Mieterrechte in der Corona-Krise

Wir MieterInnen kennen unsere Vermie­terIn­nen: Manche verdienen Dankbarkeit und führen mit uns eine jahrzehntelange herzliche Geschäftsbeziehung zu gegenseitigem Nutz und Frommen. Andere (und zwar nicht wenige) sind Blutsauger, die uns mit Eigen­bedarfskündigungen drohen, um absurde Mieten zu kassieren. Corona verschärft dieses Problem, denn es bringt viele MieterInnen wegen Kurzarbeit, ausbleibenden Honoraren etc. in finanzielle Bedrängnis. Der Mieterbund sagt jetzt, was unter diesen Bedingungen geht und was nicht.

Dass für viele Menschen der Monat länger ist, als das Geld reicht, ist eine Binsenweisheit. Gerade in Krisenzeiten wie diesen ist aber für eine zunehmende Anzahl an Menschen auch schon der Monatsanfang der reine Horror, wenn das normal schon unzulängliche Gehalt durchs Kurzarbeitergeld ersetzt wird, die Miete aber trotzdem wie gehabt bezahlt werden muss. Das Geld reicht einfach nicht. Was heißt das für MieterInnen? Droht ihnen der Verlust der Wohnung? Was tun?

Hier eine Information des Deutschen Mieterbundes in vollem Wortlaut:

Wie Mieter vor der Corona-Krise geschützt werden

Der 3. April ist für Mieter ein rechtlich wichtiger Tag: Denn spätestens am dritten Werktag eines Monats ist die Miete fällig. Bis dahin müssen Miete und die vollständigen Vorauszahlungen der Betriebskosten auf das Konto des Vermieters oder der Hausverwaltung überwiesen werden. Doch was passiert, wenn Mieter aufgrund ausbleibender Einkünfte nicht bezahlen können?

„Der Gesetzgeber hat äußerst schnell angesichts des erheblichen Risikos für Mieter gehandelt,“ erläutert Herbert Weber, der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee, eine aktuelle Rechtsänderung, die Bundestag und Bundesrat letzte Woche beschlossen haben. „Wohnungsmieter, aber auch Mieter von Gewerberäumen werden besser vor dem Verlust ihrer Wohnung oder ihrer Lebensgrundlage geschützt,“ fasst er den Grundgedanken der Neuregelung zusammen. Vielen Menschen werde so die Sorge genommen, dass sie bald auf der Straße sitzen könnte, wenn sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können.

Mietern, die mit Mietzahlungen oder anderen Verpflichtungen mit einem Betrag von zwei Monatsmieten im Rückstand sind, konnte nach geltendem Recht fristlos gekündigt werden. Diese Drohung werde für die nächsten drei Monate mit dem Gesetzesbeschluss außer Kraft gesetzt, erläutert Mieterbund-Sprecher Winfried Kropp. Wenn in der Zeit zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 Mietschulden entstehen, schließe der Gesetzentwurf sowohl eine fristlose als auch eine ordentliche Kündigung wegen des Zahlungsrückstands aus.

Diese Schutzregelung ändere nichts daran, dass Mieter die vereinbarte Miete schulden und bezahlen müssen. „Mietverträge gelten mit allen Rechten und Pflichten weiter“, erläutert Herbert Weber. Die neue Schutzregelung schließe nur die Kündigung aus. Mieter, die sich im Zahlungsverzug befinden, müssten glaubhaft machen, dass sie derzeit wegen der wirtschaftlichen Folgen der Epidemie nicht bezahlen könnten. In diesem Fall sei das Kündigungsrecht wegen Zahlungsverzugs ausgeschlossen. Die rückständigen Mieten müssen aber bis spätestens zum 30. September 2022 vollständig beglichen werden.

Was können Mieter tun, die den jetzigen Zahlungstermin nicht einhalten konnten oder Sorgen haben, ob das Geld für die Mai- oder Juni-Miete reicht? „Sprechen Sie mit Ihrem Vermieter und erläutern Sie, warum Sie die Miete nicht oder nur teilweise bezahlen können,“ rät der Mieterbund. Auch große Vermietungsgesellschaften hätten angekündigt, mit ihren Mietern gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dies könnten Stundungen oder Ratenzahlungen sein. Auch Vereinbarungen über eine Senkung der Miete seien nicht ausgeschlossen. „Wenn Sie eine Einigung mit Ihrem Vermieter erzielt haben, fixieren Sie diese schriftlich,“ sagt Kropp.

Betroffene Mieter sollten auf jeden Fall prüfen, ob sie Ansprüche auf Wohngeld, Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld haben und entsprechende Anträge bei den Wohngeldstellen der Kommunen oder der Landratsämter bzw. der Agentur für Arbeit stellen. Sollten diese Leistungen nicht ausreichen, greift die Grundsicherung. Aufgrund einer jetzt beschlossenen Änderung des Sozialgesetzbuchs übernehmen die Jobcenter bei Bedürftigkeit in den ersten sechs Monaten die vollständigen Kosten für Miete und Betriebskosten. Durch diese Hilfen könne verhindert werden, dass sich hohe Mietschulden auftürmen.

„Wir wissen, dass es immer wieder Menschen gibt, deren Notlagen durch die mitunter weiten Maschen des sozialen Netzes fallen“, sagt Herbert Weber. Er verweist daher auf einen gemeinsamen Vorschlag des Deutschen Mieterbund und des Gesamtverbands der Wohnungswirtschaft, die einen Sicher-Wohnen-Fonds angeregt haben. Dieser soll Mietschulden und damit auch wirtschaftliche Probleme von Kleinvermietern, die wegen Zinszahlungen und Unterhaltungsaufwendungen auf regelmäßige Mieteinnahmen angewiesen sind, verhindern.

Der Mieterbund formuliert einen wesentlichen Kritikpunkt an der gesetzlichen Neuregelung: „Die Schutzfrist vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 ist zu kurz,“ beklagt Winfried Kropp. „Nach unserer Erfahrung entstehen Mietschulden nicht sofort, wenn Mieter in Geldschwierigkeiten kommen, sondern mit einigen Monaten Verzögerung.“ Daher müsse die Bundesregierung diese Kündigungsschutzfrist mindestens bis zum 30. September verlängern.

MM/red (Foto: O. Pugliese)