Neue Vorwürfe gegen die Herzklinik
Die Frist lief ab – jetzt gehen konkretisierte Anzeigen an die Konstanzer Staatsanwaltschaft. Nicht mehr gegen unbekannt, sondern namentlich gegen die Privatdetektive Fleischmann und Stelzer, die wohl im Auftrag des Kreuzlinger Herzzentrums zwei Ärzte ausspähten. Und Staatsanwältin Stefanie Rumpf, in Konstanz mit der Aufarbeitung der Affäre um die Herzkliniken Kreuzlingen/Konstanz betraut, bekommt noch mehr Arbeit. Denn die Vorwürfe gegen die Geschäftsführer Maass und Costa werden immer zahlreicher
So ist neuerdings der Verdacht aufgetaucht, ein Chefarzt der Konstanzer Herzklinik führe seinen Doktortitel unrechtmäßigerweise – und das mit Wissen der Geschäftsleitung. Auch der überraschend angekündigte Rücktritt von Bernhard Koch, Leiter des Thurgauer Departements für Finanzen und Soziales, der für den windelweichen Persilschein an die Adresse des Kreuzlinger Herzzentrums verantwortlich zeichnet, lässt im Thurgau die Gerüchte sprießen. Zumal seine letzte Amtshandlung – die Ablösung des Gesundheitsamtsleiters – schon für Aufsehen gesorgt hatte.
Waren die Mitschnitte illegal?
Der Konstanzer Anwalt, der nach eigenen Aussagen eine ganze Mannschaft von Klinik-Ärzten vertritt und deshalb nicht genannt werden will, ist sich sicher, den Privatdetektiven Fleischmann und Stelzer aus Berlin und Frauenfeld etliche Gesetzesbrüche nachweisen zu können. So seien „die Mitschnitte der Arzt-Gespräche unzweifelhaft als illegal zu bezeichnen“. Auch die auf der Pressekonferenz der Geschäftsführer Maass und Costa (seemoz berichtete) vorgespielten Tonbandaufzeichnungen müssten als lückenhaft und entstellend bezeichnet werden – als widerlegt dürfte demnach die Behauptung gelten, die beschuldigten Ärzte Dr. P. und Dr. S. wollten eine eigene Herzklinik gründen und hätten deshalb auf den Rufmord am Herzzentrum hin gewirkt.
Lässt sich die Staatsanwaltschaft zu viel Zeit?
Derweil häufen sich auch Vorwürfe an die Adresse der Konstanzer Staatsanwaltschaft. In einem Radiointerview äußerte ein Arzt aus Gottmadingen in der letzten Woche solche Kritik. Die wird jedoch von dem namenlosen Konstanzer Anwalt zurückgewiesen: „Wenn ständig neue Vorwürfe gegen die HNZB-Geschäftsleitung auftauchen, wenn bei zwei Hausdurchsuchungen hunderte Akten beschlagnahmt werden, müssen derartige Verdachtsmomente auch recherchiert und bewertet werden. Und das kostet nun mal Zeit“.
Zur Erinnerung: Immer noch ist nicht aufgeklärt, wie es um die Abrechnungen von Stents über eine Briefkastenfirma steht, ob Ärzte ohne Behandlungserlaubnis an den Kliniken praktizierten, wie die Sozialkosten abgerechnet sind und ob unzertifizierte Herzklappen eingepflanzt wurden? Ermittlungen übrigens, die auch von den Krankenkassen in Deutschland und der Schweiz angestellt werden.
Autor: hpk
Ohne Euren Rechercheeinsatz rund um die Herzkliniken schmälern zu wollen: Der Rücktritt des Thurgauer Chefs des Departementes für Finanzen und Soziales (interessante Fach-Kombi!) war so überraschend, wie Weihnachten am 25. Dezember: Bernhard Koch ist Jahrgang 1949 und erreicht damit 2014 das Rentenalter. Da tritt man im Thurgau üblicherweise aus der Regierung zurück. Mit der Herzklinik hat das nichts zu tun. Und er hat auch nicht den Chef des Gesundheitsamts abgelöst. Dass der bisherige Kantonsarzt Mathias Wenger geht, war schon eine Weile bekannt: Er geht zurück zur Frauenfelder Ärztegemeinschaft am Schlossberg (wo er hergekommen war), um dort deren neues Geschäftsfeld – externe Hausarztpraxen in Dörfern – zu leiten und zu übernehmen.