Neue Fahrradstraßen für Konstanz
Der Technische und Umweltausschuss (TUA) des Konstanzer Gemeinderates nahm am Donnerstag den ersten großen Schritt zur Verwirklichung des ambitionierten Handlungsprogramms Radverkehr zur Kenntnis. Auf der Agenda stehen einige wesentliche Verbesserungen, die teils noch in diesem Jahr in Angriff genommen werden sollen. Der größte Brocken ist sicher die neue Fahrradstraße in der Petershauser und Jahnstraße.
Mit der Verabschiedung des Handlungsprogramms Radverkehr (HaPro Rad) hat der Konstanzer Gemeinderat am 21. April 2016 die Weichen für die längst überfällige Erneuerung und den weiteren Ausbau des Konstanzer Radwegenetzes gestellt. Bis zu 25 Millionen Euro sollen bis 2026 investiert werden. Das Konstanzer Netz soll dadurch so attraktiv werden, dass der Anteil des Radverkehrs am Verkehrsmix von jetzt knapp 20 auf 28 Prozent steigt. Im Vergleich mit Berlin, das es vor wenigen Jahren auf nur 13 Prozent Radverkehr brachte, klingt das gut.
Aber das weltweit gelobte Beispiel Kopenhagen, das Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn immer wieder mit geradezu religiöser Verzückung im Blick anführt, zeigt, dass Konstanz noch viel bewegen kann. In der dänischen Hauptstadt bewegt man sich nach Jahrzehnten einer fahrradfreundlichen Verkehrspolitik im Bereich von 50% Radverkehr. Aber auch wer schon einmal durch Amsterdam geradelt ist, kann ermessen, wie weit Konstanz hinter diesen Städten zurückliegt. Dabei hat die Radelei für die Menschen handfeste Vorteile, denn sie trägt nicht nur zum Klimaschutz bei, sondern entspannt auch die Konstanzer Verkehrslage. Der Blick nach Kopenhagen lehrt jedenfalls eine stadtplanerische Grunderkenntnis: Das Angebot schafft die Nachfrage. Investitionen in die radlerische Infrastruktur bringen also tatsächlich mehr Menschen aufs Fahrrad, und das will man auch in Konstanz beherzigen.
Fahrradachse durch die Stadt
Bereits im HaPro Rad selbst, einem Konvolut mit hunderten von Einträgen, wurde die Priorität einzelner Schritte ausgewiesen. Am letzten Donnerstag hat Gregor Gaffga, der im Amt für Stadtplanung und Umwelt für den Radverkehr zuständig ist, im TUA die ersten Maßnahmen vorgestellt, für die im Doppelhaushalt 2017/18 insgesamt 510 000 € eingeplant sind. Gaffgas Stelle wurde übrigens letztes Jahr eigens zur Umsetzung des Handlungsprogramms geschaffen – seine Arbeit erfährt bisher einhelliges Lob von allen Seiten.
Augenfälligstes Projekt der nächsten beiden Jahre ist die neue Fahrradstraße, die den Ebertplatz mit dem Zähringerplatz verbinden wird. Damit soll eine Fahrradachse entstehen, die vom Döbele bis zum Zähringerplatz (und später vielleicht auch irgendwann einmal darüber hinaus) reicht. Am Bahnübergang Petershauser Straße ist diese Achse zudem entlang der Bahn mit dem Bodenseeradweg in Richtung Reichenau und Allensbach verbunden.
Allerdings wird diese Fahrradachse am Zähringerplatz vorerst noch Stückwerk bleiben. Erst wenn der gesamte Zähringerplatz in einigen Jahren umgestaltet wird, kann es dort eine endgültige Regelung mit halbwegs sinnvollen Querungsmöglichkeiten auch für Fahrräder geben. Bis dahin sollen aber zumindest die viel zu schmalen Radwege im Bereich des Seerhein-Centers provisorisch verbreitert bzw. durch einen Sicherheitsstreifen auf der Fahrbahn ergänzt werden.
Besser sieht es hingegen am rheinseitigen Ende aus. Der Ebertplatz soll so umbaut werden, dass Radler von und zur Fahrradbrücke die Kreuzung geradeaus überqueren können und eine ausreichend große Aufstellfläche bekommen. Bisher müssen sie noch einen Schlenker fahren und sich dann rechts oder links irgendwie vor den Ampeln zusammenrotten. Die Bau- und Markierungsarbeiten für diese Fahrradstraße sollen im 2. Quartal 2017 beginnen.
Schützenstraße wird zur Fahrradstraße
Eine andere Problemzone ist die Schützenstraße. Auch sie wird Teil der Fahrradstraße, allerdings noch nicht sofort, sondern erst 2018. Grund dafür ist, dass die Straße insgesamt saniert wird, und in der Tat ist der heutige Belag eine Zumutung nicht nur für Radler, so dass es durchaus Sinn macht, mit der Markierung als Fahrradstraße bis zur Gesamtsanierung im 3. Quartal 2018 zu warten.
Holger Reile (LLK) merkte in diesem Zusammenhang an, dass auch die derzeitige Situation am Lutherplatz unhaltbar sei: Die Einmündung der Fahrradstraße an den Lutherplatz ist ebenso wie die Einfahrt in die Schützenstraße mit Pfählen und Ketten verstellt, und gerade in der Dunkelheit stellt das für RadfahrerInnen eine erhebliche Gefahr dar. Offenkundig ist sich die Verwaltungsspitze dieses Problems bewusst, denn Karl Langensteiner-Schönborn ergänzte, dass dort zusätzlich auch noch ein Blumenkasten im Weg steht, wenn man aus der Schottenstraße nach rechts in die Gottlieberstraße abbiegen will. Er nannte die Situation hinter der Lutherkirche treffend „Kraut und Rüben“, versicherte aber, der Umgestaltungsauftrag an die Technischen Betriebe TBK sei erteilt, müsse allerdings wegen Personalmangels noch etwas warten.
Dringend überfällig ist auch, die Situation am Wollmatinger Bahnhof zu verbessern. Der Radweg an der Kreuzung mit der Riedstraße verengt sich dort plötzlich und führt neben der Pizzeria durch eine unübersichtliche Kurve. Hier ist im Zuge des Bahnhofsumbaus in Wollmatingen eine Radwegverbreiterung für das 3. Quartal 2017 vorgesehen. Endlich.
Gefahrenstelle Döbelekreisel
Anne Mühlhäußer (FGL) fragte, wieso die rote Radwegmarkierung am Döbelekreisel weggefräst worden sei. Laut Karl Langensteiner-Schönborn geht die Aufhebung der roten Streifen auf eine förmliche Anordnung der Polizei zurück. Rechtlich ist es so, dass an einem solchen „Turbokreisel“ die AutofahrerInnen Vorfahrt haben, während die rote Markierung eine Vorfahrt für RadfahrerInnen suggerierte. Deshalb musste diese Markierung wegen Irreführung der VerkehrsteilnehmerInnen entfernt werden.
Übrigens tut sich auch etwas in den Vororten: In der Ortsdurchfahrt Litzelstetten sollen Schutzstreifen angebracht werden. Außerdem sollen Teile des Bodenseeradweges zwischen Litzelstetten und Wallhausen Ende 2017 zur Fahrradstraße erklärt werden. Heinrich Fuchs (CDU) regte an, mit diesen Maßnahmen auch in die jeweiligen Ortschaftsräte zu gehen. Er riet auch, mit den Schutzstreifen in Litzelstetten vernünftigerweise zuzuwarten, bis die dortigen Baumaßnahmen in der Ortsmitte abgeschlossen seien. Sonst könne es passieren, dass man die frisch markierten Schutzstreifen gleich wieder durch Straßenbaumaßnahmen verliere.
Und an noch etwas wird gerade intensiv gearbeitet: Der Fahrradstadtplan Konstanz soll im Herbst erscheinen, und bis dahin sollen auch die Radwege vernünftig beschildert sein. Es steht also zu hoffen, dass die TouristInnenscharen den Weg zur Reichenau in Zukunft selbsttätig finden.
O. Pugliese
Die Liste der geplanten Maßnahmen des HaPro Rad für 2017-2018 findet sich unten auf dieser Seite:
http://www.konstanz.de/umwelt/01604/03256/07893/index.html
Hier zwei informative Beiträge zum Radfahren in Kopenhagen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Radfahren_in_Kopenhagen
http://www.zukunft-mobilitaet.net/1181/umwelt/kopenhagen-radfahrer-radfahren-radwegenetz/
solange es sich bei dem „Konzept“ nur um eine einzige Fahrradachse dreht bleibt der Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen so klein. Zu einem richtigen und durchdachten Konzept gehört eine Vernetzung auf mehreren Ebenen. 1. Möglichkeit das Verkehrsmittel zu wechseln (ja auch vom/aufs Auto). 2. Dezentrale, sichere, trockene Abstellmöglichkeiten für’s Rad. 3 .Ein Fahrradwegenetz in allen Richtungen über die Stadt gelegt. Mit Vorrang gegenüber dem Autoverkehr (z.B. Querung Gottlieberstrasse und Gartenstrasse, Theodor Heuss-Str….). Dann wird’s was mit der Radstadt KN.
Auf dem Bild sieht man wie eine Fahrradstraße vernünftig gekennzeichnet wird. Wieso haben wir so etwas nicht in Konstanz? Bei einer Kennzeichnung der Schottenstraße in diese Qualität würden es vielleicht auch die SUV-Mummis checken und sich an die Regeln halten.
Selbstverständlich kann man viel von Kopenhagen lernen, obwohl die Stadt zehnmal grösser ist und flach wie eine Flunder und überhaupt ganz Dänemark zu fast 90 Prozent urban organisiert ist und zwangsläufig alle möglichen ÖPNV-Angebote, wie auch das Radeln, zentral in seine Verkehrspolitik integrieren muss. Was das Konstanzer Stadtradeln betrifft, so hätte bereits in der Amtszeit eines grünen OB’s mehr geschehen müssen. Wenn die Sache nun breiter angegangen wird, ist es ja nur gut. Lernen kann man auch bei den Kopenhagener Wasserbussen, die sogar Fahrräder aufnehmen.
Sich auf Kopenhagen als Fahrradstadt zu beziehen, gar davon zu schwärmen ist wohlfeil und es zeigt obendrein, dass man „auf der Höhe der Zeit ist“.
Ich freu mich über jeden Weg und jede Straße, die es exclusiv für uns RadlerInnen gibt;
NUR: in Zeiten von GPS werden vielfach Schilder ignoriert oder womöglich garnicht verstanden – täglich begegnen mir PKWs auf der Radstraße-Schottenstraße und die sind keine Anwohner/Besucher – vom Untersuchungsgefängnis ? (ist das vielleicht für die Verkehrsteilnehmer aus CH auch kostengünstiger?).
Am Stephansplatz sollen Fahrradparkplätze direkt vor den dortigen Geschäften geschaffen werden, wann endlich wird das umgesetzt?
Die dortige Verkehrssituation ist für FahrradfahrerInnen und FußgängerInnen besonders an den Markttagen katastrophal und gefährlich!
Der Stephansplatz könnte gut parkplatzfrei sein und so umgestaltet werden, als ein innerstädtisches Juwel! Das wäre nicht nur für die Markttage eine gute Lösung, es wäre auch ein weiteres Signal den Verkehr aus der Altstadt herauszuhalten.
Ich beobachte immer wieder wie Nicht- Konstanzer, die hier keinen Parkplatz finden weiter in Richtung Altstadtgassen fahren – irgendwo wird sich doch noch ein Plätzchen finden für mein Blech!
Lobenswert, wenn diejenigen, die Verbesserungen auch im Sinne der Nachhaltigkeit gegen Verkehrslärm, Feinstaub und Verkehrsgefährdung sich die Situationen vor Ort mal genauer ansehen und Menschen in ihre Planungen einbeziehen, die die Örtlichkeiten kennen und „per Pedes“ bzw. radelnd unterwegs sind.