Mit der Stoffwindel gegen die Müllberge
Wir alle produzieren ihn täglich und machen uns doch so gut wie keine Gedanken darüber: Über 400 Millionen Tonnen Müll fallen allein in Deutschland jährlich an. Dazu zählen auch die Abfälle, die von den Entsorgungsbetrieben Stadt Konstanz (EBK) gesammelt werden. Rund 12.000 Grundstücke fährt die Müllabfuhr im Stadtgebiet und den Ortsteilen an. Bis zu 700 Personen suchen die vier Wertstoffhöfe an Spitzentagen auf. Da kommt einiges zusammen: Im Jahr 2021 haben die EBK rund 36.747 Tonnen Abfälle gesammelt, etwa 300 Tonnen mehr als im Vorjahr. Ein Blick in die Statistik der rührigen Entsorgungsbetriebe.
Es ist verblüffend, wie selbstverständlich wir derartige Mengen an Abfall produzieren: Auf jede Person in Konstanz entfielen im vergangenen Jahr rund 436 Kilogramm Abfall, also mehr als 1 Kilogramm pro Tag. Diese Menge liegt leicht unter dem bundesdeutschen Durchschnitt, den das statistische Bundesamt für 2020 mit 476 Kilogramm pro Person angibt. Da die Konstanzer Müllgesamtmenge gestiegen ist, die Einwohnerzahl sich aber nicht wesentlich verändert hat, hat sich die die Pro-Kopf-Menge gegenüber dem Vorjahr erhöht, und zwar pro KonstanzerIn um etwa 6 Kilogramm. Liegt das vielleicht an den Masken und Schnelltests? Wie gestaltet sich das Mengenverhältnis der verschiedenen Abfallarten? Antworten darauf gibt ein genauerer Blick auf die Abfallstatistik 2021 der EBK.
Restmüll: Leichter Rückgang
Masken, Schnelltests und andere infektiöse Abfälle werden korrekterweise im Restmüll entsorgt. Wäre die häufig in den Medien gelesene Aussage korrekt, dass die Schnelltests und Masken für ein erhöhtes Müllaufkommen sorgen würden, müsste man einen deutlichen Zuwachs beim Restmüll erkennen. In Konstanz ist die Restmüllmenge im Jahr 2021 allerdings konstant geblieben, sogar leicht zurückgegangen von 131 Kilogramm auf 128 Kilogramm pro Person. Insgesamt wurden von den EBK 10.790 Tonnen Restmüll aus Privathaushalten erfasst, was sich ohne Auffälligkeit in die Restmüllmengen der vergangenen fünf Jahre einordnet.
Alles, was im Restmüll landet, wird verbrannt und ist damit unwiederbringlich für den Wertstoffkreislauf verloren. In manchen Fällen ist das sinnvoll, zum Beispiel bei potenziell infektiösen Abfällen, in anderen Fällen aber schlichtweg falsch entsorgt: Studien besagen, dass etwa zwei Drittel dessen, was im Restmüll landet, dort nicht hingehört. Eine Chance auf Recycling gibt es aber nur für die Abfälle, die getrennt vom Restmüll entsorgt werden. Man kann also davon ausgehen: Je weniger Restmüll anfällt, desto besser wird der Abfall getrennt.
Biomüll: Es wird immer noch gekocht!
2020 verblüffte die relativ große Menge an Bioabfall, die mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie erklärt wurde: Durch die Schließung von Restaurants, Kantinen und anderen Gastronomiebetrieben wurde das Kochen am eigenen Herd wichtiger. Und wo gekocht wird, fallen Bioabfälle an. Die Bioabfallmenge 2021 folgt diesem Trend und ist beinahe unverändert hoch: 87 Kilogramm Biomüll pro Kopf und damit die genau gleiche Menge wie im Vorjahr. Insgesamt wurden von den EBK vergangenes Jahr 7.356 Tonnen Biomüll gesammelt.
Auch 2021 war durch Einschränkungen der Gastronomie geprägt, es wurde viel im Homeoffice gearbeitet, dadurch mutmaßlich vermehrt zu Hause gekocht und gegessen. Dazu hat die besonders günstige Wetterlage mit viel Regen und weniger Hitze dem heimischen Gärtner und der heimischen Gärtnerin vermehrt Freude am Rasenmähen beschert.
Altpapier: Weniger Gewicht, mehr Volumen
Die gewogene Menge an Altpapier ist im Jahr 2021 erneut zurückgegangen: Von 72 auf 70 Kilogramm pro Person. Die EBK haben in den Altpapiertonnen und auf den Wertstoffhöfen insgesamt 5.870 Tonnen Altpapier gesammelt. Doch das Gewicht sagt noch nichts über das Volumen: Während sich Printprodukte weiter langsam aus dem Alltag verabschieden und die wenigen verbliebenen Zeitungen nach der Lektüre zur Biomüllsammlung genutzt werden, steigt der Anteil von Kartons kontinuierlich an. Bemerkbar macht sich das vor allem daran, dass ein Müllfahrzeug, das zur Sammlung von Altpapier unterwegs ist, häufiger geleert werden muss als noch vor einigen Jahren.
Gelber Sack: Verpackungen aus Plastik, Metall und Verbundstoffen
Joghurtbecher, Tomatendosen und Milchkartons werden im Gelben Sack entsorgt. Der Gelbe Sack ist der erste Schritt im Recycling von Plastik, Metall und Verbundstoffen, der von den Produzenten der Verpackungen verantwortet wird. Seit Jahresbeginn wird der Gelbe Sack von den EBK häufiger abgeholt, nicht mehr monatlich, sondern alle zwei Wochen. Auf die Menge der gesammelten Verpackungsabfälle hat sich das jedoch nicht ausgewirkt: Mit 24 Kilogramm pro Person, insgesamt 2.059 Tonnen, liegt die Menge sogar leicht unter der Vorjahresmenge von 25 Kilogramm pro Person.
Altglas: 31 Kilogramm Flaschen und Gläser pro Person
In der Vorjahresstatistik fällt auch die Altglasmenge auf, die in den Altglascontainern gesammelt wurde. Sie war 2021 gleichbleibend hoch: 31 Kilogramm Weinflaschen, Marmeladengläser und ähnliches kamen pro Person zusammen, mit 2.622 Tonnen lag die Menge nur um 12 Tonnen unter dem Vorjahreswert. Es wird also weiterhin gern getrunken, gekocht und gebacken.
Sperrmüll und Wertstoffe
Auf den Konstanzer Wertstoffhöfen werden über 30 verschiedene Wertstoffe gesammelt, darunter Sperrmüll, Holz und Metall. Zum klassischen Sperrmüll gehören kaputte Gegenstände, die nicht in die Restmülltonne passen, wie Snowboards, Matratzen oder Teppiche. Alte Möbel aus Holz oder Fahrräder aus Metall lassen sich bestens recyceln und werden darum separat gesammelt. Nicht ganz so bekannt ist die Tatsache, dass auch Druckerzubehör, CDs, Fette und Öle sowie Naturkorken auf den Wertstoffhöfen der EBK gesammelt werden, um sie wiederverwerten zu können. Seit Jahresbeginn 2021 wird auf den Wertstoffhöfen auch sogenanntes Flachglas gesammelt. Das ist Glas, das nicht in den Altglascontainer gehört, aber trotz seines Namens nicht unbedingt flach sein muss: Trinkgläser, Aquarien oder Glaselemente aus Möbelstücken zählen dazu.
Bei Sperrmüll und Wertstoffen sind 2021 keine Auffälligkeiten zu beobachten, beide Mengen blieben konstant auf hohem Niveau: 1.061 Tonnen Sperrmüll und 3.133 Tonnen Wertstoffe wurden auf den Wertstoffhöfen abgegeben.
Grünabfall: Mehr Regen, viel mehr Grünabfälle!
Bei den Grünabfällen gab es erhebliche Änderungen: Die Gesamtmenge der von den EBK gesammelten Grünabfälle ist auf 3.843 Tonnen gestiegen. Das ist ein Anstieg von 1.051 Tonnen beziehungsweise 38%. Pro Kopf wurden in Konstanz rund 46 Kilogramm Grünabfälle gesammelt, das ist mit Abstand der höchste Wert der vergangenen Jahre.
Das kann einerseits daran liegen, dass sich die vermehrte Aufmerksamkeit für den eigenen Garten auch im Jahr 2021 fortgesetzt hat. Was im ersten Pandemiejahr gepflanzt wurde, bedarf schließlich auch im Folgejahr noch der Pflege und Zuwendung.
Der zweite, sicherlich stärkere Faktor ist das Wetter. 2021 hat es im Vergleich zu den Vorjahren verhältnismäßig viel geregnet und es war nicht zu heiß. Perfekte Bedingungen für optimales Wachstum. Und wo mehr wächst, fällt auch mehr Grünabfall an. Dass vor allem das Wetter für den enormen Anstieg an Grünabfällen verantwortlich ist, bezeugen auch die Technischen Betriebe Konstanz (TBK). Auch bei der städtischen Grünpflege sind die Grünabfälle im Jahresvergleich um mehr als ein Drittel gestiegen.
Ohne Grünabfall: Rückgang der Gesamtmenge
Dass die Gesamtmenge der Konstanzer Abfälle ein Fünfjahreshoch erreicht hat, ist also nicht vorschnell als schlecht zu bewerten. Der Zuwachs lässt sich nämlich vor allem auf den Grünabfall zurückführen, der getrennt gesammelt und kompostiert werden kann, damit er als Dünger oder Erde wieder im Nährstoffkreislauf zum Einsatz kommt.
Mehr noch: Betrachtet man die Abfallmenge unter Ausschluss der Grünabfälle, ist sogar ein leichter Rückgang der Gesamtmenge der „vermeidbaren“ Abfallarten festzustellen: Von 33.628 Tonnen im Jahr 2020 auf 32.904 Tonnen im vergangenen Jahr. Keine signifikante Veränderung, aber eben auch keine auffällige Zunahme an Abfällen.
Abfallvermeidung und Abfalltrennung: Nur gemeinsam zu schaffen
Was von der kommunalen Müllabfuhr geholt oder auf den Wertstoffhöfen gesammelt wird, macht nur etwa 15% der Gesamtmüllmenge in Deutschland aus. Die größten Anteile entfallen auf das Bau- und Abbruchgewerbe, auf Produktion und andere Industriezweige sowie die Gewinnung von Bodenschätzen. Dennoch ist es wichtig und richtig, dass sich die Konstanzerinnen und Konstanzer Gedanken über ihr Abfallverhalten machen. Jeder Beitrag zählt, auf dem Weg zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Viel zu oft landet eigentlich noch Brauchbares im Müll und seltene Rohstoffe gehen verloren, weil sie in der falschen Tonne entsorgt wurden. Die Neuproduktion und Entsorgung von Konsumgütern tragen einen großen Anteil zum globalen CO2-Ausstoß bei. Abfallvermeidung und Abfalltrennung reduzieren diesen CO2-Ausstoß, da beim Recycling weit weniger Energie benötigt wird und die Transportwege kürzer sind.
Darum helfen die EBK mit Tipps zur Abfallvermeidung und Abfalltrennung. Im Online-Abfall-ABC ist schnell herausgefunden, wo etwas korrekt entsorgt wird. Auf der Website der EBK lässt sich in der Rubrik Abfallwege nachvollziehen, wie die einzelnen Abfallarten weiterverarbeitet und recycelt werden. Und wer spezielle Fragen hat, dem hilft die Abfallberatung der EBK persönlich und per Mail gerne weiter.
Zuschuss für Mehrwegwindeln
Rund 5,3 Millionen Windeln – grob überschlagen ist das die Menge an Windeln, die für die 2021 in Konstanz geborenen Babys anfällt. 1.161 Babys hieß Konstanz vergangenes Jahr willkommen. Gewickelt wird etwa 2,5 Jahre lang, etwa fünfmal am Tag. Für jedes Kind werden also rund 4.600 Windeln im Restmüll entsorgt, eine riesige Menge. Dabei lässt sich das oberste Gebot der Abfallvermeidung auch auf Windeln anwenden: Stoffwindeln haben sich als Mehrweg-Alternative etabliert.
Um diesen Beitrag zur Abfallvermeidung zu unterstützen, bezuschussen die Entsorgungsbetriebe Stadt Konstanz (EBK) seit 2020 den Neukauf von Stoffwindeln. 264 Anträge wurden seitdem positiv beschieden. Erwachsene, die auf Windeln angewiesen sind, können den Stoffwindelzuschuss selbstverständlich ebenfalls beantragen.
Nun wird der Stoffwindelzuschuss vereinfacht, die bisher zwei möglichen Anträge werden zu einem zusammengefasst. Förderkriterien und Summe bleiben gleich: Ab April 2022 kann der Zuschuss von maximal 50% des Kaufpreises, bis zu 200 Euro, für den Neukauf von Stoffwindeln bereits auf einen einzigen Antrag hin gewährt werden. Der Antrag muss in den ersten beiden Lebensjahren des Kindes bei den EBK eingehen, die Rechnungen dürfen nicht älter als 24 Monate sein. Bislang waren zwei Anträge möglich, die je maximal 100 Euro Zuschuss gewährten. Eltern, die im vergangenen Jahr bereits einen ersten Antrag gestellt haben, können den zweiten Antrag selbstverständlich noch nachreichen. Auch für Erwachsene werden die bislang zwei möglichen Anträge zu einem zusammengefasst.
Wie die Nutzung von Stoffwindeln ökologisch bewertet werden kann, ist sehr vom individuellen Verhalten abhängig. Die Wasch- und Trockenroutine benötigt große Mengen an Strom und Wasser. Wenn die Stoffwindeln möglichst lange genutzt, in der vollen Waschmaschine bei 60 Grad, anschließend an der Luft und nicht im Trockner getrocknet werden, wird nicht nur der Abfall, sondern auch die Energiekosten reduziert.
Informationen zum Stoffwindelzuschuss und den entsprechenden Antrag gibt es im Web unter www.ebk-konstanz.de und persönlich beim EBK Kundenservice.
Text: MM/red, Bilder: O. Pugliese
> anschließend an der Luft und nicht im Trockner getrocknet werden
Außer im Winter und Herbst. 🙂 Da ist der Wärmepumpentrockner effizienter als die Heizung der Wohnung.