Motorisierte Freizeitschifffahrt auf dem Prüfstand

Motorisierte Freizeitschifffahrt auf dem Prüfstand

Was im Winter der Skisport, ist im Sommer für viele der motorisierte Wassersport. Letzterer gewinnt immer mehr Anhänger und erzeugt zunehmend Umweltprobleme, vor allem auch bei uns am Bodensee. Am Limnologischen Institut der Universität Konstanz startete im Juli ein kooperatives Forschungsprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit einer Laufzeit von drei Jahren.

Das Vorhaben mit dem Kurztitel „SuBoLakes – Umweltverträgliche Freizeitschifffahrt auf Seen in Deutschland“ soll die ökologischen Folgen der motorisierten Freizeitschifffahrt in ausgewählten Wassersportrevieren der Seen Berlins, Brandenburgs, Bayerns und des internationalen Bodensees analysieren.

Mit dabei sind das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU) sowie zahlreiche Partner aus dem Natur- und Gewässerschutz, der Unterwasserarchäologie und des Denkmalschutzes, der Sportbootverbände sowie der Tourismus- und Wassersportwirtschaft.

„Alle sollen mit ins Boot, denn wir wollen gemeinsam zukunftsfähige Lösungen erarbeiten“, betont Ralf Köhler (Landesamt für Umwelt Brandenburg), einer der Antragsteller. Seine Fachbehörde sieht die zunehmende Belastung gerade der nordostdeutschen Reviere kritisch. Umwelt- und Naturschutzaspekte fänden, so Köhler, bisher keine hinreichende Berücksichtigung – leider auch nicht im „Masterplan Freizeitschifffahrt“, einer der jüngsten Initiativen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zum Wassertourismus. Er verweist dabei auf die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, die für alle Oberflächengewässer bis 2027 einen guten ökologischen Zustand fordert. Der Trend zu immer mehr und immer größeren und komfortableren Booten, zum Teil mit Zweitwohnungscharakter, führe auch zu einer intensiveren Inanspruchnahme der Ufer- und Flachwasserzonen durch Steganlagen, Häfen und Marinas sowie durch die landseitige Infrastruktur. Das Projekt wird ökologisch fundierte Kriterien für „Nachhaltigkeit“ der Freizeitschifffahrt erarbeiten und daraus Handlungsrichtlinien ableiten.

Aber auch in anderen Revieren, zum Beispiel am Bodensee, sind wichtige Forschungsergebnisse absehbar, etwa zur Wellenbelastung des Seeufers durch Fahrgastschiffe und Katamarane. Der Umweltphysiker Frank Peeters vom Limnologischen Institut hat Verständnis für die Sorgen der Naturschützer und der Fischerei: „Wir haben in den letzten Jahren eine Vielzahl von Wellen- und Strömungsmessungen durchgeführt, die zeigen, dass Schiffswellen einen beträchtlichen Anteil der Gesamtwellenbelastung ausmachen und dabei zur Ufererosion beitragen können.“

Er und seine Mitarbeiter*innen wollen die Ausbreitung der Schiffswellen und deren Eigenschaften beim Einlaufen in die Uferzone modellieren. Diese Modellergebnisse sollen dazu genutzt werden, die Auswirkung der Schiffswellen auf die Uferzone besser abschätzen zu können. „Die Modellierung hilft uns, besonders betroffene Uferabschnitte auszuweisen.“ Renate Ebersbach, Projektpartnerin vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg, verweist auf die stein- und bronzezeitlichen Kulturschichtreste der „Pfahlbauten“ im Überlinger See, die seit Jahrzehnten einer deutlichen Erosion ausgesetzt sind. Auch im Starnberger See ist die Erosion im ufernahen Flachwasserbereich ein Problem für den Erhalt des UNESCO-Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“, weiß Markus Gschwind vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege zu berichten.

Bereits vor drei Jahren machte die Konstanzer Klimaschutzbewegung „Ende Gelände“ auf den Motorboot-Ansturm unter anderem beim Seenachtsfest aufmerksam und verwies auf den schädlichen Beitrag der Hobby-Skipper zum CO2-Ausstoß. Ihr damaliger Slogan „Motorboot macht Klima tot“ gilt auch heute noch. Die Gruppe setzt sich deshalb für einen Bodensee ohne private Motorboote ein. Auf dem 536 Quadratkilometer großen Bodensee waren schon 2016 rund 24 000 private Motorboote zugelassen, die Wasser und Luft verpesten. Dazu: Der See vor unserer Türe liefert für rund 4,5 Millionen Menschen Trinkwasser und ist somit Europas größter Trinkwasserspeicher.

Auch die Forscher*innen an der Uni Konstanz sind sich einig: Saubere Bootsmotoren, Elektroantriebe und der Verzicht auf giftige Schutzanstriche reichten alleine nicht aus. Die Umweltprobleme der motorisierten Fahrgast- und Freizeitschifffahrt seien viel tiefgreifender und bedürften zukünftig einer vorsorgenden Lenkung. Nach drei Jahren Projektlaufzeit wollen sie eine Bilanz ziehen und geeignete Lösungsvorschläge machen. Zwischenzeitlich können sich Interessierte auf der Website des Projektes www.subolakes.de über den Fortgang informieren.

Text: MM/hr
Bild: W. Ostendorp/ Uni Konstanz