Linke will Bündniskandidatur in Singen
Gescheitert ist im Juni ein Versuch, in Singen eine bunte Bündnisliste für die Gemeinderatswahl im nächsten Jahr auf die Beine zu stellen. Die InitiatorInnen aus grünem und linkem Umfeld bissen mit ihrem Ansinnen, die Singener Grünen zum Verzicht auf eine eigene Kandidatur zugunsten einer solchen Mitte-links-Wählervereinigung zu bewegen, bei deren Mitgliederversammlung auf Granit. Jetzt unternimmt der Linke-Kreisverband einen neuen Anlauf. Am 13.9. lädt er alle Interessierten zu einer Versammlung ein, bei der über die Gründung einer sozialen und ökologischen Bündnisliste für die Kommunalwahl diskutiert werden soll. Der Aufruf im Wortlaut:
Singen braucht eine soziale, ökologische und solidarische Stimme im Gemeinderat
In Singen fehlte in den vergangenen Jahren eine politische Kraft im Gemeinderat, die soziale und ökologische Belange der Bevölkerungsmehrheit an die erste Stelle ihrer Politik setzt. Viele Menschen in der Stadt unter dem Hohentwiel müssen seit Jahren jeden Euro umdrehen, um über die Runden zu kommen. Im Vergleich zu anderen Gemeinden im Landkreis sind Singener Familien fast doppelt so häufig von materieller Armut betroffen, seit Jahren wächst fast jedes fünfte Kind in Armut auf.
Gleichzeitig sehen sich die EinwohnerInnen mit Wohnraummangel und steigenden Mieten konfrontiert. Nicht selten müssen MieterInnen inzwischen mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Wohnen ausgeben. Nach der von der Politik mitverursachten Pleite der städtischen Wohnungsgesellschaft ist der soziale Wohnungsbau zum Erliegen gekommen, dazu kommt Leerstand aus Spekulationsgründen. Zudem fehlt es in der Stadt an sozialer Infrastruktur, die das Leben etwas leichter machen könnte. So suchen etwa viele Eltern für ihre Kinder vergeblich einen Kita-Platz, jüngst hat die Stadt der „Lilje“, einem der wenigen Begegnungszentren, die Unterstützung gestrichen.
Die Stadtverwaltung um Oberbürgermeister Bernd Häusler und eine erdrückend große Mehrheit im Gemeinderat lässt sich trotzdem feiern. Grund zur Freude über die Politik des CDU-Mitglieds Häusler haben aber vor allem private Investoren, denen die Verwaltung den Roten Teppich ausrollt. Statt überfällige kommunale Investitionen in die soziale Infrastruktur und vor allem den Bau bezahlbaren öffentlichen Wohnraums anzuschieben, setzt die Stadtspitze, unterstützt von einer großen Ratskoalition, ganz auf die Privatwirtschaft, die baut, was Profit verspricht. Statt bezahlbarer Wohnungen entstehen so Projekte für Gutbetuchte.
Musterbeispiel dafür ist das gegen eine breite Bürgerbewegung durchgesetzte Einkaufszentrum am Bahnhof, das dem Betreiber ECE fette Gewinne einbringen soll. In die Röhre schauen dabei nicht nur der örtliche Einzelhandel, sondern auch die zahlreichen Wohnungssuchenden, für die auf dem Areal bezahlbare Unterkünfte hätten entstehen können.
Ähnlich marktkonform agieren die Verantwortlichen in der Verkehrspolitik. Eine – in Zeiten des Klimawandels überfällige – Wende hin zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, der Radwege und des Fußgängerverkehrs ist weit und breit nicht in Sicht. Unverdrossen hält man an der Vorfahrt für den motorisierten Individualverkehr fest, auch das unter Hinweis auf die Bedürfnisse der Wirtschaft.
Es ist kein Zufall, dass sich angesichts solcher gravierenden Fehlentwicklungen der Rechtsrutsch in Singen besonders deutlich bemerkbar macht. Wer die kommunale Daseinsvorsorge für die Bedürftigsten immer wieder den Interessen des kapitalistischen Marktes opfert, darf sich über die Erfolge der völkisch-nationalistischen AfD nicht wundern. Das rechte Rezept, Sündenböcke zu suchen und nach unten zu treten, lenkt aber nicht nur von den Verantwortlichen für die Misere ab, es fördert vor allem Rassismus, Hass und Gewalt.
In dieser Situation ist eine solidarische Antwort der Menschen gefragt, die für soziale und ökologische Ziele eintreten. DIE LINKE wendet sich deshalb an alle, die sich in Singen gegen die Rechtsentwicklung stark machen, die sich für die Opfer des Hartz-IV-Regimes und Geflüchtete engagieren, die sich in den Gewerkschaften gegen miese Löhne und für anständige Arbeitsbedingungen einsetzen, die sich gegen die marktkonforme Umgestaltung der Stadt wehren und für eine an den Bedürfnissen der BewohnerInnen orientierte Stadtentwicklung eintreten: Reden wir gemeinsam über ein buntes Bündnis für ein soziales, ökologisches und solidarisches Singen, das nach dem 26.5. 2019 seine Stimme im Gemeinderat erhebt.
Donnerstag, 13. September 2018, Singen, Gasthaus zur Sonne, Hohgarten 3, 19.30 Uhr
Die Linke, Jürgen Geiger, Sprecher Kreisvorstand
Fehlt der politischer Wille ?
Immerhin wird jetzt darüber diskutiert, das Friedrich – Wöhler-Gymnsium zu sanieren. Hoffentlich bald, darüber würden sich nicht nur künftige Schülergenerationen freuen.Ja, es wird in Singen viel gebaut. Nur saugen die neuen Eigentumswohnungen leider die Mieten im Bestand hoch und sorgen so dafür, dass frei werdende Bestandswohnungen deutlich teuer vermietet werden können. Die Nachfrage ist halt nicht erst seit dem Flüchtlingszustrom deutlich höher als das Angebot. Nachdem die Gläubiger der GVV aus der Insolvenz nun ihr ganzes Geld wiederhaben, (wie viel bekam die Stadt eigentlich zurück ?) und da scheinbar schon der politische Wille fehlte, die eigene Wohnungsbaugesellschaft mit ihren Sozialwohnungen zu retten, fehlt nun im Stadtsäckel angeblich das Geld, um eine neue städtische Wohnungsbaugesellschaft ohne Spekulationsambitionen für Prestigebauten mit einer Anschubfinanzierung auszustatten, so OB Häusler im Interview mit dem Wochenblatt. Die Stadtverwaltung könnte dafür eigentlich die Verkaufserlöse aus dem Verkauf der Baugrundstücke des Schnaidholzsportplatzes verwenden, anstatt dieses Geld für weitere Prestigevorhaben zu verplanen, wie z.B. die“ Verschönerung“ des Bahnhofvorplatzes ohne richtige Grünzonen. Wer braucht die schon ? Hier dürfte der angekündigte Verkaufserlös des Zollareals an ECE im erhofften 2-stelligen Millionenbereich nicht ausgereicht haben. Die Stadt verhökert lieber städtische Grundstücke meistbietend , anstatt in einen eigenen Wohnungsbestand zu investieren und so den davongaloppierenden Mieten entgegen zu wirken. Selbst die Genossenschaften in Singen vermieten Neubauwohnungen in Singen zu teuer.
Ein Blick im Internet in die Darlehensprogramme der L-Bank würde genügen, dass für Sozialwohnungen gar keine Zinsen zu bezahlen wären, um so für billige Mieten zu sorgen (Worblingen hat es vorgemacht). Das ergänzende Mietwohnungsprogramm zur Finanzierung von neuen Wohnungen für junge Ehepaare, Familien mit Kindern und Senioren, würde für eine soziale Durchmischung und Mischkaulkulation in den neuen städtischen Wohnquartieren sorgen (ohne Mietpreisbindung !) und so der viel beschworenen Ghettobildung entgegen zu wirken. Das LRA Konstanz, Amt für Baurecht und Umwelt, hilft bei der Beantragung der Programme bestimmt gerne. Anruf genügt: 07531-800 1411.
@ Peter Groß
„Ob mit Grünen Realos ein Bündnis auch nur die geringste Chance hat? (…) ein Bündnis schmieden für eine linksliberale Gemeinschaft, die sich den sozialen und demokratischen Fortschritt mit Beteiligung von Wertkonservativen“
Das ist entweder fortgeschrittener Humor, der über das Internet nicht wirklich vermittelt werden konnte oder die Forderung nach einer Eierlegenden Wollmilchsau. Oder eher dem Eierlegenden Wollmilchseehas, der etwa genau so realistisch ist 😉
„Aber vielleicht geht es mit dem Überwinden von Stadt- und Gemeindegrenzen.“
Noch stehen die Chancen ja recht gut, dass #Aufstehen auch bei den Kommunalwahlen antreten wird. Sicherlich zur wahlpolitischen Freude der anderen linken Gruppe.
Schade ist auch nur, dass das Überwinden von Gemeinde- und Stadtgrenzen, oder gar, wie von Ihnen vorgeschlagen, über Kreisgrenzen hinweg auf kommunaler Ebene doch recht schwierig ist. Und ob die Linke jemals auch nur in Erwägung ziehen würde um ggf auf Landesebene Regierungsverantwortung zu übernehmen – mal liebäugelt ja sogar mit der CDU in anderen Ecken der Republik – und eben dieses verfassungstechnisch möglich zu machen, müssen andere beurteilen.
Ob mit Grünen Realos ein Bündnis auch nur die geringste Chance hat? Da habe ich die größten Zweifel. Aber vielleicht geht es mit dem Überwinden von Stadt- und Gemeindegrenzen. Gegen den Betonblock aus Grünen, CDU,FDP,FW,SPD. Von Singen bis Langenargen dürften die sozialen Probleme nahezu identisch sein. Ob in Radolfzell, Sipplingen, Uhldingen, Hagnau, Friedrichshafen bis Langenargen.
Warum nicht ein Bündnis schmieden für eine linksliberale Gemeinschaft, die sich den sozialen und demokratischen Fortschritt mit Beteiligung von Wertkonservativen vorstellen kann und deutliche Änderungen in der Zusammensetzung von Kreis- und Gemeinderäten bewirken will.
Büb+ oder Roland Biniossek (DIE LINKE) sind auf einem guten Pfad. Gastgeber Uhldingen – Mühlhofen (bei denen geht es um mehr als Bierpreise und Felchen grillen) modifizieren ihre Offene Liste ebenso wie die höchst aktiven Langenargener, deren Bürgermeister Krafft täglich mehr an Ansehen und Respekt einbüßt und berechtigt das Ende seiner Amtszeit befürchtet. Trotz heftiger Unterstützung durch Schwäbisch Media bzw. der Schwäbischen Zeitung.
In Langenargen oder Uhldingen-Mühlhofen stehen im nächsten Jahr Wahlen an und in beiden Gemeinden sind viele gut vernetzte Menschen gerne bereit hoffnungsfrohe Talente bei der Wahl für das Bürgermeister*innenamt zu unterstützen. Dabei liegen die höchsten Hoffnungen im Kreis bei den Themen Echt-Bodensee-Card-Nein-Danke, Schluss mit der Verschwendungssucht und Ablösung des Bodo – Verkehrsverbundes. Richtig, der mit höchsten Preisen und der schlechtesten Leistung.
@Lukas Barwitzki
Siehe auch:
„Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ – Juncker
„Bildungsrepublik Deutschland“ – Merkel
„Modernität Deutschlands, Finanz“produkte““ – Schröder
@Lukas Barwitzki
„Finden Sie nicht, dass Sie es sich damit ein wenig zu einfach machen?“
Nein. Siehe meine Anmerkungen dazu.
„Finden Sie nicht, daß Sie es sich damit ein wenig zu einfach machen?“
„Bleiben Sie mir vom Leib mit „Demokraten“ wie Juncker, Merkel oder Gas-Gerd. Alles, was man von denen erwarten kann, ist Neusprech.“
Finden Sie nicht, dass Sie es sich damit ein wenig zu einfach machen?
@Hilmar Wörnle
„Wer nicht zur Abstimmung geht, dem ist es EGAL. So ist das nun einmal in einer Demokratie.“
Finden Sie nicht, daß Sie es sich damit ein wenig zu einfach machen? Um zu erkennen, daß es nicht egal ist, ob ein Konsum“tempel“ oder erschwingliche Wohnungen gebaut werden, bedarf es der (politischen und ökonomischen) Bildung. Sie erinnern sich vllt. an das Hohe Lied der „Bildungsrepublik“ der Rauten-Mutti. Unnötig, die Resultate aufzuführen. Da ging es aber nur um die klassische, vordergründige Bildung. Wenn Sie das Referat „Wissen ist Macht“ von Liebknecht lesen, kommen Sie eine Stufe näher an das, worauf es ankommt. Nicht umsonst lautet der zweite Teil des Titels „– Macht ist Wissen“.
Worauf es ankommt, kann den Herrschenden nicht egal sein. Unermüdlich wird seit dem Niedergang des Ostblocks nach Reformen gerufen, ja gebrüllt. Dahinter steckt nichts weiter als die angestrebte Verfügungsgewalt des Kapitals über sämtliche Ressourcen, möglichst zum Nulltarif. Wer keine „Reformen“ in Gang setzt, wird als Ultima Ratio mit Krieg überzogen, um an die begehrten Güter zu gelangen.
Um zum ECE zurückzukommen: Würden es die „Verantwortlichen“ ernst nehmen mit dem Begriff Demokratie, würden sie die erwähnten Wohnungen bauen statt eines Klotzes, der in absehbarer Zeit ohnehin leersteht aufgrund der herrschenden Tendenzen, z.B. Internetkonsum. Die „Verantwortlichen“ demaskieren sich aber als Herrschende im Interesse des Kapitals. Sie haben mit Demokratie nichts zu tun. Und deren geistiger Horizont reicht nicht mal über die Verfügbarkeit von raren Ressourcen hinweg.
Bleiben Sie mir vom Leib mit „Demokraten“ wie Juncker, Merkel oder Gas-Gerd. Alles, was man von denen erwarten kann, ist Neusprech. Wenn Sie Ihre Augen öffnen, sind Sie eingekreist von Beispielen dafür. So gesehen ist meine Formulierung „Diktatur der Märkte“ schmerzlich ernst gemeint.
@Peter Stribl:
Wer nicht zur Abstimmung geht, dem ist es EGAL. So ist das nun einmal in einer Demokratie. Jeder hatte die Möglichkeit, sich für eine Variante zu entscheiden.
Wäre der Bürgerentscheid anders herum ausgegangen, hätten das die Initiatoren als überwältigenden Erfolg der direkten Demokratie ausgelegt 😉
Frei nach einem großen Saarländer: „Vorwärts immer – rückwärts nimmer!“ Von einer „Diktatur der Märkte“ zu sprechen ist sicher polemisch gemeint, das kommentiere ich also nicht.
In diesem Sinne:
Freundschaft!
„In dieser Situation ist eine solidarische Antwort der Menschen gefragt (…)“
Jetzt würde mich ganz spontan interessieren, welche Antworten/Ideen die zu gründende Liste, bzw. ihre hier schon agierenden Gründer auf den „Umstand“ des bereits im Bau befindlichen ECE haben.
Die Bürgerbewegung war breit aufgestellt und präsent (und dabei nicht so schrecklich nervig, wie ich es in Stuttgart damals bei S21 erlebt habe 😛 ). Das Quorum wurde erreicht und – leider! – kam es zu einem Ergebnis, das meiner persönlichen Meinung und Abstimmungsentscheidung nicht entsprach. Damit muss ich (und wir alle?) jetzt leider leben.
Deshalb, abgesehen vom Verweilen in der Vergangenheit und dem Nachtrauern verpasster Chancen, was schwebt der SÖS oder ihren Agitatoren vor für/gegen das ECE zu tun?
@Hilmar Wörnle
„Ich bin etwas irritiert:
…Der Bürgerentscheid hatte ein deutliches Votum FÜR das Einkaufszentrum ergeben.“
– https://archiv.seemoz.de/lokal_regional/singen-vertraut-gemeinderat-gutachten-ece-werbestrategen-und-stimmt-fuer-konsumtempel/
„7814 BürgerInnen sprachen sich für das ECE-Center aus, 5506 dagegen. Damit haben die ECE-Center-BefürworterInnen mit 21,57 % sogar das Abstimmungsquorum von 20 Prozent erreicht. Mit Nein stimmten 15,20 % der Wahlberechtigten. Die überwiegende Mehrheit von rund 63 Prozent ging gar nicht erst zur Wahl.“
Sie schreiben: „Da habt Ihr ein etwas sonderbares Demokratieverständnis! Oder soll es zur guten alten Sozialistischen Einheits-Demokratie (SED) zurückgehen?“
Die Irritation haben Sie nicht exklusiv für sich. Mich stimmt nachdenklich, daß Sie bei einer Wahlbeteiligung von 37 % (davon 58,6% für, 41,3% dagegen) von einem deutlichen Votum sprechen. Abgesehen vom guten Stück des Weges, den wir dank der „marktkonformen Demokratie“ bereits zurückgelegt haben: Soll es Ihrer Meinung nach „vorwärts“ in die Diktatur der Märkte gehen?
Ich bin etwas irritiert:
„Musterbeispiel dafür ist das gegen eine breite Bürgerbewegung durchgesetzte Einkaufszentrum am Bahnhof, das dem Betreiber ECE fette Gewinne einbringen soll. In die Röhre schauen dabei nicht nur der örtliche Einzelhandel, sondern auch die zahlreichen Wohnungssuchenden, für die auf dem Areal bezahlbare Unterkünfte hätten entstehen können.“
Der Bürgerentscheid hatte ein deutliches Votum FÜR das Einkaufszentrum ergeben. Nur, weil es eine lautstarke Dagegen-Gruppe gibt heißt das ja noch nicht, dass sie in der Mehrzahl ist. Da habt Ihr ein etwas sonderbares Demokratieverständnis! Oder soll es zur guten alten Sozialistischen Einheits-Demokratie (SED) zurückgehen?
Nachdenkliche Grüße sendet Euch
Hilmar Wöhrnle