„Macht Eure Herzen auf“

In einer leidenschaftlichen Rede rief Christoph Nix zum Schulterschluss mit den KurdInnen von Afrin auf. Und setzte damit den Höhepunkt einer Solidaritäts-Veranstaltung, die am Samstag gut 200 Demonstranten in Konstanz auf die Straßen trieb.

„Hoch die internationale Solidarität“ – dieser beliebte Slogan auf linken Demonstrationen gewann am Samstag beklemmende Aktualität. Keine Rednerin, kein Redner auf der Marktstätte vergaß, darauf hinzuweisen, dass die geschundene Bevölkerung der nordsyrischen Kurdenstadt, die vor einer Woche von türkischen Truppen eingenommen wurde, jetzt Hilfe und Solidarität braucht.

Allen voran Theater-Intendant Christoph Nix, der in einer gewohnt emotionalen Rede an die geschichtlichen Wurzeln des kurdi­schen Volkes erinnerte, den jahr­zehnte­langen Kampf um Unabhängig­keit und einen eigenen Staat beschrieb, um schließ­lich die Menschen und Politiker in Deutsch­land aufzufordern, tatkräftig den Freiheits­kampf der Kurdinnen und Kurden zu unterstützen: „Macht Eure Herzen auf“. Nach seiner Rede wurde er von weinenden Menschen dankbar umarmt.

Zuvor hatten junge Kurdinnen vom verzweifelten Kampf ihrer Landsleute erzählt: Am 19. März meldete die türkische Armee die Eroberung Afrins. Seitdem wird von Plünderungen, Folterungen und Hinrichtungen durch türkische Soldaten und islamistische Söldner berichtet. Gezielt wurden Wohngebiete angegriffen, das einzige Krankenhaus beschossen und die Wasserversorgung zerstört – eine humanitäre Katastrophe ist absehbar. Mehr noch: Nach der Einnahme von Afrin droht Erdogan auch anderen Kantonen der demokratischen Konföderation Rojava, die sich in den letzten Monaten zu einer wahrlich demokratischen Region inmitten der Kriegswirren entwickelt hat, ein blutiges Ende an.

Dass daran Deutschland und die Bundesregierung nicht schuldlos sind, betonte Jürgen Geiger. Der Sprecher der Partei die Linke in Konstanz verwies nicht nur auf die politische und militärische Schützenhilfe aus Berlin, sondern geißelte auch die hierzulande wieder verstärkte Verfolgung und Kriminalisierung kurdischer Oppositioneller: „Deutschland ist dem türkischen Machthaber direkt zu Diensten“. Die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen vermeintliche Anhänger der kurdischen Arbeiterpartei PKK sei in Deutschland sprunghaft gestiegen – allein 2017 seien 136 solcher Verfahren anhängig. „Menschen bekommen Strafanzeigen, weil sie in sozialen Medien YPG-Fahnen teilten. Das ist jene Organisation, die zehntausende Jesiden vor dem islamistischen Terror gerettet hat, die den IS in seiner Hochburg Rakka, in Kobanıȇ und anderen Orten besiegt und somit auch unsere Sicherheit in Deutschland verteidigt hat.“

Vor dieser Abschluss-Kundgebung war ein bunter, friedlicher Demonstrationszug unter beträchtlichem Polizeischutz vom Benediktiner Platz über die Fahrradbrücke durch die Innenstadt auf die Marktstätte gezogen. Mit Parolen wie: „Deutsche Panzer raus aus Kurdistan“ und „Hoch die internationale Solidarität.“

hpk