Mit Knüppeln gegen die AfD in Stockach?

Die AfD will zum Auftakt ihres Europawahlkampfs in der Region mit dem Auftritt von Alice Weidel bei einer Veranstaltung in Stockach punkten. Gegen die Veranstaltung der Rechtspartei am 6.4. mobilisiert das Konstanzer „Offene Antifaschistische Treffen“ (siehe dazu hier), das zu einer Demonstration gegen den Besuch der Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion aufruft. Der Kreisverband der Rechtspartei hat den Protestaufruf zum Anlass für Offene Briefe an den CDU-Bundestagsabgeordneten Jung und den Konstanzer OB Burchardt genommen.

Mit der Fraktionsvorsitzenden Weidel hat der hiesige Kreisverband schweres Geschütz aufgefahren, um am kommenden Samstag für das deutsch-nationalistische Programm zu werben, mit dem die Rechten in den Europawahlkampf ziehen. So will die Partei, in der ein offen völkischer Flügel zunehmend Oberwasser bekommt, etwa das direkt gewählte europäische Parlament ersatzlos abschaffen und hält sich die Option eines „Dexits“ offen. Selbstredend befleißigt sich das Programm der sattsam bekannten Rhetorik gegen MigrantInnen und Geflüchtete, hetzt gegen soziale Transferleistungen, fordert die „zügige Anpassung des deutschen Wehretats an das 2-Prozent-Ziel der NATO“ und will die „nationale Souveränität in der Asyl- und Zuwanderungspolitik wiederherstellen“, sprich die deutschen Schotten endgültig dicht machen.

Gründe genug also für Proteste gegen die Veranstaltung des Konstanzer AfD-Kreisverbands, in dessen Reihen mit dem Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon zudem ein offener Antisemit die Stimme erheben darf. Die am 6.4. als Rednerin im Stockacher Bürgerhaus „Adler Post“ vorgesehene Alice Weidel selbst, die zusammen mit Parteichef Meuthen im Zentrum einer Spendenaffäre steht, müht sich zwar um eine bürgerliche Fassade, spricht intern aber ebenfalls Tacheles. So wurde etwa 2017 eine Mail bekannt, in der sie davon halluzinierte, das Land werde deshalb von „kulturfremden Völkern wie Arabern, Sinti und Roma etc. überschwemmt“, weil „Verfassungsfeinde, von denen wir regiert werden“ die „systematische Zerstörung der bürgerlichen Gesellschaft“ im Sinn hätten.

„Treffpunkt gewaltbereiter Linksextremisten“

Das Offene Antifaschistische Treffen (OAT), das sich dem Ziel verschrieben hat, der rechten Formierung mit politischer Aufklärungs- und Bildungsarbeit sowie eben Demonstrationen und Kundgebungen die Stirn zu bieten, will dem Aufgalopp der AfD nicht tatenlos zusehen. „Nichts zu tun ist für uns keine Option“, so der Aufruf zur Protestdemo, „lasst uns gemeinsam gegen die AfD auf die Straße gehen und ihr den Wahlkampfauftakt gehörig vermiesen“.

Der zu erwartende öffentliche Gegenwind für ihre Wahlkampfveranstaltung hat den AfD-Kreisvorstand offenbar so erbost, dass er sich per offenen Briefen an Funktionsträger der geschmähten „Altparteien“ wandte. Vom CDU-Wahlkreisabgeordneten Andreas Jung wollten die AfDler unter anderem wissen, ob mit Mitteln der Bundesregierung „auch linksextreme Gruppierungen aus dem Raum Konstanz gefördert“ würden, „und wenn ja in welcher Höhe“. Im Schreiben an den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt, ebenfalls Unionsmitglied, empören sich die Rechten vor allem darüber, dass sich das OAT in Räumen des Café Mondial versammelt. Das von der Stadt finanziell geförderte Begegnungszentrum ist Treffpunkt zahlreicher zivilgesellschaftlicher Gruppen, darunter viele, die sich mit und für Geflüchtete engagieren. Ob „die Stadt Konstanz weiterhin diesen Treffpunkt gewaltbereiter Linksextremisten unterstützen“ wolle, fragen die rechten Vorständler, die der „Antifa Konstanz“ unterstellen, zur Gewalt aufzurufen – „mit Knüppeln gegen die AfD und ihre Wähler!“ Das  Konstanzer Stadtoberhaupt antwortete seinerseits brieflich, die Räume des von der Stadt mit Zuschüssen unterstützten Treffpunkts nutzten verschiedene Organisationen. „Dass dabei zu gewaltsamen Aktionen aufgerufen wird, ist uns nicht bekannt. Auch eine Nachfrage bei der Polizeidirektion Konstanz ergab keine Erkenntnisse.“ Burchardt versichert: „Gewalt als Mittel in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner lehne ich entschieden ab.“

Als Beleg für die angeblich zu erwartenden Gewaltorgien marodierender Linker dient dem Kreisvorstand ein Bild, das auf Flyern und in sozialen Netzwerken den Aufruf zur Demo ziert. Es zeigt einen Menschen, der ein stilisiertes Kantholz in Richtung eines zerrissenen AfD-Logos schwingt. Die OAT-AktivistInnen weisen die AfD-Vorwürfe strikt zurück. Das monierte Bild sei eine Collage auf Basis eines Graffitos des bekannten britischen Streetart-Künstlers Bansky. Mit dem hineinmontierten Holzstück karikiere man die „typischen AfD-Opfermythen“. Es erinnere an die Falschbehauptung der Rechten, der AfD-Abgeordnete Frank Magnitz sei mit einem Kantholz angegriffen worden. „Obwohl keine dahingehenden Fakten vorlagen, erfand die AfD diese Fake-News.“

Gewalt droht von Rechten

Auf besorgte Fragen der Stockacher Lokalredaktion des Südkurier stellte das OAT klar, es rechne von Seiten der VersammlungsteilnehmerInnen am Samstag mit friedlichem Protest. Anlass zur Sorge gebe allerdings, dass „in der Vergangenheit mehrfach körperliche Angriffe durch AfD-Sympathisant*innen auf Protestierende“ zu beklagen gewesen seien, zuletzt während „einer Veranstaltung des Holocaustleugners und AfD-Mitglieds Wolfgang Gedeon“ in Rielasingen. Die AntifaschistInnen können zugleich auf einige Posts auf der AfD-Facebookseite verweisen, in denen die Demoankündigung zum Anlass genommen wird, zu Gewalt gegen linke Proteste aufzurufen.  Zugleich mahnen sie in Richtung Behörden und Polizei an, die antifaschistischen Aktivitäten nicht rechtswidrig zu unterbinden.

Bei der Demo, betonen die OAT-AktivistInnen, gehe es darum der AfD zu zeigen, „dass sie nicht die Mehrheit ist, sondern der rechte Rand“. Mit der Protestaktion, die bei verschiedenen lokalen Gruppen auf ein sehr positives Echo gestoßen sei, wollen die AktivistInnen deutlich machen, dass die „menschenverachtende Politik und Rhetorik“ nicht unwidersprochen bleibt. „Wir wollen inhaltliche Kritik auf der Demo und am Veranstaltungsort äußern und uns für eine befreite, solidarische Gesellschaft einsetzen.“

J. Geiger


Stockach stoppt die AFD – Demonstration gegen den Besuch von Alice Weidel
Treffpunkt: Samstag, 6.4. 2019, 17.00 Uhr am Bahnhof Stockach