Linker Wahlerfolg an der Uni

Die Universität hat gewählt. Vom 7. bis zum 11. Juni gab es für Lehrende und Lernende an der Wahlurne die Möglichkeit, über die Besetzung diverser akademischer Gremien und Organen der Studierendenvertretung zu entscheiden. Bei den Studi-Wahlen darf sich ein linkes Bündnis als klarer Sieger fühlen: Die Gruppe LSD konnte sich über berauschende Zuwächse freuen. Im Senat zogen die Linken Solidarischen Demokrat*innen (nicht was Sie gedacht hatten) bei der Sitzzahl mit der Grünen Hochschulgruppe gleich. Im Studierendenparlament holten die Linken 6 von 23 Sitzen und sind nun zweitstärkste Kraft. Wie das geht? Eine LSD-Aktive über die Wahl, die hochschulpolitische Lage, linke Erfolgsrezepte und weitere Aufgaben.

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Zugegeben: ein bisschen stolz sind wir schon auf uns selbst.

An der gemächlich konservativen Universität Konstanz haben es explizit linke Hochschulgruppen der Studierendenvertretung in den letzten Jahren gar nicht so einfach gehabt, wie man es an Universitäten vielleicht erwarten würde. Längst vorbei sind auch hier die Zeiten von breiter, studentischer Politisierung mit radikal-progressiven Positionen.

Aber: Aus den Erfahrungen mit dem digitalen Semester und den diesjährigen Wahlen schöpfen wir Hoffnung auf einen Wandel hin zu einer politisierten und kritischen Studierendenschaft.

Trotz Corona konnten wir sowohl bei den Wahlen zum Studierendenparlament (StuPa) als auch der Wahl der studentischen Vertreter*innen im Senat der Universität vom 7. bis zum 11. Juni unser bisher bestes Wahlergebnis erzielen – und haben uns damit in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert. Vor acht Jahren war die Liste das erste Mal als GOLL (Grüne Offene Linke Liste) angetreten, 2018 dann ein erstes Mal als LSD – Linke Solidarische Demokrat*innen. Mit 6 Sitzen (von 23) im StuPa und 2 Sitzen (von 5) im Senat haben wir die Juso-Hochschulgruppe überholt und sind nun nach der Grünen Hochschulgruppe zweitstärkste Kraft der studentischen Vertretung. Und das sicherlich nicht ohne Grund: Viel Arbeit ist im letzten Jahr in Mitgliedergewinnung und Öffentlichkeitsarbeit geflossen sowie in Vernetzung mit lokalen Aktivist*innen und Selbstorganisationen an der Uni wie im Stadtkontext.

Schon von den letztjährigen Wahlergebnissen waren wir positiv überrascht und sind, motiviert durch den großen Rückhalt der Studierendenschaft, mit Schwung in die letzte Legislatur gestartet.

Als treibende Kraft und mit Unterstützung durch die Juso-Hochschulgruppe und die Grüne Hochschulgruppe haben wir viel Kraft und Energie in unsere inhaltliche Arbeit gesteckt und dabei stets darauf geachtet, einen Ausgleich zwischen kooperativer Problemlösungsorientierung und starken Positionen zu wahren, immer mit den Grundbedürfnissen der Studierenden im Hinterkopf.

Obwohl das Digitale die Gremienarbeit erschwert und teilweise mühselig macht, haben wir einige wichtige Themen durchsetzen können:

Als unser wohl größter Erfolg konnten wir den Wiedereintritt der Konstanzer Verfassten Studierendenschaft in den fzs (freier zusammenschluss der student*innenschaften) durchsetzen. Nachdem die Studierendenvertretung Ende 2017 ausgetreten war, haben die Studierenden der Universität Konstanz endlich wieder eine Vertretung für ihre Belange auf Bundesebene. Zwar ist die Studierendenvertretung schon lange in der Landes-Asten-Konferenz aktiv, die viel wichtige Arbeit leistet, aber die Corona-Krise und die digitalen Semester haben noch einmal deutlich gemacht, dass Bildungspolitik eben nicht nur auf Landesebene stattfindet. Vor allem die Rahmenbedingungen des Studiums, insbesondere Fragen der Studienfinanzierung werden auf Bundesebene be- und verhandelt – und dort fast ausschließlich zum Nachteil von Studierenden.

Ohnehin: Möchte man dem voranschreitenden Übergriff von Marktlogiken auf die Universitäten etwas entgegenhalten und Bildung wie Wissenschaft in ihrem Selbstwert erhalten, sind Vertretung und Eingriff auf allen Ebenen essenziell.

Aber auch sonst ist vieles passiert.

Zum einen haben wir gemeinsam mit den anderen Fraktionen die Durchführung der diesjährigen Wahl über einen Online-Anbieter beschlossen. Dabei konnten wir durchsetzen, dass die Online-Wahl zunächst eine Ausnahme bleibt, da es bei allen Anbietern Bedenken hinsichtlich Transparenz und Datenschutz gibt.

Zum anderen wurde auf unseren Antrag hin eine Stellungnahme und Aufforderung an die Universität erstellt, um zu verhindern, dass Hochschulgruppen Zugang zu Strukturen der Studierendenschaft und Universität erhalten, obwohl sie deren Selbstverständnis widersprechen.

Angeregt wurde dies durch die Bewerbung von rein männlichen Verbindungen, zu der die Studierendenvertretung momentan quasi verpflichtet ist. Diesen patriarchalen, elitären und teils mit autoritär-nationalistischem Gedankengut liebäugelnden Gruppierungen darf kein Raum gegeben werden.

Ein weiteres Projekt, das wir im letzten Jahr angestoßen haben, welches aber ein andauernder Kampf bleibt, ist unser Einsatz für die Einrichtung einer antirassistischen Anlauf- und Koordinationsstelle an der Universität.

Gemeinsam mit der Juso-Hochschulgruppe, der Grünen Hochschulgruppe sowie von Rassismus an der Universität Betroffenen setzen wir uns mit der Universitätsleitung auseinander – die, wenig überraschend, höchstens formal handeln will, ohne dass irgendeine Form von Wirkmächtigkeit vorgesehen ist, was wir so nicht akzeptieren.

In der nächsten Legislatur werden wir uns außerdem weiterhin für eine Verbesserung der Studienbedingungen während der Corona Pandemie einsetzen.

Es ist absurd, dass Fußballspiele mit über 10.000 Zuschauer*innen stattfinden, gleichzeitig aber die Öffnung der Universitäten verzögert wird und die Impfung jener Altersgruppen stockt, die den größten Teil der Studierenden ausmachen.

Gleichzeitig müssen aber auch positive Aspekte des Digitalisierungsschubes beibehalten werden – zum Beispiel die Aufzeichnung von Vorlesungen.

Außerdem möchten wir eine erleichterte Namensänderung für trans* Personen in universitärer Infrastruktur (Uni-Mail, Studiausweis) durchsetzen, sowie uns für die Einrichtung einer unabhängigen BAföG Beratungsstelle einsetzen.

Generell ist es immer unser Anliegen zur Präsenz hochschul- wie allgemeinpolitischer Themen an der Universität und in der Studierendenschaft beizutragen, und wünschen uns, auch außerhalb von Sitzungen und Gremien linke Themen sichtbar zu machen. Inwieweit wir das leisten können, ist aber auch davon abhängig, wie viele Menschen Zeit und Energie in linke, hochschulpolitische Arbeit stecken wollen und können.

Wir freuen uns daher immer über neue Mitglieder, Input, Fragen und Ideen von euch! Deshalb stehen wir euch jederzeit über Instagram (@lsd_konstanz) oder per Mail (sds@uni-konstanz.de) zur Verfügung und sind für euch erreichbar. Auf unserer Website findet ihr weitere Infos und unser Programm!

P.S.: Im Zuge der bald anstehenden Konstituierung der Verfassten Studierendenschaft der HTWG sind liebe Menschis mit der Idee auf uns zugekommen, eine Partner-Hochschulgruppe zu gründen. Falls ihr an der HTWG studiert und Interesse daran habt, stellen wir gerne Kontakt her!

Helen S. (Bild: Universitaetkonstanz, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)