LLK fordert rechtliche Prüfung zum Nix-Vertrag
War die geheime Abstimmung über eine Verlängerung des Vertrags von Theater-Intendant Christoph Nix zulässig? Die Linke Liste hat da ihre Zweifel, fordert eine Überprüfung und womöglich eine neue Abstimmung. Hier die LLK-Erklärung im Wortlaut:
In der Gemeinderatssitzung am 18.1. stand im nichtöffentlichen Teil auch ein Antrag auf der Tagesordnung, in dem angeregt wurde, den Vertrag von Theaterintendant Christoph Nix über 2020 hinaus um ein Jahr zu verlängern. Das Abstimmungsergebnis – 24 RätInnen stimmten gegen den Antrag und 13 dafür – wurde tags darauf über den Südkurier verbreitet und gelangte somit in die Öffentlichkeit.
Die Linke Liste Konstanz (LLK) bezweifelt, ob diese Abstimmung überhaupt Gültigkeit hat. Die Gründe: Vor der Abstimmung wurde angeregt, diese Abstimmung solle geheim erfolgen, was dann auch passierte. Es war wohl auch der späten Stunde geschuldet, dass man schlichtweg vergessen hat, vor der eigentlichen Abstimmung darüber abstimmen zu lassen, ob der Antrag auf geheime Abstimmung überhaupt eine Mehrheit findet.
Die Linke Liste fordert die Verwaltung auf, eine rechtliche Prüfung zu veranlassen. Sollten wir mit unserer Einschätzung Recht haben, dass diesbezüglich ein Verfahrensfehler vorliegt, ist unserer Meinung nach das Abstimmungsergebnis vom 18.1.2018 ungültig. Trifft das zu, muss der Punkt bei der nächsten Gemeinderatssitzung erneut zur Abstimmung auf die Tagesordnung.
Anke Schwede
Holger Reile
Linke Liste Konstanz (LLK)
Der Skandal liegt in einer anderen Sache, sofern ich alles richtig verstanden habe. Ich frage nach, weil ich es gar nicht glauben will. Hat man unserem Intendanten Christoph Nix tatsächlich im KULTUR-Ausschuss das Wort verweigert? Und zwar zu einem Thema, das jeden dort interessieren müsste, denn es sollte ja von den Rätinnen und Räten bald entschieden werden: Ob man bereit ist, seinen Vertrag um ein Jahr zu verlängern. Die Gründe wollte er dort erklären und das war wohl der passende Ort. Man wollte diese aber nicht hören, dafür in anderer Sitzung geheim darüber abstimmen?
Man muss wissen, dass ein Ausschuss jederzeit das Rederecht erteilen kann, wenn es sich z.B. um relevante Informationen handelt.
Ich jedenfalls finde es ungehörig, auf diese Weise einer Persönlichkeit die kalte Schulter zu zeigen und als Bürgermeister seine Macht mit Redeverbot zu demonstrieren. Und was sollten dann die Äußerungen im Südkurier über die großartige Arbeit des Intendanten, Herr Bürgermeister Osner?
Sehr geehrter Herr Magulski,
bereits das Gesetz formuliert hier gerade: „in der Regel“. Dementsprechend gibt es von dieser grundsätzlichen Regel Ausnahmen. § 20 Abs. 9 GeschO kann selbstverständlich nicht entgegen der Grundwertung des Gesetzes als rangniedrigere Norm – beispielsweise – eine grundsätzliche Geheimheit der Abstimmung einführen. Das tut die vorliegende Regelung auch nicht. Im Gegenteil wird mit einem Quorum dem Gemeinderat eröffnet, in der Sache eine geheime Abstimmung zu beantragen. Darüber muss dann der Gemeinderat entscheiden. Demnach hält insoweit § 20 Abs. 9 GeschO die Wertung der Gemeindeordnung meines Erachtens nach ein.
Es bleibt nur noch die interessante Frage, ob es neben einem Antrag von 5 Gemeinderäten auch noch einen eigenständigen sachlichen Grund braucht. Jetzt ist vorliegend vorgesehen, dass der Gemeinderat als Gremium über die Geheimheit entscheidet. Die Frage, welcher Abstimmungsmodus zu wählen ist, ist eine Angelegenheit, die den Gemeinderat in seiner Funktion als Repräsentationsorgan betrifft. Dort wo das Gesetz keine bindenden Vorgaben macht, ist grds. (Art. 28 II GG) die Selbstverwaltungshoheit der Kommune und hier seines ausführenden Organs, des Gemeinderats, zu berücksichtigen und zu wahren. Ich bin der Auffassung, dass insoweit dem Gemeinderat ein eigenes Beurteilungsrecht zusteht, selbst einzuschätzen, ob ein sachlicher Grund für die Geheimheit der Abstimmung vorliegt. Dementsprechend ist diese Frage einer objektiven Kontrolle (gerichtlich) von außen entzogen. Das ist (aufgrund der rechtlichen Regelung in der Gemeindeordnung) anders als betreffend der Frage, ob n-ö verhandelt werden muss oder nicht. Das ist grundsätzlich objektiv kontrollierbar, wenn auch für die Gemeinderäte nicht rügefähig.
Allerdings: Hierzu findet sich keine Rechtsprechung. Man kann das auch strenger sehen als ich, jedenfalls müsste dem Gemeinderat dann auferlegt werden, den zugrundegelegten Sachgrund zu dokumentieren.
Gruß
Simon Pschorr
Hallo, Herr Pschorr,
vielen Dank für die Info, die Konstanzer Geschäftsordnung hatte ich tatsächlich nicht berücksichtigt.
Ich bin aber auch davon ausgegangen, dass die Kommune keine wesensverändernden eigene Regelungen treffen darf. Die Konstanzer „Fünferregel“ erscheint mir den Zweck und das Wesen der BW GO („in der Regel offen“) zu verändern. Aber sogar in der Konstanzer Geschäftsordnung findet sich ja der „in der Regel offen“-Passus, der – zumindest nach meinem Menschenverstand – im Widerspruch dazu stünde, dass 5 Gemeinderäte oder Gemeinderätinnen auch dauerhaft den Abstimmungsmodus verändern könnten. Das Wesen der Regel scheint ja „Transparenz“ zu sein, so dass mir auch entsprechend des Kommentars meines bereits zitierten Expertenlinks nur erreicht wird, wenn es einen sachlichen Grund gibt, der völlig unabhängig davon ist, ob nun ein Rat oder Rätin (oder 5) eine geheime Abstimmung wünschen.
Kann es nicht schlichtweg sein, dass die Konstanzer Geschäftsordnung hier unzulässig ist? Was ist da Ihre Einschätzung als Jurist?
Bis weit in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts hätte ein brillanter Jurist wie Simon Pschorr Berufsverbot gehabt, weil er sich zu einer explizit linken Partei bekennt. Und viele dieser brillanten Juristen hatten Berufsverbot. Dass es so etwas gab, im Gegensatz zu den anderen europäischen Demokratien wie Italien, England oder Frankreich, hatten die politischen Parteien von CDU und SPD zu verantworten. Dafür konnten die furchtbaren Juristen weitermachen. Daran muss man sich gelegentlich erinnern:
Was also tut der redliche Jurist Simon Pschorr, er benutzt sein Handwerkszeug und spielt den anderen „Demokraten“ die Melodie der Demokratie vor: Ihre Abstimmung war rechtswidrig, mehr noch, sie war feige.
In dem Theaterstück Meister und Margarita (Theater Konstanz 2017) heisst es, Jesus habe den Satz gesagt: der grösste menschliche Makel ist die Feigheit. Die Feigheit aber ist das Gegenteil von Demokratie.
Sprechen wir also Klartext: In der letzen Sitzung des Kulturausschusses wurde der Tagesordnungspunkt Nachfolge von Prof. Dr. Dr. Christoph Nix wortlos durchgewunken und der Sitzungsleiter Andreas Osner verhinderte es, mir das Wort zu erteilen, er wollte es nicht. Alle Fragen, die jetzt gestellt werden und alle, die so tun, als hätte ich die Form verletzt, haben erst die Situation geschaffen, die sie meinen, jetzt kritisieren zu müssen. Das sind Fake News.
Ich hätte alle Fragen beantworten können und die Unklarheit, die angeblich herrscht, haben Grüne wie Herr Müller-Neff selbst herbeigeführt. Ich hätte die Form verletzt ist wirklich Demagogie: Hätten Sie, meine Herren, mich reden lassen, wäre vieles erklärt, erklärbar gewesen. SIE haben mich nicht sprechen lassen. So einfach ist das.
Ich kann mit Ihrer Entscheidung leben, aber sie nicht, denn sie haben die Grundregeln demokratischer Prozesse verletzt – und dass ich Ihnen so etwas sage, dass ist es doch, was sie ärgert.
Bleiben wir also dabei, kehren wir die Dinge unter den Teppich, das Bodenseeforum ist ein Erfolgsmodell und das Theater und sein Intendant sind es nicht. So sähen Trumpsche Wahrheiten aus und man darf sich bitte nicht wundern, wenn sich die Menschen abwenden und aufhören zu wählen, sich zu interessieren. Die Hölle. sagt Sartre, die Hölle sind wir selbst, aber Verletzungen demokratischer Abstimmungsmodi sind von Menschen gemacht und können korrigiert werden, im Zweifel von der Kommunalaufsicht, wenn sie nicht schläft.
Korrekt zustande gekommene Mehrheiten sind Mehrheiten, und wenn man verloren hat, geht man, frei und ungebeugt. Ich aber bleibe in Konstanz, denn ich glaube an das Publikum, die Menschen auf der Straße, im Zuschauerraum, auf dem Münsterplatz und lasse mir den Mund nicht verbieten: Es ist die Aufgabe des Künstlers und des Intellektuellen, möglichst wenig feige zu sein. Soweit zu den Lehren aus dem Konstanzer Konzil. Der Störenfried muss weg, die Vergangenheit darf nicht erinnert werden: Scala und Parkflächen, überteuerte Wohnungen, Verkehrschaos – alles ist geblieben, nichts ist gut, viel wurde versprochen: Leere Herzen.
Sehr geehrter Herr Magulski,
das ist tatsächlich nicht das Problem. Es ist zu unterscheiden zwischen der Frage, ob ein Tagesordnungspunkt nicht-öffentlich zu behandeln ist (§ 35 I GemO BW) und wie dann der Abstimmungsmodus ist.
Sie haben völlig Recht betreffs der Frage, ob ein Tagesordnungspunkt nicht-öffentlich verhandelt wird. Hierzu hat die Gemeindeordnung eine klare, nicht dispositive Regelung getroffen. Nur bei einem wichtigen Geheimhaltungsgrund kann n-ö abgestimmt werden.
Anders beurteilt sich die Frage, in welchem Abstimmungsmodus abzustimmen ist: Vorliegend wurde geheim abgestimmt, das heißt nicht per Handzeichen, sondern mit Zetteln. Den anderen Gemeinderäten wurde also nicht bekannt, wie ihre Kollegen abgestimmt haben. Hierzu hat die Gemeindeordnung nur folgende Regelung: § 37 (6) HS. 1 Der Gemeinderat stimmt in der Regel offen ab. Diese Regelung wird in der Geschäftsordnung des Konstanzer Gemeinderats in § 20 (9) präzisiert:
Auf Antrag von mindestens 5 Mitgliedern des Gemeinderates kann der Gemeinderat in geheimer Abstimmung beschließen, dass im Einzelfall geheim mit Stimmzetteln abgestimmt wird.
Gerade dieser Beschluss ist – so viel ist bisher öffentlich – unterblieben. Ob sich überhaupt 5 Gemeinderäte fanden, die eine geheime Abstimmung forderten, ist bisher nicht bekannt.
Ich hoffe, ich habe zur Sachaufklärung beitragen können.
Gruß
Simon Pschorr
Sofern es tatsächlich eine Abstimmung und keine Wahl war (was bei der Abhandlung eines Antrags wohl sinnvoll erscheint): eine geheime Abstimmung kann zumindest nach der Expertenmeinung (siehe Link) nicht durch vorherige Abstimmung erreicht werden. Eine geheime Abstimmung kann wohl korrekt nur durchgeführt werden, wenn sachliche Gründe für die geheime Abstimmung vorliegen. Diese hätten dann wohl zuvor erörtert werden müssen. Insofern bezieht sich vielleicht der Antrag der LLK auf einen hier nicht relevanten Aspekt und müsste ggfs umformuliert werden?
https://www.juracademy.de/kommunalrecht-baden-wuerttemberg/gemeinderatssitzung.html
Siehe Kapitel „III. Abstimmungen“, Zitat: „Eine Ausnahme von der öffentlichen Abstimmung ist nur dann zulässig, wenn das öffentliche Wohl oder das berechtigte Interesse eines Einzelnen dies erfordert, etwa wenn anzunehmen ist, dass ein Gemeinderat aufgrund äußerer Zwänge nicht nach seinem freien Willen abstimmen kann. Keinesfalls reicht es als Begründung für eine geheime Abstimmung aus, wenn es sich um einen in der Bevölkerung unbeliebten Beschlussgegenstand handelt. Werden Beschlüsse ohne hinreichenden Grund geheim gefasst, führt dies zu deren Rechtswidrigkeit.“