Liste SÖS nimmt Kontur an

Die neue Wählervereinigung SÖS, die in Singen zur Gemeinderatswahl am 26. Mai antritt, hat die Arbeit aufgenommen. Gegenwärtig feilen die Aktiven am Wahlprogramm, in dessen Zentrum sozial- und wohnungspolitische sowie ökologische Forderungen stehen sollen. So will man sich etwa für eine Wiederaufnahme des sozialen Wohnungsbaus in der Stadt unter dem Hohentwiel stark machen, zudem plädiert SÖS für die Neugründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Kritisch nehmen die SÖS-Leute um die SpitzenkandidatInnen Silke Stockebrand und Peter Mannherz zudem das aktuelle Geschehen im Gemeinderat ins Visier.

In einer Medienmitteilung kommentieren die links-alternativen Newcomer einen Ratsbeschluss zum Baugebiet „Schnaidholz“ in der Südstadt. Das städtische Grundstück, auf dem Wohnungen für bis zu 70 Menschen entstehen könnten, soll nun doch nicht, wie 2016 von dem Gremium beschlossen, parzellenweise an Privatinvestoren verkauft werden. Stattdessen will man den Baugrund nach Erbbaurecht vergeben, was dem Stadtsäckel künftig sichere Zinseinkünfte bescheren wird. Eine Entscheidung, die SÖS begrüßt, wie aus der aktuellen Verlautbarung der Liste hervorgeht. Die Wohnungspolitik der Verwaltung kritisieren die SÖSler trotzdem scharf, weil sie Möglichkeiten nicht ausschöpfe, staatlich geförderte Sozialwohnungen zu bauen. Die Medienmitteilung im Wortlaut:

Wir freuen uns über den Sinneswandel der Stadtverwaltung, das städtische Grundstück im Schnaidholz im Erbbaurecht zu vergeben. Hoffentlich handelt es sich nicht nur um eine Eintagsfliege im Vorfeld der Kommunalwahl im Mai. Bisher wurde nämlich immer behauptet, dass der meistbietende Verkauf städtischer Grundstücke unbedingt notwendig zur Schaffung eines ausgeglichenen Haushaltes sei.

Diese kluge Entscheidung hilft der Stadt, regelmäßige Einnahmen zu haben, Vermögenswerte für alle Bürger zu sichern und senkt für bauwillige Familien die Kosten deutlich. Dies kann aber nur ein erster Schritt sein. Weshalb die Grundstücke im Bohlinger Neubaugebiet trotzdem für ca. 300 Euro je Quadratmeter verkauft werden, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

„Singen brummt“, hieß es noch im Oktober in einem Edelfaltblatt der Stadtverwaltung. Was in Singen vor allem brummt, ist die Immobilienspekulation auf vielen ehemaligen städtischen Grundstücken mit – nicht nur für Normalverdiener – unbezahlbaren Mieten oder Kaufpreisen.

Weiterhin abgebügelt wird die Forderung nach einer städtischen Baugesellschaft für soziales Bauen im Eigenbetrieb. Die finanzielle Lage der Stadt lasse dies nicht zu, wird behauptet. Gleichzeitig wird diese Untätigkeit mit der Bemerkung garniert, dass Sozialwohnungen nur zur Ghettobildung mit lauter „Asozialen“ führen würde.

Die Stadt sollte sich endlich kundig machen, welche Programme das Land Baden-Württemberg für soziales Bauen hat. Danach haben nämlich Familien mit 2 Kindern Anspruch auf eine Sozialwohnung (sofern es welche gibt!) mit 33 % Mietermäßigung bei einem Jahreseinkommen bis zu 66.450 Euro – das träfe auf das Gros der Normalverdiener in Singen zu. Letztes Jahr wurden von den dafür bereitgestellten 250 Mio. Euro im Land lediglich 142 Mio. Euro abgerufen.

Rielasingen-Worblingen hat den Fördertopf schon mehrfach genutzt und erzielt sogar Mietüberschüsse. Mindestens 50% aller Neubaugebiete in Singen könnten so als stadteigene Bauprojekte im Geschosswohnungsbau – bei geringerem Flächenverbrauch – realisiert werden bis der gröbste Mangel an bezahlbaren Wohnraum beseitigt ist. Die Landestöpfe zur Finanzierung sind voll – der städtische Haushalt würde nicht belastet. Familien ohne Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein könnten ja mehr bezahlen und so für eine soziale Durchmischung der neuen Wohnquartiere sorgen.

Wann wird Singen eine Stadt für alle?

MM/jüg

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