Wie Betrüger die Wohnungsnot nutzen
Eine dreiste Betrugsmasche, bisher bekannt nur aus großen Städten, hat nun den Bodensee erreicht. Mit einem außergewöhnlich günstigen Miet-Angebot lockte ein Inserent im Südkurier Wohnungssuchende an. Nur 600 Euro sollte eine neu renovierte, vollständig möblierte Drei-Zimmerwohnung mit 90 Quadratmeter Wohnfläche im teuren Konstanz kosten. Doch die Sache hatte einen Haken, wie der Mieterbund berichtet.
Für Konstanzer Verhältnisse wäre eine solche Wohnung in der Innenstadt fast wie ein Lottogewinn. Annekathrin V., die schon lange mit ihrem Mann eine neue Bleibe sucht, zögerte daher nicht lange und versuchte die in der Anzeige angegebene Mobilnummer anzurufen.
Schöne Bilder – nichts dahinter
Ans Telefon bekam sie niemanden, aber über SMS erhielt sie immerhin eine E-Mail-Adresse. Mit dem potentiellen Vermieter entwickelte sich nun ein reger Austausch von E-Mails. Auf dessen Wunsch kommunizierten beide auf Englisch, denn er sei holländischer Staatsbürger. Annekathrin V. erhielt umgehend schöne Bilder eines großzügig ausgestatteten Appartements, das eher an eine Hotelsuite als an eine Mietwohnung erinnerte (s. Foto), meinte das wohnungssuchende Paar übereinstimmend. Doch zu einem Besichtigungstermin kam es nicht.
Denn der Vermieter, der sich in den E-Mails Bastian Mertens. nannte, stellte eine Bedingung: Bevor es zu einer Wohnungsbesichtigung kommen könne, verlangte er als Sicherheitsleistung 1200 Euro, die bar über den Geldversender Western Union an ihn geschickt werden sollte. Denn er sei schon einmal vergeblich zu einem Besichtigungstermin angereist, was ihn Zeit und Geld gekostet habe. Selbstverständlich erstatte er sogar die Überweisungsgebühren zurück, wenn es mit dem Termin klappe.
Kein Geld ohne Schlüssel
Annkathrin V. wurde misstrauisch und wandte sich an den Deutschen Mieterbund Bodensee e.V. „Aus größeren Städten kennen die Mietervereine diesen dreisten Betrugsversuch schon länger“, sagt der Vorsitzende des Verbands, Herbert Weber. Es sei aber das erste Mal, dass in Konstanz mit diesem Trick versucht werde, Wohnungssuchende um ihr Geld zu prellen. Typisch sei, dass nur schriftlich und nie am Telefon kommuniziert werde. Wohnungsinteressenten haben neben einer Mobilnummer und einer –E-Mail-Adresse keine Informationen zur Identität des Anbieters und haben auch nie Gelegenheit ein persönliches Gespräch zu führen, so Weber.
Die Wohnungsnot am Bodensee führe leider dazu, dass Wohnungssuchende die notwendige Vorsicht außer Acht lassen. Der Mieterbund warnt nachdrücklich davor, Mieten oder Kautionen zu bezahlen, bevor die Wohnung besichtigt, ein Wohnungsschlüssel übergeben wurde und beide Seiten den Mietvertrag unterschrieben haben. Besondere Vorsicht sei angebracht, wenn der Zahlungsempfänger nicht mit dem Vermieter identisch sei oder wenn gar ein Bargeldtransfer verlangt werde.
MM/hr
@Winfried Kropp
Das ist wirklich schade, ich alleine könnte ihnen einige solche E-Mail-Verläufe vom letzten Jahr weiterleiten. Das mache ich auch gerne für meinen Mieterverein – ich war schlicht davon ausgegangen, dass dies dort schon längst bekannt ist. Wenn es da Informationen bedarf, könnte der Mieterverein seine Mitglieder ja auch gerne dazu aufrufen, solche Vorgänge zu melden.
Im Übrigen weiß ich nicht, was an meiner Äußerung „höchst problematisch und irreführend“ sein soll – Sie ist schlicht ein Erfahrungswert. Ich habe letztes Jahr eine Wohnung gesucht über die üblichen Immobilienportale und da ich gerne die 10€/qm nicht überschreiten wollte, habe ich nur nach solchen Angeboten gesucht – Und von 4 Angeschriebenen waren nach meiner Schätzung mindestens 2, eher 3 Betrügereien darunter.
Das sagt weder aus, dass alles unter 10€/qm Betrug ist (im Gegenteil, ich hatte sogar ein sehr nettes Gespräch mit einem Vermieter, der mir erzählte, dass sein Angebot gesperrt wurden war, weil man es auf Grund des günstigen Preises für eine Betrügerei hielt; der Mann wollte aber einfach zu einem fairen Preis vermieten), sondern warnt nur davor, dass man bei der Wohnungssuche wirklich vorsichtig sein muss – Weil diese Betrügereien wirklich manchmal ganz gut gemacht sind.
@Dirk Kirsten
Gehört hat der Mieterbund Bodensee über solche Praktiken aus Online-Portalen schon. Nur waren diese Berichte meist unkonkret. Auf der Grundlage vom Hörensagen lässt sich wenig bewegen.
Dies war der erste Fall, der uns hinreichend konkret dargelegt wurde, so dass wir tätig werden konnten. Außerdem ist neu, dass der Betrugsversuch über die Wohnungsanzeigen in Tageszeitungen gestartet wurde. Das gab es so in der Form noch nicht.
Im Übrigen ist Ihre Aussage, dass jedes Mietangebot unter 10 Euro pro m² unseriös sein könnte, höchst problematisch und irreführend.
Ich bin völlig schockiert, dass Herr Weber behauptet, dies wäre das erste Mal, dass dieser Betrugsversuch in Konstanz passiert. Ist der Mieterverein wirklich so völlig ahnungslos?
Im Gegenteil, diese Masche ist weder neu, noch ein besonders gut gemachter Betrugsversuch. Das Einzige was mir neu erscheint ist, dass die Announce im SK stand. Aber auf den üblichen Immobilienportalen gibt es für Konstanz diese Betrugsversuche schon lange und sehr dauerhaft – Im Prinzip ist alles verdächtig, was billiger als 10€/qm ist. Und die Angebote sind manchmal deutlich besser gemacht: Mit realistischeren Fotos einer tatsächlichen Wohnung, wo einfach Fotos anderer Announcen gestohlen werden und einer Überweisung nicht per Western Union sondern per Banküberweisung über eine IBAN, wobei der Kontoname dann bspws als „Engels & Völkers“ angegeben wird – Was beim IBAN-System wunderbar funktioniert, da der Name bei einer Überweisung gar nicht überprüft wird und es dann halt so erscheint, als ob eine seriöse Immobilienfirma im Spiel ist.
Daher: Holzauge, sei wachsam!
Diese Masche ist mitnichten neu, auch nicht in Konstanz. Bereits vor ca. 3 Jahren wurde eine angebliche Wohnung an der Gebhardsösch auf ähnliche Weise angeboten, der angebliche Vermieter gab sich als in Griechenland wohnend aus, Kontakt nur per E-Mail möglich. Nach Überweisen einer Sicherheit von (wenn ich mich recht entsinne) 400,- Euro könne man sich den Schlüssel bei einer Spedition abholen, bei Nichtgefallen gebe es die 400,- Euro selbstverständlich zurück. Eine kurze Internetrecherche nach dem Vermieter der angeblichen Wohnungen ergab, dass mit denselben Bildern Wohnungen in mehreren deutschen Städten und zu gleichen Konditionen unter demselben Namen angeboten wurden. Ein Anruf bei der Konstanzer Polizei war wenig fruchtbar.