Linke Liste: „Parallelgemeinderat“ abschaffen
Die Linke Liste Konstanz (LLK) will den sogenannten Ältestenrat des Gemeinderates abschaffen. Einen entsprechenden Antrag stellt die Fraktion für die konstituierende Sitzung des neuen Kommunalparlaments am 4. Juli. Die Ratslinken stören sich an der in Konstanz geübten Handhabung des optionalen Gremiums, das die Stadtspitze in der vergangenen Legislaturperiode zunehmend zum „Parallelgemeinderat“ ausgebaut habe.
[the_ad id=“63034″]
Kommunen in Baden-Württemberg können nach Paragraf 33 a der Gemeindeordnung einen Ältestenrat einrichten. Das Gremium soll demzufolge den Bürgermeister „in Fragen der Tagesordnung und des Gangs der Verhandlungen des Gemeinderats“ beraten. Welche Kompetenzen ihm darüber hinaus zugeschrieben werden, überlässt der Gesetzgeber den Gemeinden.
Die LLK kritisiert, in Konstanz nutze die Stadtspitze diesen Spielraum, um am Gemeinderat vorbei „sachlich-inhaltliche Fragen vor den Sitzungen zu besprechen, Abstimmungsverhalten abzufragen und faktische Festlegungen zu treffen“, wie es in der Antragsbegründung heißt. Damit sei der aus OB und den Fraktionsvorsitzenden gebildete Ältestenrat entgegen seinem eigentlichen „Sinn und Zweck“, Verfahrensfragen zu regeln, zu einer Art „Schattenparlament“ geworden. Für die LLK eine inakzeptable Praxis, die zu Recht in der Öffentlichkeit kritisch gesehen werde: „Hinterzimmer-Demokratie ersetzt legitime Teilhabe an öffentlicher Meinungsbildung nicht“, so die Fraktion.
Der Oberbürgermeister habe zudem das Gremium verschiedentlich missbraucht, um „Einigkeit über die Behandlung von Angelegenheiten in nicht-öffentlicher Sitzung zu erzielen, obwohl die Inhalte gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 GO Baden-Württemberg in öffentlicher Sitzung zu behandeln gewesen wären“. Entwicklungen, die für die Ratslinken im Zusammenhang mit einer „bedenklichen Tendenz des Oberbürgermeisters“ zu sehen sind, „die Funktion des Gemeinderats als Organ öffentlicher Meinungsbildung und Meinungsfindung durch eine zunehmende Zahl nicht-öffentlicher Sitzungen zu beschneiden“. Den Ältestenrat nutzt OB Burchardt der LLK zufolge zugleich als Disziplinierungsinstrument: Die im Gremium getroffenen Vorabsprachen machten es insbesondere Gemeinderätinnen und Gemeinderäten „mit abweichender Meinung“ schwer, ihrer Kontrollfunktion gegenüber der Verwaltung nachzukommen.
[the_ad id=“63853″]
Um dieses Demokratiedefizit zu beseitigen, will die LLK-Fraktion den Ältestenrat nun ersatzlos aus der Geschäftsordnung streichen lassen. Verfahrensfragen könnten problemlos auch in anderen Ausschüssen oder zu Beginn einer Ratssitzung geklärt werden, ist sie überzeugt. Für ihren Vorstoß suchen die Linken im Rat Verbündete: Die anderen Fraktionen hat man vorab unterrichtet – mit der Bitte um Unterstützung.
MM/jüg
@ Merit Stocker:
Die Einrichtung eines Ältestensrats würde ich nicht als unsinnig werten .. Vielmehr wird dieser als Brücke der Verständigung und des Austausches zwischen Gemeinderat und Verwaltung in vielen Kommunen sehr erfolgreich angewandt. Nicht zuletzt ist die Möglichkeit eines solchen Gremiums ja auch in der sog. „Demokratisierungsnovelle“ eingeführt worden und entsprach deutlich dem Willen der Kommunen.
Als Instrument der Bürgerbeteiligung ist er definitiv nicht gedacht und insofern finde ich es auch schwierig diesen Maßstab an ihn anzulegen. Bitte nicht zwei unterschiedliche Dinge miteinander vermischen. Es gibt Bürgerbeteiligung und es gibt das Kontrollorgan Gemeinderat. Das der Gemeinderat uns Bürger*innen an seinem Beratungsprozess teilhaben lassen muss, hat weniger mit Bürgerbeteiligung als mit Demokratieverständnis zu tun. Und da besteht aus meiner Schicht schon ein Unterschied zwischen Bürgerbeteiligung und Transparenz. Da das Gremium auch gar keine Beschlüsse im Namen des Gemeinderats treffen kann sehe ich hier keinerlei Transparenz- oder Demokratieproblem.
Klar, ein „Parallelgemeinderat“ macht wenig Sinn. Aber das muss und kann ein Ältestenrat mitnichten sein. Da die Mehrheit des Gemeinderats (im Rahmen einer Hauptsatzungsregelung) dieses Beratungsorgan des Bürgermeisters – und darum handelt es sich letztlich beim Ältestenrat (siehe § 33a GemO) – gewünscht hat, halte ich es auch für legitim, diesen Fragen der Tagesordnung und des Verhandlungsganges mit dem Bürgermeister beraten zu lassen.
Vielen Dank für die Auskunft, Herr Pschorr. Wenn die Mitglieder des Gremiums sowieso im Gemeinderat sitzen, macht ein „Parallelgemeindera“ schon gar keinen Sinn. Generell stiften komplizierte Strukturen mehr Verwirrung, als Klarheit. Aber genau das scheint ja hier erwünscht zu sein. Transparenz ist ein zugkräftiges Wort, weshalb es so gerne verwendet wird – aber ungeachtet der Versprechungen wird weiterhin vernebelt. Anders gesagt: im Zuge der vermehrten Bürgerbeteiligung, wächst auf der Anderen Seite die Abschottung. Mir scheint, die Bürgerbeteiligung ist nur für die Wahlen erwünscht, danach hätte man sie gerne wieder los.
Liebe Frau Stocker,
der Ältestenrat ist bisher ein Gremium, das einem Gemeinderatsausschuss sehr ähnlich ist. Mitglieder waren bisher die Fraktionsvorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen und damit (zwingend) KonstanzerInnen.
Gruß
Simon Pschorr
Beim Durchschnittsalter des Gemeinderats scheint mir ein Ältestenrat wahrlich nicht mehr nötig …
Aber Spaß beiseite. Wie viele Mitglieder sind in diesem Rat, wer beruft diese Mitglieder, und wer gehört in Konstanz dazu? Sind das Bürger von Konstanz oder Auswärtige?