Neue Attacke auf das Zweckentfremdungsverbot
Die Konservativen im Konstanzer Gemeinderat lassen nicht locker. Neben der CDU stellt nun auch die FDP mit einer scheinheiligen Forderung das wohnungspolitische Instrument zur Erhaltung von Wohnraum in Frage. Andere Anträge betreffen die Planungen am Hörnle, den personellen Notstand im Ausländeramt und die oft zweifelhafte Vergabe von teuren Gutachten an meist auswärtige „Experten“.
Wie weiter mit der Gestaltung am Hörnle? Dieses Thema treibt die Freie Grüne Liste (FGL) seit geraumer Zeit um. Die Stadtverwaltung hat sich dazu entschlossen, die weitere Entwicklung des Terrains selbst in die Hände zu nehmen und davon abgesehen, einen womöglich teuren und in der Regel auch zeitaufwändigen Ideenwettbewerb anzuleiern. Die FGL erinnert in einem Schreiben an Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn: „Die Stadtverwaltung hat zugesagt, bei jeder Planung, die Sport-, Freizeit- und Freiflächen betrifft, das Sportamt und den Stadtsportverband hinzuziehen. Diese Zusage wurde bisher nicht eingehalten“. Bei der Erstellung des zu erwartenden Entwicklungskonzepts für das Hörnle möchte die FGL auch die Umweltschutzverbände bei der Planung mit einbeziehen, denn schließlich handle es sich bei dem Gelände „um ein wichtiges Freizeit- und Naherholungsgebiet für die Bevölkerung“. Nun wird sich in Bälde der Technische- und Umweltsausschuss (TUA) damit beschäftigen.
Auch in Konstanz steigen die Flüchtlingszahlen ständig. Viele, deren Existenz in ihren Herkunftsländern zerstört wurde, stehen dann hilfesuchend beim Ausländeramt (AA). Die Wartezeiten für Beratung werden immer länger, moniert das Junge Forum Konstanz (JFK). Das Ausländeramt sei „nicht in der Lage, zeitnah Termine zu vergeben und die Anträge zu bearbeiten“. Aus diesem Grund hält es das JFK „für dringend notwendig, das AA personell aufzustocken“, so eine Forderung an Oberbürgermeister Uli Burchardt. Im Landratsamt und bei der Arbeitsagentur habe es eine deutliche Stellenvermehrung gegeben, „während das städtische Ausländeramt weiterhin mit seinem ohnehin knappen Personalbestand auskommen muss“. Und weiter: „Da die Vorarbeiten seitens der Erstaufnahmestellen deutlich reduziert worden sind, kommt auf das AA, neben den gestiegenen Fallzahlen, nun auch noch ein erhöhter Arbeitsaufwand hinzu“. Der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) wird darüber zu befinden haben, sollte sich aber nicht zu viel Zeit dafür lassen.
Auch die FDP gibt nach längerer Zeit mal wieder ein Lebenszeichen von sich. Es geht um die mittlerweile zur Gewohnheit gewordene Vergabe von Gutachten, „die zum Teil mit erheblichen Kosten verbunden waren“, schreibt FDP-Fraktionschef Heinrich Everke. Somit greifen die Konstanzer Liberalen ein Thema auf, das auch schon die Linke Liste Konstanz (LLK) zur Debatte gestellt hatte, aber auf ihre mündliche Anfrage bezüglich der Kosten nie eine Antwort erhielt. Die FDP beantragt, „dass die Verwaltung dem Gemeinderat in einer seiner nächsten Sitzungen Auskunft darüber gibt, welche Gutachten zu welchem Zweck in den letzten drei Jahren in Auftrag gegeben wurden und was sie gekostet haben“. Auf die Antwort der Verwaltung darf man gespannt sein.
Die Einführung des Zweckentfremdungsverbotes fuchst die FDP nachhaltig. Ganz knapp und gegen die Stimmen vor allem von CDU, FW und FDP hatte der Gemeinderat im Februar beschlossen, diesem Instrument gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum endlich Geltung zu verschaffen. Nun wollen die Liberalen, dass der Mitarbeiter im Baurechtsamt, der die Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbotes überwachen soll, einen jährlichen Bericht über seine Tätigkeit liefert. „Wir möchten darüber informiert werden“, so die FDP, „wie viele Wohnungen durch diese Maßnahme dem Wohnungsmarkt zugeführt werden. Außerdem soll der Gemeinderat darüber informiert werden, wie viele Gerichtsverfahren in diesem Zusammenhang jedes Jahr dadurch erforderlich werden und welche Kosten damit verbunden sind“. Man darf getrost davon ausgehen, dass es nicht der letzte Vorstoß aus der konservativen Ecke sein wird, das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum erneut auf den Prüfstand zu stellen.
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§ 2 des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes (das durch die Zweckentfremdungsverbotssatzung umgesetzt wird):
(1) Gemeinden mit Wohnraummangel können durch
Satzung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jah-
ren bestimmen, dass im Gemeindegebiet oder in Teilen
davon Wohnraum nur mit ihrer Genehmigung überwie-
gend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf
(Zweckentfremdung). Eine Zweckentfremdung liegt ins-
besondere vor, wenn der Wohnraum
1. überwiegend für gewerbliche oder berufliche Zwecke
verwendet oder überlassen wird,
2. baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt
wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,
3. nicht nur vorübergehend gewerblich oder gewerblich
veranlasst für Zwecke der Fremdenbeherbergung ge-
nutzt wird,
4. länger als sechs Monate leer steht oder
5. beseitigt wird.
Nun, den Artikeln dazu entnehme ich (Südkurier, Mieterbund) ‚Zur verbotenen Zweckentfremdung zählt auch der Wohnungsleerstand: Obwohl zahlreiche Wohnungssuchende auch höchste Mieten bezahlen würden, stehen Wohnungen aus spekulativen Gründen leer‘.
Also ist das mit dem Leerstandsverbot anscheinend auch mit beschlossen. Ob auch für Kaufobjekte, habe ich auf die Schnelle nicht gefunden. Oder ist das ein absichtliches Schlupfloch?
Genug der Verschwörungstheorien… Klingt trotzdem gut.
Allein es muss durchgesetzt werden, und da sehe ich das Problem. Bin mal gespannt, wann beispielsweise das auf den zu geschätzt ca 80% leerstehende ‚Residenz‘-Neubau (naja, so neu ist der auch nicht mehr) in Dingelsdorf angewendet wird – ein Bau, der nicht genug Käufer findet für die Wohnungen. Die ‚aus spekulativen Gründen ‚ leer stehen gelassen werden. Von dieser Sorte gibt es bestimmt noch mehr. An dem fahre ich immer wieder vorbei und staune ob der versuchten und nicht erreichten Exklusivität.
Ich glaube aber kaum, daß da die Stadt Mut genug hat, solche Investoren anzugehen. Oder eben… siehe Schlupfloch.
Es geht nicht um „Oma Müller ihr klein Zimmerchen“ – es geht um Wohnraum-Vernichter großen Stils. Zwei Beispiele aus der Niederburg gefällig? In der Konradigasse werden Ferienwohnungen angepriesen, zwei weitere vom selben Anbieter in 150m Umkreis, die allesamt WG-tauglich sind; an der Ecke Rheingasse/Inselgasse soll sogar ein ganzes Wohnhaus nur aus Ferienwohnungen entstehen. Dem Markt wird so von nimmersatten Eigentümern üppiger Wohnraum entzogen – das ist der Skandal, dem ein Riegel vorgeschoben werden soll.
Ist doch richtig so!
Also, Ihr seid ja auch witzig: Einerseits fordert Ihr (sehr zu recht), daß endlich mal Rechenschaft über die Unart, ständig zu allen möglichen Dingen Gutachten von irgendwelchen auswärtigen selbsternannten „Experten“ erstellen zu lassen, abgelegt wird, aber im selben Atemzug wird kritisiert, daß dasselbe auch für das falscheste Mittel gegen Wohnungsnot ever, Euer albernes Zweckentfremdungsverbot, gemacht wird! Warum? Angst vorm Ergebnis? Dieses kann ich Euch heute schon sagen: KEINE EINZIGE Wohnung kommt dadurch zusätzlich auf den Markt! Ganz im Gegenteil werden Wohnungen dann eben lieber (weiterhin) leer gelassen! Ein LEERSTANDSVERBOT, welches dann auch konsequent durchgesetzt wird, brauchts, wie es z.B. die Stadt Frankfurt mal eine zeitlang hatte; zum Wohnen gedachte, gemachte und geeignete Häuser teils jahrzehntelang spekulativ leerstehen zu lassen, die Häuser GAR NICHT zu nutzen, ist eine nicht hinzunehmende Frechheit der jeweiligen Eigentümer! Aber eine mindestens genauso große ist es, Leuten vorschreiben zu wollen, auf welche Weise sie ihr Eigentum nutzen. Ganz besonders in einer Stadt, die von Kurzzeit-Mietern, von Studenten und Touristen, lebt, ist ein Touri-Zimmer-Vermietungsverbot doch wohl ein ziemliches Eigentor?!!! Wo sollen die, die das Geld in die Stadt bringen denn übernachten? Nur noch in den großen Ketten-Hotels oder im eigenen Wohnmobil aufm Döbele? Sorry, aber das günstige gemütliche Privatzimmer bei „Oma Müller“ wird mir auch wieterhin an jedem Ort der Welt lieber sein, als einem großen Hotel-Konzern das Geld in den Rachen zu werfen! Und „Oma Müller“ braucht das Zubrot, das sich sich mit der Vermietung von 2-3 Gäste-Zimmern in ihrem ihr zu groß gewordenen Haus zur kargen Rente dazu verdient, nicht nur dringender als der Konzern, nein sie versteuert es sogar auch noch da, wo sie lebt und nicht in irgendeinem Steuerparadies! – Macht mal nen Spaziergang nur vom Gottmannplatz bis zur Schmugglerbucht: allein auf dieser kleinen Strecke stehen über hundert Wohnungen LEER (und werden das nun wohl auch erst recht bleiben)!