Methode „Maulkorb“ in der Konstanzer Stadtverwaltung
Die Aktionsgemeinschaft „Das bessere Verkehrskonzept“ lässt nicht locker: Nach ihren Recherchen wurde dem Gemeinderat wie auch der Öffentlichkeit eine Expertenmeinung zur Verkehrssituation in der Bodanstraße und zur Lago-Parkhauserweiterung bewusst vorenthalten. Damit belegt die Aktionsgemeinschaft eine gezielte Informationsunterdrückung in der Konstanzer Stadtverwaltung. Vom Oberbürgermeister und den Gemeinderatsfraktionen fordert sie Aufklärung: Rückhaltlos, vollständig und unverzüglich.
Mehr noch: Die Aktionsgemeinschaft „Das bessere Verkehrskonzept“ und ihr Sprecher Günther Schäfer kritisieren massive Steuergeldverschwendungen durch langjährige Fehlplanungen. „Oberbürgermeister Frank muss erklären“, so Dr. Schäfer, „ob (die Stadtbediensteten, d. Red.) Schaal und Weber eigenmächtig handelten oder ob sie durch Vorgesetzte angewiesen wurden?“ Gleichzeitig zweifelt die Aktionsgemeinschaft an der Rechtsbeständigkeit des Planungsbeschlusses ‚Parkhauserweiterung Lago‘.
In einer aktuellen Pressemitteilung berichtet die Aktionsgemeinschaft von Recherchen, „die ergeben haben, dass die klar formulierte Ablehnung einer Steigerung der Parkplatzkapazitäten am Ende der Bodanstraße (durch die Lago-Parkhauserweiterung und KKH-Parkhaus) des ehemaligen städtischen Verkehrsplaners Prof. Dr. Menzel dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit vorenthalten wurde. Veranlasst wurde diese Informationsunterdrückung im Baudezernat und durch Wirtschaftsförderer Schaal“. Schriftstücke, die diesen Vorgang belegen, seien drei voneinander unabhängigen regionalen Medien zur Prüfung und Recherche vorgelegt worden.
Parallelen in Konstanz zu Stuttgart 21
„Ähnlich wie bei Stuttgart 21 wurde die Mehrheit für KKH und Erweiterung des Lago-Parkhauses nur dadurch bei der Stange gehalten, dass ihnen ablehnende Expertenmeinungen vorenthalten wurden. Dadurch wurden sinnlose Planungen über Jahre weiter getrieben. Die Planungskosten für das KKH wären dem Steuerzahler vermutlich erspart geblieben, wenn alle Fakten auf dem Tisch gelegen hätten und das Projekt nicht erst sehr spät durch den Bürgerentscheid vor einem Jahr hätte gestoppt werden müssen. So handelt es sich um eine bewusste Täuschung von Gemeinderat und Öffentlichkeit durch hochrangige Verantwortliche in der Konstanzer Stadtverwaltung. Die imsiebenstelligen Bereich liegenden Planungskosten für verkehrspolitisch aberwitzige Projekte wurden durch Beschlüsse sichergestellt, die auf Grundlage einer bewussten Informationsunterdrückung zustande kamen.
Prof. Dr. Menzel hat in einem Schreiben auf eine Anfrage der Aktionsgemeinschaft mitgeteilt, dass der Verkehrsplaner seinen Vorgesetzten bereits 2007 folgendes empfohlen hatte: „ Aufgrund des sehr hohen Aufwandes, der zu betreiben ist, um die verkehrliche Machbarkeit und die Umfeldverträglichkeit des Projektes herzustellen, bin ich der Auffassung, dass dieses Projekt in der vorgelegten Form kaum bzw. gar nicht umsetzbar ist. Ferner möchte ich feststellen, dass eine Erweiterung von Pkw-Stellplatzkapazitäten weder den veröffentlichten Nachhaltigkeitszielen der Stadt Konstanz entsprechen würde noch in der Lage wäre, die regelmäßigen Überlastereignisse auf dem südlichen Altstadtring der Stadt zu mindern oder gar zu vermeiden. Ich empfehle daher aus fachlicher Sicht, das Projekt nicht zu vollenden.“
„Dieses Chaos kann der OB nicht hinnehmen“
Und an anderer Stelle formuliert Prof. Menzel: „Die entsprechende Empfehlung habe ich seinerzeit schriftlich wie mündlich dem damaligen Amtsleiter Herrn Josef Weber und auch dem damaligen Projektleiter KKH, Herrn Friedhelm Schaal, übergeben. Dass meine intern geäußerte Empfehlung nicht weiter verfolgt wurde, wurde also mindestens auf dieser Ebene entschieden. Eine weitere Einflussnahme meinerseits hätte einen Loyalitätskonflikt hervorgerufen.
Offenbar unterlaufen einige Verantwortliche, unter anderem direkte Mitarbeiter des OBs, dessen Konzept des gläsernen Rathauses und rationale Verwaltungsabläufe insgesamt. Eine Organisation, in der derartige interne Reibung herrscht und in der Stellungnahmen von teuer entlohnten Experten einfach verschwinden, ist chaotisch. Eine derartige Ineffizienz kann der OB als Vorgesetzter nicht hinnehmen.“
Was sagt das Regierungspräsidium in Freiburg?
Die Aktionsgemeinschaft weiter: „Wir fordern den OB auf: Klären Sie den Vorgang im Sinne des Gläsernen Rathauses vollständig auf. Erklären Sie im Gemeinderat, wer die Verantwortung für das Informations- und Planungsdesaster trägt. Und ziehen Sie die notwendigen Konsequenzen, damit Konstanz in Zukunft Fehlplanungen aufgrund von zensiertem Fachwissen und damit verbundener Steuergeldverschwendung erspart bleiben. Wir vertrauen hier auch auf die Gemeinderatsfraktionen, die ein lebendiges Interesse an einem unzensierten Informationsfluss haben, unabhängig, ob sie im Grundsatz für oder gegen die Lago-Parkhauserweiterung sind.“
Als letztes Geschütz fährt die Aktionsgemeinschaft, die schon früher mit einer Klage gegen den Gemeinderatsbeschluss ‚Parkhauserweiterung Lago‘ gedroht hatte, die Einbeziehung des Regierungspräsidiums in Freiburg auf: „Daher sollte der Gemeinderat das Regierungspräsidium für die Klärung der Frage einbinden, ob die bisherigen Beschlüsse zur Lago-Parkhauserweiterung aufgrund der Manipulation von Expertenaussagen juristisch überhaupt haltbar sind.“
Autor: PM/hpk