Mittel gegen Wohnungsnot soll verwässert werden
Kurz vor der TUA-Sitzung am morgigen Donnerstag machen die Konstanzer Hauseigentümer noch einmal richtig Stimmung gegen die „Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“, die der Technische und Umweltausschuss (TUA) in Vorbereitung der letzten Sitzung des Gemeinderates in dieser Legislatur auf den Weg bringen soll: Dem Hauseigentümer-Verband schwant ein grundgesetzwidriger „Eingriff in die Rechte der Eigentümer“
In einem Schreiben an die Spitzen der Stadtverwaltung und alle StadträtInnen fährt „Haus und Grund“, der Verband der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer Konstanz und Umgebung e.V., schweres Geschütz auf. Eine Neuauflage des 2006 in Konstanz abgeschafften Zweckentfremdungsverbots von Wohnraum sei „kontraproduktiv“, viel „zu teuer“ und überhaupt „unwirksam“. Zudem bezweifelt Haus+Grund-Vorstand Thomas Daigel, den vor Tagen das Heimatblatt schon ausreichend zu Wort kommen ließ, die Zahlen der Wohnungssuchenden der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBAK – das seien gar keine Wohnungssuchenden, sondern überwiegend Wohnungsinhaber, die nur eine „größere, modernere und näher zur Innenstadt gelegene Wohnung“ suchten.
Stadtverwaltung knickt ein
Zwar verkennt selbst Rechtsassessor Daigel nicht „die stark überhöhte Nachfrage im örtlichen Wohnungsmarkt“ (pardon, Herr Daigel: Wohnungsnot heißt das), doch ein Zweckentfremdungsverbot sei ungeeignet, „dieser hohen Nachfrage zu begegnen“. Und überhaupt sei sie grundgesetzwidrig und somit ein unerlaubter Eingriff in die Eigentumsrechte der Haus-und Grundbesitzer.
Der an sich schon ungehörige Versuch der Einflussnahme durch die Eigentümer-Lobbyisten erscheint umso dreister, wenn man sich die TUA-Vorlage des Amtes für Stadtplanung und Umwelt näher anschaut. Da wird nämlich schon zurück gerudert: Ferienwohnungen sollen teilweise aus dem Zweckentfremdungsverbot ausgenommen werden und „die berufliche Mitnutzungsmöglichkeit des eigenen Wohngebäudes“ wird stellenweise wieder erlaubt.
Verzögerungstaktik zahlt sich aus
Da hat sich die Verzögerungstaktik der bürgerlichen Gemeinderatsmehrheit wohl ausgezahlt. Zur Erinnerung: Die „Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ stand am 27. März schon einmal auf der Tagesordnung des Gemeinderates – damals wurde diese wichtige Frage auf Betreiben der CDU-Fraktion vertagt und in den TUA zurück verwiesen – eine notwendige Regelung also weiterhin verzögert. Jetzt ist die Stadtverwaltung eingeknickt, hat wesentliche Passagen der Satzung verwässert und der bürgerlichen Gemeinderatsmehrheit füglich nachgegeben.
Ohne Not, denn das Konstanzer Zweckentfremdungsverbot in seiner ursprünglichen Fassung gibt es so auch in Freiburg und München; zudem fußt es wortgetreu auf dem Landesgesetz vom 18.12.2013 – sozialistische Einflüsse sind da kaum zu vermuten. Eher schon Konsenstümelei, wenn man es sich im Rathaus nicht mit dem Grundeigentümerverband verscherzen will. Nur – eine Waffe gegen Wohnungsspekulation, Mietwucher und Wohnungsnot, das ohnehin nur eingeschränkt wirksam ist, gibt man so leichtfertig aus der Hand. Wenn, ja wenn die Gemeinderäte im TUA den neuerlichen Änderungen zustimmen.
Übrigens: Am 25. Mai wird ein neuer Gemeinderat gewählt.
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Autor: hpk
Wer das Argument der begrenzten Landschaftsressourcen ernst nimmt, kommt um Bauen in die Höhe nicht herum, und sollte Konzepte und Mittel für eine bessere Vorortanbindung fordern, damit das Wohnen auch außerhalb der begehrten Kernstadt nicht nur attraktiver, sondern auch von den Wegekosten bezahlbarer wird. Wenn Stadtrat Venedey bei der Wahlveranstaltung der Bürgergemeinschaft Petershausen auch als einziger auf dem Podium die Notwendigkeit von Hochhausbauten erkannt hat, so passt nicht ins Bild, dass er gleichzeitig die Christiani-Wiesen einer Bebauung opfern will.
Bestehende Bereitschaft im Gewerbebereich zu flächenschonenden Investitionen ist zu unterstützen, sofern diese keine Wohnnachbarschaft beeinträchtigen. Wenn seeabgewandt und stadtbildunschädlich, ist die Errichtung von Hochhäusern zielgerecht. Auch im Wohnungsbau sind unter diesen Voraussetzungen neue Hochhausbauten denkbar.
Der Bestand zeigt dafür durchaus positive Beispiele. Diesen gemeinsam ist, dass sie entweder als Solitär ihre Umgebung nicht erdrücken oder ein lockeres Ensemble bilden mit ausreichend Zwischenraum in begrünter Umgebung. Nicht gemeint sind die wohl den Gegnern vor Augen stehenden Negativbeispiele ganzer Viertel aus gleichförmiger Hochhausarchitektur.
Ich selbst wohne in unmittelbarer Nähe des weithin sichtbaren Telekomgebäudes. Optisch an dieser Stelle kein weiser Entschluss, aber dank kluger Platzierung für die unmittelbare Umgebung bringt das Hochhaus nur geringe Verschattung und Sichteinschränkung. Dies ziehe ich auf jeden Fall vor einer exzessiven Verdichtung unserer gewachsenen Baustrukturen, die im belebten Zentrum Petershausens letzte grüne, der Erholung dienende Innenhöfe bedroht. Wer will schon lieber einzig den Brandschutzvorschriften geschuldete minimale Wandabstände von 5 m vor seinen Fenstern
So wie leider auch im Neubaugebiet südlich des Petershauser Bahnhofs gegeben, straft diese Massierung die von wachstumsprofitierender Seite gebetsmühlenartig wiederholte Darstellung als Aufwertung Lügen.
Hallo Herr Pschorr, in aller Ehre zu ihrem Jurastudium, dass sie selbstverständlich im Wissen von einem Durchschnittsbürger unterscheidet. Ihre Erklärung über Grundrechte ist wohl etwas daneben. Aber gerne setze ich mich auch bei ihnen mit der Thematik Wohnungsbau auseinander.
Vielleicht haben sie nicht verstanden, worum es geht. Es geht nicht um leerstehende Gebäude. Es geht auch nicht um ihre Kommilitonen, die selbstverständlich geförderte Unterkünfte brauche. Es geht, ganz richtig, um bezahlbaren Wohnraum, nicht nur für junge Leute und ältere, der durch ein Zweckentfremdungsverbot nicht geschaffen werden kann, wie bereits schon erklärt.
Auch sie als Hoffnungsträger der LLK müssen sich entscheiden (wenn sie gewählt werden), welche Lebensqualität sie bei den Alternativen Innen-, Außenentwicklung oder Hochbauweise anstreben. Hierbei denken sie aber bei einer Not der Wohnungssuchenden lieber an ihr persönliches Empfinden, in dem sie für sich entschieden haben, dass sie die Hochbauweise nicht ästhetisch finden.
Auszugehen ist, dass sie ein kaufmännisches Wissen mitbringen und verstehen, dass auf einem vielfach begehrten Grund und Boden in Stadtnähe kein bezahlbarer Wohnraum entstehen kann.
Alles andere hatte ich bereit zuvor angeführt. Leider können sie mir nicht beipflichten, dass im wertvollen Naturbereich am Bodensee, mit anziehendem Charme der Konstanzer Altstadt und der guten Infrastruktur, nicht immer mehr teuer Grund versiegelt werden darf.
Ein weiterer Verbrauch von Flächen in der Innen- und Außenentwicklung geht immer zu Lasten der Lebensqualität für die Natur. Da bei geht es nicht nur um die wichtige grüne Wiese und den Baumbestand. Auch der Mensch braucht zur Entfaltung diesen wichtigen Freiraum, der in der geographisch engen Lage von Konstanz noch vorhanden ist.
Wenn es eine Not im Wohnungsbau gibt, darf dieser Notfall nicht ihren individuellen Wünschen nach einem ästhetisches Umfeld geopfert werden, sondern der Zweck kann nur die „Not“ beseitigen.
Sehr geehrter Herr Moersch,
Als Jurastudent werde ich Ihnen mit Freuden das Konzept von Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung innerhalb der Prüfung der Freiheitsgrundrechte erklären.
Bitte suggerieren Sie nicht, dass jeder Eingriff in ein Grundrecht auch gleich rechtswidrig ist – denn dann gäbe es keine Polizei (ja, auch Straftäter sind Träger von Grundrechten), keine Steuern, keinen Verbraucherschutz, keine Arbeitnehmerrechte, keinen Arbeitskampf etc. Das Zweckentfremdungsverbot ist ein ziemlich harmloser Eingriff, wenn man ihn in Relation mit anderen Beschränkungen grundrechtlicher Freiheiten setzt. Es bietet dafür jedoch große Chancen, leerstehende Gebäude wieder mit Leben zu erfüllen.
Dass in Konstanz Wohnungsnot herrscht, können Sie, gestützt auf Ihre Meinungsfreiheit, gern bestreiten. Setzen Sie sich doch mit einigen meiner (zukünftigen) Kommillitonen, vielen jungen Familien und einer ganzen Reihe älterer Leute auseinander, die wegen der wahnsinnigen Preise keine Wohnung mehr finden. Vielleicht kann Sie das überzeugen.
So sehr wir für den Bau von Wohnungen einstehen, so sehr müssen wir auch daran denken, dass die dann gebauten Wohnungen auch einen Raum mit Lebensqualität darstellen müssen. Ob wir das durch den übermäßigen Bau von Hochhäusern erreichen? Ich denke eher, wir müssen auch ein gewisses ästhetisches Mindestmaß bewahren…
All das hat nichts mit Ideologie zu tun.
Herr Koch, ich glaube, dass ideologische Gesichtspunkte auch nicht bei einem Glas Wein verändert werden könnten.
Wenn es um die „Not“ von Wohnungssuchenden geht (das gab es mal nach dem Krieg, als Deutschlang niedergebombt war), darf es nicht mehr um das Befinden von Propagandisten gehen, die mit einer Not am Konstanzer Wohnungsmarkt agieren. Auch ihre persönliche Empfindsamkeit beim Anblick einer Skyline sollte dabei hinten anstehen.
Wer von einer Not spricht, muss auch zu diesen rein subjektiven, optischen Befindlichkeitsstörungen bereit sein! Ich hoffte, dass die Zeiten, wo Notunterkünfte durch staatliche Einflussnahme requiriert werden mussten, endlich der Vergangenheit angehören. So wirkt die Maßnahme zum Zweckentfremdungsverbot im Allgemeinen sehr wohl in die Grundrechte unseres bisher erfolgreichen Gesellschaftssystems.
Die Kommune ist seit Jahrzehnten schon fest im Tourismusgeschäft verankert. Von einer produzierenden Wirtschaft hat sich Konstanz zu einer dienstleistenden Wirtschaft verändert. Politisch in der Vergangenheit so gewollt und wird sie es auch weiterhin bleiben. Auf dieser Grundlage braucht der Tourist als Verbraucher neben sonstigen Vermietungsangeboten auch das Angebot von Ferienwohnungen im Wohneigentum von privaten Vermietern.
Hierbei soll auch das Angebot entsprechend der Nachfrage sein. Wenn hierbei vom Missbrauch von bezahlbarem Wohnraum die Rede ist, kann ich mich auch weiterhin nicht den hier ideologisch geprägten Grundzügen nähern.
Diese Art von einer Basis auf Gerechtigkeit ist inzwischen ziemlich unpopulär, weil es praxisnah schon lange historisch gescheitert ist. Ob ein bezahlbarer Wohnraum in ehemaligen Ferienwohnungen eher im Bereich von Träumen im Wunsch zum Ziel gehört, muss jeder für sich definieren, denn real wird der Vermieter den so freigewordenen Ferien-Wohnraum nicht unter einer üblichen Vergleichsmiete vermieten.
Breiter Diskussionsstoff, den Sie da liefern, lieber Herr Moersch (vielleicht ein Anlass zu einem abendlichen Glas Wein), der an dieser Stelle aber nur bruchstückhaft abgearbeitet werden kann. In Kürze darum nur so viel: Was ich nicht möchte, ist eine Manhattan-Skyline am Bodenseeufer; was schon geht, ist eine stellenweise, vorsichtige Aufstockung. Nur: Das löst die Wohnungsnot in Konstanz nicht.
Was ich nicht möchte, ist, dass in der Niederburg oder anderswo Mietwohnungen in Ferienwohnungen umgewandelt werden. Um solchen Missbrauch von bezahlbarem Wohnraum zu verhindern, braucht es ein Zweckentfremdungsverbot – ein kleiner, aber erster Schritt zu mehr Gerechtigkeit auf dem Wohnungsmarkt. Hoffen wir, dass der TUA auf seiner Sitzung gerade in diesen Minuten auch zu dieser Einsicht gelangt.
Was ich nicht möchte: Von Ihnen der ideologischen Augenwischerei beschuldigt zu werden. Damit stülpen Sie dem wahren Problem der Wohnungsnot ein weltanschauliches Tarnmäntelchen über. Die Not ist viel zu ernst als dass sie mit Scheindebatten dieser Art zerredet werden sollte.
Lieber Herr Koch, da haben sie sich ja einen aus ideologischen Ansichten geprägten Gegner vorgenommen. Gemäß Wallraff „Die da oben, wir da unten“. Und alle Wohneigentümer, die durch ihre Individualität zum gesellschaftlichen Besitz gekommen sind, werden als Gegner von „Wohnungsnot“ ins Korn genommen.
Nun offenbart sich, auffallend kurz vor der Kommunalwahl, der historische geprägte Klassenkampf auch im kleinsten Glied der demokratischen Kette, der Kommune. Dabei geht es nicht mehr um die sachliche Verwendung von Eigentum, sondern da vermuten sie die klassenpolitische „richtige“ Stimmungsmache von denen „die was haben“, den Hauseigentümern und ihrer Lobby.
Besonders überrascht hat mich dann doch ihr Beitrag auf der Kandidatenbefragung von der Bürgergemeinschaft Petershausen (BGP), dass sie einerseits, wie in ihrem obigen Beitrag angeführt, einen besonderen Wert auf den Begriff „Wohnungsnot“ legen, aber andererseits in dieser Not eine eher schnell zu beseitigende Not durch die Hochbauweise ablehnen. Nur hierdurch lässt sich auf dem heißumkämpften Wohnungsmarkt im begehrten Konstanz bezahlbarer Wohnraum schaffen.
Den schon ewig diskutieren Gegensätzen, wie die grundverschlingenden Aspekte der Innen- und Außenentwicklung, geben sie gegenüber einer umweltschonenden Hochbauwohnungspolitik keine Chance. Den Begriff Wohnungsnot zu Wichten, aber anderseits einer relativ schnellen Beeinflussung der „noch“ wenigen vorhandenen Grundflächen für eine befriedende Wohnungspolitik zu nutzen, ist wohl mehr als widersprüchlich.
Schon ideologisch mögen sie einer Satzung über das Gebot der Zweckentfremdung zustimmen. Die Frage sollte aber grundsätzlich sachlich zu sehen sein: was bringt sie und für wen bringt sie was und wieviel bringt sie? Nirgendwo lese ich zumindest eine Schätzung, wie viele Wohnungen und wie viele Personen dadurch ihre Wohnungsnot verlieren können.
Glauben sie denn, mit solch einer ideologischen Augenwischerei könne man könne man ernsthaft einen bedeuteten Teil der Wohnungssuchenden befriedigen? In Sachen Wohnungspolitik darf es nicht um ein historisches bedingtes Aufflackern ideologisch geprägter Gegensätze kommen.