Neuapostolische Kirche: OB Frank hüllt sich in Schweigen

Wie seemoz schon mehrmals berichtete, hat Oberbürgermeister Horst Frank den religiösen Eiferern der Neuapostolischen Kirche (NAK) seine Aufwartung gemacht und ihnen die Glückwünsche der Stadt überbracht. Kritische Anfragen dazu hat er rigoros abgebügelt. Ein Offener Brief ist ebenfalls unbeantwortet geblieben und auch der Südkurier weigert sich bislang beharrlich, darauf einzugehen. Nun steigen überregionale Medien ein.

Der Humanistische Pressedienst (hpd) ist auf die kritischen seemoz-Beiträge aufmerksam geworden und hievte das Thema am 1.August auf seine Startseite. Andere Medien werden folgen. Und das ist auch angebracht, denn wir leben in einer säkularen Gesellschaft und es gilt, den immer stärker werdenden Einfluss religiöser Fanatiker zu stoppen – egal, ob sie sich auf die Bibel, die Thora, den Koran oder sonstige Schriften berufen.

Dass ein Oberbürgermeister nun als Türöffner für die NAK auftritt, ist nicht hinnehmbar. Ich habe ihn auf der Gemeinderatssitzung im Juni darauf aufmerksam gemacht, doch Horst Frank verteidigte seinen Auftritt bei den christlichen Fundamentalisten und auch die Mehrzahl der Gemeinderatsmitglieder sah keinen Bedarf, darüber zu diskutieren. Eine ignorante Haltung, denn hierzulande sind rund zwei Millionen Menschen direkt und indirekt von der sogenannten Sektenproblematik betroffen. Auseinandersetzungen auf diesem Gebiet reichen tief hinein in das Sorgerecht, wenn es um minderjährige Kinder und Jugendliche geht, tangieren in der Regel auch das Erbrecht und beschäftigen täglich die Gerichte.

In einem Offenen Brief habe ich die Aktion von Horst Frank kritisiert und um eine Stellungnahme gebeten. Doch die steht bis heute aus. Hier mein Schreiben im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Vor einigen Wochen übermittelten Sie der der hiesigen Gemeinde der „Neuapostolischen Kirche“ zu deren 100-jährigem Bestehen die Glückwünsche der Stadt und lobten sie unter anderem für ihr „pulsierendes Gemeinwesen“, das auch „positiv“ auf die Stadt ausstrahle. Auf meine Anfrage im Gemeinderat, was Sie veranlasst hat, einer extrem konservativen Glaubensgemeinschaft mit alttestamentarischen und totalitären Tendenzen die Aufwartung zu machen, gab es keine nachvollziehbare Antwort.

Ihnen scheint entgangen zu sein, dass sich die NAK seit langen Jahren der Ökumene verschließt und sich weiterhin für die allein seeligmachende Erlösergemeinschaft hält. Das starre Glaubenssystem duldet keinen Widerspruch, wer innerhalb dieser Sondergemeinschaft auch nur leise Kritik übt, wird unter Druck gesetzt und, leistet er keine Abbitte, isoliert und von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Frauen haben bei der NAK kaum etwas zu sagen, an der Spitze dieser Gruppierung stehen ausschließlich Männer. Kinder werden mehrmals wöchentlich zu stundenlangen „Gottesdiensten“ genötigt und können sich nicht dagegen wehren.

Schon seit den neunziger Jahren steht die NAK aus diesen und anderen Gründen zu Recht massiv in der öffentlichen Kritik. Überall, auch in Baden-Württemberg, sind Selbsthilfeorganisationen entstanden, die sich um die Nöte von NAK-Aussteigern kümmern. Das alles scheint Sie, Herr Oberbürgermeister, nicht zu interessieren. Es reicht eben nicht, nur einen schlecht recherchierten Artikel auf Wikipedia zu lesen, um sich von der angeblichen Harmlosigkeit dieser Freikirche zu überzeugen. Die bundesweit zahlreichen Opfer der NAK müssen das nachgerade als bitter und zynisch empfinden.

In unseren Breitengraden gilt das Recht auf Religionsfreiheit – und das ist auch gut so. Was BürgerInnen in ihrem privaten Bereich diesbezüglich tun, ist weitestgehend deren Angelegenheit. Aber wir leben in einer aufgeklärten und säkularen Gesellschaft und das muss Grund und Verpflichtung genug sein davon abzusehen, intolerante Glaubenskrieger gesellschaftlich aufzuwerten. Sie hatten und haben, Herr Oberbürgermeister, dafür keinen Auftrag. Wenn Sie sich neuerdings privat zu religiösen Randgruppen hingezogen fühlen sollten, ist das Ihre Sache. Aber keinesfalls ist zu akzeptieren, wenn Sie im Namen der Stadt und ihrer BürgerInnen der NAK einen roten Teppich ausrollen. Sie können davon ausgehen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung das ähnlich sieht.

Ihrer Erklärung zur Sache sehe ich mit Interesse entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

Holger Reile

Linke Liste Konstanz (LLK)

 

Weitere Links:

Ex-NAK-Mitglied kritisiert Konstanzer Oberbürgermeister

OB Frank hofiert totalitäre Glaubensgemeinschaft