Möchten Sie so wohnen?
Die Wohnungsnot in und um Konstanz treibt hässliche Blüten, wie die Fotos belegen. Doch was einige Geschäftsmacher unter den Vermietern manchen Geflüchteten als Bleibe für teures Geld anbieten, ist schon besonders: Oder möchten Sie in einem solchen Zimmer hausen?
Die kurdische Familie K. (alle Namen sind der Redaktion bekannt) lebte monatelang mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern in diesem einen Zimmer – mittlerweile hat die Familie, die seit über zwei Jahren in Deutschland lebt und damit Anspruch auf eine ‚Anschlussunterbringung‘ hat, auf Vermittlung einer Konstanzer Stadträtin eine neue Wohnung gefunden – größer, heller und ohne Schimmelflecken.
Das Zimmer, das die Vermieterin R. im Konstanzer Stadtteil Fürstenberg anbietet, wurde zum Höchstpreis vermietet. Das heißt: Sozialamt und/oder Job Center zahlen bis zu 350 Euro pro Erwachsenen (und entsprechend weniger für jedes Kind), wenn, wie in diesem Fall, die Familienmitglieder über kein eigenes Einkommen verfügen, aber anerkannte Asylbewerber sind. Der Skandal im Skandal: Bislang hat kein Behörden-Mitarbeiter dieses Zimmer inspiziert. Motto anscheinend: Hauptsache Dach übern Kopf, egal, ob es durchregnet.
Das ist beileibe kein Einzelfall. Immer wieder werden der seemoz-Redaktion solche Bilder und solche Geschichten vorgelegt, immer allerdings mit dem Zusatz, doch bitte nicht zu präzise und schon gar nicht unter Namensnennung zu informieren. Zu groß ist unter den Neubürgern die Angst vor Repressalien – im Königsbau, auch in der Konstanzer Altstadt, in Radolfzell oder in Petershausen.
Doch die Frage bleibt: Dürfen in einer so reichen Stadt wie Konstanz in einem so reichen Land wie Deutschland solche (Wohn)Verhältnisse toleriert werden? Fühlt sich jemand zuständig, solche Zustände zu ändern?
hpk
Hauptsache der Vermieter kann eine hohe Miete kassieren. Investitionen schmälern die Rendite, werden auf die lange Bank geschoben oder dem Mieter überlassen. Solange die Nachfrage nach Wohnraum das Angebot übersteigt, können sich derartige Vermieter ruhig zurücklehnen und Mietsuchenden solche mangelhafte Wohnungen zu hohen Mieten anbieten. Da hilft auch der Mietspiegel nur wenig. Hauptsache ein Dach überm Kopf. Kontrolle durch Sozialamt / Jobcenter scheitert an der zu geringen Personaldecke.
Riemer-Immobilien, Hendrik Riemer, Allensbach
Aktuell aus den „Nachenkseiten.de“:
„Dokumentarfilm über Gentrifizierung: „Das Land gehört allen!“
Bei der diesjährigen Architekturbiennale in Chicago hat der Dokumentarfilm „The Property Drama“ für Wirbel gesorgt. Es geht um Preisexplosionen auf dem Wohnungsmarkt, Verdrängung und die Zukunft unserer Städte. Nur 30 Minuten dauert dieser Film, vielleicht hätten ihm ein paar mehr gut getan. 30 atemlose Minuten, in denen weltweit agierende Architekten über das „Property Drama“, das Drama mit dem Eigentum sprechen. Es geht um den Grund und Boden, der uns, der Stadtgesellschaft, zunehmend abhanden kommt, weil er in private Hände gelangt, deren Profitgier keine Grenzen kennt. Denn so ein Stück Stadt ist per se ja eine gute Geldanlage!
Hans-Jochen Vogel, inzwischen 91-jährig, ist kein Architekt, war aber Oberbürgermeister. Und er kommt in diesem Film auch zu Wort. „Wenn einer gar nix macht und der Wert steigt nicht in Folge seiner Anstrengung, sondern weil die Stadt wächst und dadurch der Bedarf zunimmt, dann sind das Gewinne, für die er selber keinen eigenen Beitrag geleistet hat“ … und diese Gewinne daher, so der SPD-Politiker weiter, äußerst fragwürdig sind.
Und dann nennt Vogel diese Zahl, die einem die Sprache verschlägt: In München ist der Bodenpreis seit 1950 bis heute um etwa 36.000 Prozent gewachsen! 36.000 Prozent!“
Quelle: Deutschlandfunk Kultur
Und wie sieht es hier in Konstanz aus?
Wäre sehr interessant, dazu Prozentzahlen zu bekommen!
Wenn 4 Personen in einem Zimmer leben, ist das doch Käfighaltung – ich verstehe nicht, wie das zuständige Amt sowas überhaupt für geeignet hält. Und noch viel Geld dafür zahlt.
Konstanz ist für viele Menschen unbezahlbar geworden, für Flüchtlinge ist somit fast nichts mehr übrig an ordentlichem Wohnraum. Am liebsten würde die Konstanzer Politik wohl alle mit geringem Einkommen nach Singen oder noch weiter aufs Land deportieren – wenn man das Elend nicht mehr sieht, ist man fein raus (…).