Wie geht nachhaltiges Mobbing, Herr Ott?

20111031-203906.jpgImmer mehr Details einer intriganten Personalpolitik im Klinikum Konstanz dringen an die Öffentlichkeit. Es wird noch einige Zeit brauchen, bis auch nur die Spitze dieses Skandalbergs abgetragen ist. Die teils auf Umwegen der seemoz-Redaktion zugespielten Informationen füllen schon jetzt mehrere Dateien unserer Rechner. Heute berichten wir zunächst vom Fall einer auf kaltem Wege entmachteten Abteilungsleiterin.

Die Krankenhausleitung wird es eine ganz normale Umstrukturierung nennen. Doch wie fast immer hat sich wohl niemand unter den Verantwortlichen am Klinikum um die Opfer gekümmert, die solche organisatorischen Maßnahmen regelmäßig fordern. Die Personalleitung nicht – Irene Walter spielte schon als Belastungszeugin im Verfahren Müller-Esch eine zwiespältige Rolle – und Klinikchef Rainer Ott schon gar nicht, denn er darf einmal mehr als Strippenzieher auch dieser Affäre gelten.

Ohne Vorwarnung für Beschäftigte wie Bedrohte wurde den Mitarbeitern der Abteilung Medizin-Controlling im September mitgeteilt, dass ihre Abteilung einer größeren Sektion zugeteilt würde; neuer Chef sei nunmehr Herr Heydgen. Die übrigen Beschäftigten im Klinikum erfuhren diese Neuigkeit erst zehn Tage später durch ein formloses Rundschreiben.

Ein U-Boot im Personalrat

Joachim Heydgen gilt als Otts Adlatus. Schon immer hatte er den Verwaltungschef in Finanzsachen vertreten. Pikant nur, dass Heydgen sich auf die Kandidatenliste der letzten Wahl zum Personalrat (PR) setzen ließ. Er erhielt zwar die zweit wenigsten Stimmen und ist nur PR-Ersatzmitglied geworden, aber er dürfte nun Zugang zu allen relevanten PR-Unterlagen haben. U-Boot nennt man so etwas im Gewerkschafter-Jargon. Er führt nun außerdem das Controlling, in dem Finanz- und Medizin-Controlling zukünftig zusammen gefasst sind.

Dr. Beate Seide war von einem Tag auf den anderen die Leitung des Medizin-Controllings los. Die ehemalige Chirurgin und Obfrau der Schwerbehinderten im Klinikum, gleichzeitig im Lenkungskreis des Personalrats, fühlt sich durch diese Entmachtung abgestraft. Üblicherweise werden solche Umorganisationen mit Abteilungsleitern besprochen, üblicherweise ist deren Sachverstand gefragt. Nicht so hier – Rainer Ott entscheidet selbstherrlich, entmachtet eine womöglich unbequeme Beschäftigten-Vertreterin und hievt seinen Intimus auf eine Doppel-Schlüsselposition.

Ein Posten als Schleudersitz

Denn eine Schlüsselposition hat – oder sollte man sagen: hatte – Dr. Seide inne. In der 2007 neu geschaffenen Abteilung werden unter anderem Abrechnungen vorbereitet und strittige Fragen mit dem Medizinischen Dienst und den Krankenkassen abgewickelt. Seide vertrat zudem das Klinikum Konstanz im „Arbeitskreis Medizincontroller“ bei der baden-württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), in dem mit Start des neuen Abrechnungssystems gemeinsame Strategien zur korrekten Datenerfassung und zum Aufbau geeigneter Strukturen in den Krankenhäusern erarbeitet werden.

Dieser Job, gerade in Zeiten von Fusionsabsichten von außerordentlicher Bedeutung, hat wohl tatsächlich etwas von einem Schleudersitz. Schon Dr. Michael Jung, Seides einst gleichberechtigter Kollege, verließ entnervt das Klinikum in Konstanz und arbeitet jetzt in vergleichbarer Position am Krankenhaus Friedrichshafen. Eine vor Jahren versuchte Wiedereinstellung von Jung scheiterte an Geschäftsführer Ott. Verantwortliche, vorausschauende Personalpolitik geht wohl anders. Das ist eher nachhaltiges Mobbing á la Ott.

Die Frustration ist grenzenlos

Das Aufatmen unter den 950-Krankenhaus-Mitarbeitern nach dem von Chefarzt Prof. Müller-Esch gewonnenen Kündigungsschutzprozess war nur von kurzer Dauer – Misstrauen geht um im Klinikum. Können Beschäftigte, in welcher Angelegenheit auch immer, der Personalleitung oder der Ärztlichen Direktion überhaupt noch glauben, nachdem die Glaubwürdigkeit von Dr.Nico Zantl und Irene Walter im Arbeitsgericht Radolfzell derart massiv beschädigt wurde? Mit der Glaubwürdigkeit von Rainer Ott rechnete außer einigen verirrten Gemeinderatsmitgliedern sowieso niemand.

Immer mehr fähige MitarbeiterInnen kehren dem Klinikum enttäuscht und frustriert den Rücken. Und nicht nur PR-Sprecher fürchten um die Funktionsfähigkeit des Krankenhauses. Mittlerweile hat die Kündigungswelle fähiger Mitarbeiter nämlich die Oberarzt-Ebene erreicht. Mit Dr. Volker Kurzweg wandert jetzt auch ein Oberarzt, der als PR-Mitglied sogar besonderen Kündigungsschutz genießt, auf einen besser bezahlten Arbeitsplatz in die Schweiz ab. Die zehnte Arzt-Kündigung in sechs Monaten. Die Frustration im Klinikum Konstanz muss wohl grenzenlos sein.

Autor: hpk

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