz in den kommenden Jahren zu einer drastischen Zunahme der Altersarmut führen. Deshalb sind auch hier dringend kommunalpolitische Konzepte gefragt. Die Stadt muss Betreuungs- und Pflegeangebote entwickeln, die diesen Menschen unabhängig von ihrem Einkommen ein menschenwürdiges Leben im Alter ermöglichen.
Wahlprüfstein Beschäftigungspolitik
Aufträge nur bei Tariflöhnen: Die Stadt Konstanz hat die Möglichkeit, Maßnahmen gegen den ausufernden Niedriglohnsektor zu ergreifen. Im Jahr 2006 hat das Bundesverfassungsgericht letztinstanzlich entschieden, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge davon abhängig gemacht werden könne, dass die entsprechenden Unternehmen Tariflöhne zahlen. Das muss auch für die Stadt Konstanz gelten.
Keine Leiharbeit: Auch in den Betrieben der Stadt Konstanz gibt es LeiharbeitnehmerInnen und ZeitarbeiterInnen. Die LLK fordert: keine Leih- und Zeitarbeit bei der Stadt Konstanz, in den städtischen Betrieben und GmbHs.
Wirtschaftsförderung: Städtische Wirtschaftsförderungsmaßnahmen sollen außerdem darauf ausgerichtet werden, regionale Wirtschaftskreisläufe zu fördern und zu stärken. Bei öffentlichen Aufträgen sind deshalb regionale Anbieter zu bevorzugen, die klar definierte soziale und ökologische Kriterien erfüllen.
Förderung öffentlicher Beschäftigung: Die Stadt Konstanz muss mehr für den Aufbau eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors tun.
Wahlprüfstein Verkehrspolitik
Die LLK tritt für eine autofreie Stadt ein. Alle Maßnahmen, die kurz- bis langfristig diesem Ziel dienen, werden von ihr unterstützt. Dazu gehören vor allem:
Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs: Aktivere Unterstützung von P+R und Carsharing; Verbilligung der ÖPNV-Tarife bis hin zum kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, finanziert zunächst durch private Sponsoren (z.B. durch den Einzelhandel und womöglich Gastronomie) und später durch die Stadt (wie z.B. in Hasselt); zusätzliche Angebote durch Fahrradverleih für Touristen (s. City-Bike in London, Amsterdam, Hamburg, Brüssel und anderswo).
Verkehrsberuhigung: Flächendeckende Geschwindigkeitsbegrenzungen im Innenstadtbereich, verschärfte Polizeikontrollen der bereits bestehenden Gebote (z.B. Markgrafenstraße und Niederburg), verbunden mit empfindlicheren Bußgeldern (Beispiel: Schweiz). Aktuelle Ideen zur Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Laube, verbunden mit einem sinnvollen, einseitigen Ringverkehr, werden unterstützt. Von der „Begegnungszone“ reden wir mal nicht, von zusätzlichen Parkhäusern auch nicht: Die innerstädtischen Freiflächen, wie. z.B. das Döbele, müssen für Wohnbebauung, nicht für Parkplätze genutzt werden.
Letztlich: City-Maut: Sollten all diese Maßnahmen nicht greifen, was zu befürchten ist, treten wir für eine linksrheinische City-Maut ein, die Ausnahme-Regelungen für Anwohner und den Zulieferverkehr einschließt.
Wahlprüfstein Perspektiven Jugendlicher
Glasverbot: Wir lehnen das Glasverbot am Seerhein strikt ab. Es gibt sinnvollere und nachhaltigere Methoden, um Umweltverschmutzung, Scherben etc. zu verhindern, vor allem da wir fest davon überzeugt sind, dass das Glasverbot lediglich ein Werkzeug zur Verdrängung von Jugendlichen von den „schönen“ Flecken der Stadt zugunsten von Besserverdienenden und Touristen ist.
Zivilklausel: Wir unterstützen weiterhin die Bestrebungen von jungen Leuten an Konstanzer Schulen und der Universität (wo es zwar eine solche Klausel gibt, die Rektor Rüdiger aber vermutlich mit seinem EADS-Kooperationsvertrag unterläuft) für die Durchsetzung einer wirksamen Zivilklausel. Militär, militärische Vereine und Betriebe sowie Rüstungsunternehmen haben unserer Ansicht nach nichts an öffentlichen Bildungseinrichtungen zu suchen und stehen unserer Vorstellung einer friedlichen, selbstbestimmten und zivilen Gesellschaft entgegen. Es interessiert uns, wie die Kandidatinnen und Kandidaten zu diesem Thema stehen, ob sie wirtschaftlichen Interessen an den Schulen strikt Vorrang gewähren würden oder ob sie Vorstellungen zur verbesserten Durchsetzung von Zivilklauseln haben.
Wahlprüfstein Integration
Integration voranbringen: In Konstanz leben rund 10.000 Einwanderer und Einwanderinnen, die nicht im Besitz eines deutschen Passes sind. Insgesamt haben etwa 30% der Konstanzer einen Migrationshintergrund. Viele dieser Menschen können sich bisher nur begrenzt am gesellschaftlichen und kulturellen Leben beteiligen, arbeiten im Niedriglohnbereich und leben in schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen. Diese Menschen müssen mit all ihren Erfahrungen, ihrem Wissen und ihrer Kultur gleichberechtigt am Leben in Konstanz teilnehmen können. Deshalb fordert die LLK den Ausbau von Integrationskonzepten. Dazu zählen vor allem Maßnahmen zur Sprachförderung für alle EinwanderInnen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, sowie Bildungs- und Berufsförderungsmaßnahmen, insbesondere für junge Menschen unter 25 Jahren.
Schutz vor Diskriminierung und Gewalt: Diskriminierung von und Gewalt gegen Menschen mit Migrationshintergrund sind auch in Konstanz traurige Realität. Wir fordern eine Politik gegen Vorurteile und Rassismus aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, nationaler Zugehörigkeit oder weltanschaulicher Überzeugung ein. Dazu ist unserer Meinung nach die Einrichtung einer unabhängigen Antidiskriminierungsstelle nötig.
Lebensbedingungen von Flüchtlingen verbessern: AsylbewerberInnen aus Kriegs- und Krisengebieten werden in Konstanz in einer Gemeinschaftsunterkunft unter erbärmlichen Bedingungen untergebracht. Es stehen pro Person nur 4,5 qm Wohnfläche und gemeinschaftliche Sanitäranlagen und Küchen zur Verfügung. Es gibt keine Rückzugsmöglichkeiten für Jugendliche oder Spielzimmer für Kinder. Das muss sich ändern. Die LLK fordert, dass Flüchtlinge dezentral untergebracht, das System der Lebensmittelmarken abgeschafft und gesetzliche Handlungsspielräume konsequent zugunsten der Betroffenen ausgeschöpft werden.
Wahlprüfstein Kein Raum für Nazis
Beunruhigenderweise ist in letzter Zeit die rechtsradikale Szene in unserer Region erstarkt. Es hat sich u.a. ein NPD-Kreisverband gebildet, die „Jungen Nationaldemokraten“ haben einen „Stützpunkt“ im Kreis eingerichtet und die so genannte freie Kameradschaft „Freikorps Baden“ zeigt Präsenz. In anderen Städten der Bodenseeregion sind diese Kräfte sehr aktiv. Auch in Konstanz versuchen die Neonazis, den Fuß in die Tür zu bekommen. Während der diesjährigen Fasnacht konnten sie, angeblich unerkannt, ihre widerliche Propaganda verbreiten. Dagegen muss schnell und entschlossen gehandelt werden. Wir brauchen eine regionale Kooperation gegen das Treiben des braunen Mobs. Konstanz muss lokale, regionale und überregionale antifaschistische und antirassistische Initiativen kontinuierlich und auch finanziell unterstützen.“
Autor: PM/hpk
Wer sich mal beim Baden im See den Fuß aufgeschnitten hat, was mir immerhin in 5 Jahren schon dreimal passiert ist, ist natürlich für das Glasverbot. Auch liegt immer mehr Müll am Ufer. Vom Hunde- und Menschenkot ganz zu schweigen. Aber ich bin ja nur ein besserverdienender Spießer, dass mich das stört . . . .
Da die Stadt immer mehr von Schweizer Käufern lebt und nicht von eigener Industrie (im Gegensatz zu London) ist eine Citymaut hier ziemlich kontraproduktiv. Irgendwoher muss das Geld ja herkommen, das die Linke ausgeben will . . .
Die Zivilklausel ist natürlich Schwachsinn, weil wir unsere Freiheit verteidigen müssen. Warum soll das verboten werden? Gibt es die Zivilklausel auch im linken Russland?
Was bezahlbaren Wohnraum angeht. Gegen die geographische Insellage kann man letztlich nichts tun. Wie wärs also mit wegziehen?