Neue Ausstellung in Konstanz zu Verbrechen der Wehrmacht

In internationaler Kooperation zeigt das Stadtarchiv Konstanz die Ausstellung „Größte Härte…“, die Verbrechen der Wehrmacht im Polen des ersten Weltkriegsjahres zum Thema hat. Noch eindrucksvoller als die präsentierten Fotos und Dokumente aber dürften Informationen aus dem begleitenden Vortragsprogramm sein. Da geht es zum Beispiel um die beschämende Rolle der SS-Standarte Germania aus Radolfzell und ihres Kommandeurs Heinrich Koeppen.

„Vom Bodensee nach Polen“ heißt der Vortrag von Dr. Jürgen Klöckler, Leiter des Stadtarchivs Konstanz, am 14. April. Darin präsentiert Klöckler, wie er im Vorgespräch mit seemoz enthüllt, neue Forschungsergebnisse zur Geschichte des III. Bataillons der SS-Standarte Germania, die in Radolfzell stationiert war, und ihres Kommandeurs Heinrich Koeppen. Jener Koeppen, der als Sprengmeister der Konstanzer Synagoge gilt. 1938 nämlich war es der Pionierzug des Radolfzeller Bataillons, der am Tag nach der Reichsprogromnacht die Sprengung durchführte, nachdem örtliche SS-Verbände mit der Brandstiftung gescheitert waren. Und die Radolfzeller Einheit gehörte zu den ersten Truppen des Weltkrieges in Polen.

Über Heinrich Koeppen, den SS-Kommandeur aus Radolfzell, war bislang nicht allzu viel bekannt, berichtet Dr. Klöckler, was auch daran liegt, dass der SS-Obersturmbannführer schon in den ersten Kriegstagen fiel. Nun aber sind Dokumente aufgetaucht, die neue Informationen über ihn und die SS in Radolfzell zutage fördern. Darüber wird Klöckler im Begleitprogramm der Ausstellung am 14.4. um 19 Uhr im Stadtarchiv berichten.

Die Ausstellung „Größte Härte…“, die vom 7. April bis 22. Mai im Konstanzer Stadtarchiv gezeigt wird, wurde vom Deutschen Historischen Institut Warschau erstellt und vom Stadtarchiv mit lokalen Exponaten erweitert; die Organisation obliegt dem Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ an der Uni Konstanz. Kurator ist Dr Jochen Böhler von der Universität Jena, der am Eröffnungstag auch den Einführungsvortrag halten wird. „Man kann“, so Stadtarchivar Klöckler, „diese Ausstellung durchaus als Ergänzung zur Wehrmachtsausstellung von Hannes Heer verstehen“. Diese, damals in der deutschen Öffentlichkeit heftig und kontrovers diskutierte Ausstellung berichtet über Wehrmachtsverbrechen in der damaligen Sowjetunion und wurde 1997 von der Friedensinitiative Konstanz ebenfalls im Stadtarchiv präsentiert.

Diese neue Ausstellung berichtet nun über Kriegsverbrechen deutscher Soldaten während der ersten Kriegsmonate in Polen. Im Vorstellungsflyer weisen die Organisatoren darauf hin, dass die Wehrmacht mit „größter Härte“ beim Überfall auf Polen, Ausgangspunkt des 2. Weltkrieges, vorging. „Rücksichtslosigkeit prägte die deutsche Kriegsführung von Anfang an, gerade auch gegenüber Zivilisten, Juden und Kriegsgefangenen. Dies demonstrieren die zuvor unveröffentlichten Quellentexte, Fotografien und Dokumente und verweisen damit anderslautende Behauptungen ins Reich der Legende“.

Das Thema der Ausstellung ist aktuell angesichts der Kriege, die derzeit teils auch deutsche Soldaten führen, und brisant auch für die Region Konstanz. Zeigt sie doch die vielfältige Verstrickung der Menschen und Industrien vom Bodensee mit den Kriegen zumindest der letzten 80 Jahre.

Autor: H.-P. Koch