Mehrheit für Pflegeheim Zoffingen zeichnet sich ab

Zahlreich waren sie gekommen – Nieder­bürgler, die gegen den massigen Neubau eines Pflegeheims auf dem Zoffingen-Areal pro­tes­tie­ren. Zuerst zum Ortstermin, wo seit Mitt­woch zwei riesige Stangen die Höhe des viel kritisierten Anbaus simulieren, später dann ins Technische Rathaus, wo der Technische und Umweltausschuss (TUA) erstmals die Umbaupläne der Caritas in die par­lamen­tarische Debatte einbrachte. Doch die end­gültige Entscheidung fällt erst im Gemein­de­rat am Donnerstag nächster Woche.

Dennoch vermittelte die TUA-Diskussion ein erstes Stimmungsbild – und das dürfte die Protestierer von „Zukunft Zoffingen“ nicht ermutigen. Zunächst jedoch erteilte der Ausschuss auf Antrag der LLK den Niederbürglern ein ansonsten nicht übliches Rederecht – das nutzte Rolf Huesgen, Zoffingen-Anrainer und Architekt, um nochmals die Bedenken der BürgerInnen vorzutragen: Sie sind nicht gegen ein Pflegeheim, nur gegen einen Neubau in dieser Massigkeit. Sie beklagen eine Verschandelung des Stadtbilds und die Vernichtung einer Grünfläche in der mittelalterlichen Niederburg, befürchten eine Zunahme des Autoverkehrs und wünschen sich einen „abgespeckten Neubau“.

Bedenken grundlos?

Den hatte zuvor Andreas Hoffman, Bauherr und Caritas-Chef, zum wiederholten Male beschrieben: Entstehen sollen 105 stationäre Pflegeplätze und bis zu 25 Plätze in der Tagespflege, dazu zwei Kleinkindgruppen mit Tagesmüttern und bis zu 20 Kindern sowie eine Pflegewohnung für vier Nonnen, obendrein zwei Gärten und eine Cafeteria, die für jedermann zugänglich sein sollen. Das alles soll von 105 Beschäftigten, 20 ehrenamtlichen Helfern und 10 Azubis bewerkstelligt werden.

Unterstützt wurde Hoffmann vom Bregenzer Architekten Much Untertrifaller, der seinen Entwurf ebenso über den grünen Klee lobte wie der Vorsitzende des Gestaltungsbeirats und die städtischen Experten Frank Mienhardt vom Denkmalamt und Andreas Napel vom Baurechtsamt. Nach ihrer aller Meinung gibt es an den Neubauplänen nichts auszusetzen und Bedenken seien grundlos, die Pläne geradezu alternativlos.

Gibt es Alternativen?

Das sah Peter Müller-Neff von der FGL ganz anders. Er, der die parlamentarische Debatte erst möglich gemacht hatte, plädierte für einen Architekten-Wettbewerb, um Alternativen aufzuzeigen, und für einen Bebauungsplan, um eine Einflussnahme der politischen Gremien zu ermöglichen. Offenkundig steht die Freie Grüne Liste dieses Mal einhellig hinter diesen Vorschlägen, wie sich später in Diskussionsbeiträgen von Gisela Kusche und Anne Mühlhäußer zeigte.

Für diese Position erhielt die FGL nur Unterstützung von der Linken Liste. Ihr LLK-Stadtrat Holger Reile sprach von langer, kontroverser Diskussion in seiner Fraktion, kritisierte aber die städtische Informationspolitik und hätte sich eine rechtzeitige Bürgerbeteiligung gewünscht. „Warum wurde nicht früher informiert, dann hätte das beispielsweise in die Diskussion um eine andere Nutzung des Vincentius-Areals einfließen können. Der jetzt produzierte Zeitdruck ist nicht hinnehmbar.“

Warum noch diskutieren?

Die übrigen Fraktionen stellten sich unmissverständlich hinter das Projekt. Sabine Feist für die CDU nannte die Zoffingen-Planung „ideal für Paradiesler und Niederbürgler, die dann einen Pflegeplatz in ihrer gewohnten Umgebung finden“; Jürgen Ruff (SPD) verwies auf die 40 Prozent Sozialhilfe-Empfänger unter den Pflegeheim-Bewohnern, für die „eine wirtschaftliche Lösung“ gefunden werden müsse und erteilte der FGL-Forderung nach einem Bebauungsplan eine klare Absage; Anselm Venedey für die Freien Wähler warnte vor einer „Unterversorgung bei Pflegeplätzen“ und bekannte sich deshalb zu einem „klaren Ja für dieses Projekt“; Johann Hartwich (FDP) befürchtete eine alternative „Nutzung für Studentenbuden oder durch Investoren“ und lobte die Caritas für deren Lösung; Thomas Buck (JFK) bekannte, dass seine Fraktion „noch im Zwiespalt“ sei, er persönlich aber den Neubau für verträglich halte.

Angebot der Caritas

Zum Ende der zweistündigen Diskussion kam Andreas Hoffmann den Kritikern nochmals entgegen: Er könne sich vorstellen, die Kleinkindergruppen aus dem Zoffingen-Projekt auszugliedern und im Marienhaus anzusiedeln – „wenn denn die Stadt zustimmt.“ Das würde zumindest die Verkehrsprobleme entkrampfen.

Das Schlusswort stand dann Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn zu, der eine neue Wirkung durch einen Architekten-Wettbewerb oder einen Bebauungsplan bezweifelte und wohlgemut auf die Diskussion im Gemeinderat am kommenden Donnerstag verwies: Er kann sich fast sicher sein, dass das Gremium dann im Sinn von Verwaltung und Caritas entscheiden dürfte: Ja zum Pflegeheim Zoffingen in der vorgeschlagenen Planung. Am 28. September geht die Diskussion in die entscheidende Phase und wir wissen mehr – seemoz wird zeitnah berichten.

hpk