Mafia-Methoden im Machtkampf um Müller-Pharma?

Markus Klemt von ver.di staunt: „53 Gewerkschaftseintritte auf einen Schlag – das kommt nicht jeden Tag vor“. Grund für die Eintrittswelle ist ein Machtkampf um das Gottmadinger Unternehmen ACA Müller ADAG Pharma. Die Hauptpersonen in diesem Machtpoker sind Firmengründer Müller, der aus seinem Betrieb heraus gedrängt wurde, der neue Prokurist Uwe Kredig und die 270 Beschäftigten, die jetzt Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Manche sprechen gar von Mafia-Methoden bei Müller-Pharma

Eigentlich läuft alles rund bei Müller-Pharma. Das 1995 in Gottmadingen gegründete Unternehmen mit zwei Tochtergesellschaften in Oberhausen und Berlin hat sich erfolgreich als Arzneimittel-Reimporteur etabliert; in einem Markt, auf dem nach Angaben von Branchenkennern zweistellige Zuwachsraten die Regel sind. Das Geschäft funktioniert so: In Deutschland hergestellte Arzneimittel werden in ein EU-Land ausgeführt und dort weit preiswerter an den Kunden gebracht als in Deutschland. Müller reimportiert die billigeren Arzneien und verkauft sie hierzulande erneut. Mit Aufpreis zwar, aber immer noch preiswerter als die hiesige Pharmaindustrie.

Ein Firmengründer wird entlassen

Nach gut 10 Jahren ist aus der kleinen Importfirma eine Aktiengesellschaft mit 270 Beschäftigten geworden. 2009 betrug der Umsatz 78,4 Mio Euro und wurde im laufenden Geschäftsjahr bereits übertroffen. Gewinnzahlen werden zwar nicht genannt, dürften sich aber ebenfalls im Millionenbereich bewegen.

Seit September 2010 jedoch läuft nichts mehr rund bei Müller-Pharma. Der Vorstand und Firmengründer Arthur Müller wurde vom Aufsichtsrat überraschend von seinem Amt abberufen. Als Zweigespann leiten nun Vorstand Olaf Paulißen, nachdem ein schon berufener Vorstand abgesagt hatte, und Prokurist Uwe Kredig die Geschicke der ACA Müller ADAG Pharma AG. Arthur Müller hat mittlerweile – unterstützt von 10 ehemaligen, kürzlich gekündigten Mitarbeitern seiner einstigen Firma – einen neuen Betrieb in Hilzingen eröffnet, um „das Pharma-Export-Geschäft von Hilzingen aus aufzurollen“, wie Müller sagt.

Ein Betriebsrat wird gegründet

Was er nicht sagt: Die Verunsicherung unter den Beschäftigten der ACA Müller-Pharma in Gottmadingen ist riesengroß. Erste Entlassungen gab es bereits, weitere werden befürchtet. Das ist der Grund für den massenhaften Gewerkschaftseintritt und auch für die Gründung eines Betriebsrats. Berthold Meier, Geschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di aus Konstanz, dazu: „Die Management-Querelen kümmern uns nicht. Wir wollen einen Betriebsrat als wirkungsvolle Vertretung der Beschäftigten“. Sein Kollege Klemt ergänzt: „Und wir wollen eine vernünftige Bezahlung erreichen. Und dazu brauchen wir die Gewerkschaft. Denn die bisherige Bezahlung der Müller-Beschäftigten war schlicht sittenwidrig“.

Arthur Müller indes, dem unsaubere Immobiliengeschäfte und Fehler bei der Bilanzerstellung vorgeworfen werden, gibt den Kampf um Müller-Pharma noch nicht auf: „Meine Frau Natalia hat 196000 Aktien. Ich selbst mit Aktionären, die auf meiner Seite stehen, halte 200000. Damit kontrolliere ich die Mehrheit“. Er will zügig eine außerordentliche Hauptversammlung beantragen. Spätestens dann sollen Aufsichtsräte und Vorstand abgewählt werden. „Und dann hören die Mafia-Methoden endlich auf“. Auch Strafanzeigen behält er sich vor.

Immerhin verwehren ihm Security-Leute derzeit den Zugang zu seiner einstigen Firma. Das Betriebsgelände wird von Sicherheitsleuten rund um die Uhr abgeriegelt. Die neue Geschäftsleitung von ACA Müller ADAG Pharma übrigens war tagelang nicht zu erreichen. Vielleicht ist aber auch nur die Telefonleitung defekt.

Autor: hpk